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Der Leichenkeller

Der Leichenkeller

Titel: Der Leichenkeller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Fairstein
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Bedeutung hatte das für ihre Geschichte?
    Paige Vallis zitterte jetzt sichtlich, während ich versuchte, ihre Aufmerksamkeit auf den Abend des Verbrechens zu lenken. »Ich werde Ihnen jetzt einige Fragen über den Verlauf des sechsten März dieses Jahres stellen.«
    Sie fuhr sich mit der Zunge über die Lippen und griff nach dem Wasser. Sie fasste daneben, und der Becher fiel übers Geländer. Der Inhalt ergoss sich über die Gerichtsstenographin, die ihre Maschine aus dem Weg schob und nach einigen Taschentüchern griff, um das Wasser aufzuwischen. Paige stand auf und beugte sich vor, so als wolle sie den Becher auffangen; sie brach in Tränen aus und entschuldigte sich beim Richter für die Störung.
    Moffett schlug mit dem Hammer auf den Tisch. »Kurze Verhandlungsunterbrechung. Zehn Minuten.«
    Paige wandte sich an den Richter, noch ehe man die Geschworenen hinausgeführt hatte. »Es tut mir so Leid, Euer Ehren. Ich kann vor ihm nicht darüber aussagen. Muss er hier sein?«
    Ich ging auf sie zu, um sie zu beruhigen und ihr ein paar Taschentücher zu geben, damit sie sich die Tränen abwischen konnte. »Natürlich muss er hier sein«, antwortete Moffett. »Die Verfassung gibt ihm das Recht, junges –«
    »Nicht Andrew, Euer Ehren. Er.« Paige zeigte mit dem Finger, und ich drehte mich um.
    Der ältere der beiden Männer, die Chapman gestern im Gerichtssaal zu identifizieren versucht hatte, saß jetzt allein in der letzten Reihe. Er musste derjenige gewesen sein, der vor ein paar Minuten hereingekommen war und Paige nervös gemacht hatte. Jetzt stand er auf und verließ den Saal durch die Schwingtür.
    »Das ist Harry Strait, Alexandra«, sagte Paige und packte meine Hand, als ich ihr ein Taschentuch reichte. »Das ist der Mann, von dem ich Ihnen erzählt habe.«
    Andrew Tripping lächelte breit, legte seinem Anwalt den Arm auf die Schulter und folgte dann Harry Strait hinaus auf den Korridor.

11
     
    Mir blieben vielleicht fünf Minuten, um Paige Vallis im Zeugenraum die Leviten zu lesen. »Ich kann die ganze Sache auf der Stelle abblasen. Wollen Sie mir erklären, was gerade im Zeugenstand passiert ist? Ich habe Ihnen von Anfang an gesagt, dass Sie nur eins falsch machen können, und das ist, mich anzulügen – selbst wenn Ihnen meine Frage noch so unbedeutend erscheint. Ihr Urteilsvermögen, Ihr Lebensstil oder Ihr Lebenswandel sind mir egal. Ich muss die Wahrheit wissen.«
    »Ich habe Sie nie angelogen, Alex.«
    »Ich werde in den Gerichtssaal gehen und den Richter bitten, die Anklage fallen zu lassen, falls nur eine einzige Sache, die Sie mir erzählt haben, nicht wahr ist. Jetzt ist der Zeitpunkt –«
    »Ich schwöre Ihnen, dass jedes Wort, das ich Ihnen gesagt habe, wahr ist.«
    »Aber Sie haben Dinge ausgelassen. Ist es das, was Sie sagen wollen? Eine Weglassung ist dasselbe wie eine Lüge, falls es etwas mit dem Fall zu tun hat. Was haben Sie mir verschwiegen?«
    »Nichts Wichtiges, was Andrew Tripping oder diese Anklage angeht.«
    »Ob etwas wichtig ist oder nicht, ist nicht Ihre Entscheidung, Paige. Ich muss jedes kleinste Detail wissen. Alles. Ich befinde darüber, was wichtig ist, verstanden? Wer war dieser ›Besuch‹, den Sie in jener Nacht in Ihrer Wohnung hatten?«
    Sie sah mich mit einem jämmerlichen Gesichtsausdruck an.
    »Verschonen Sie mich mit dieser Mitleidsmiene. Es war dieser … dieser Harry Strait, oder?«, fragte ich.
    »Was spielt das für eine Rolle? Andrew wusste das damals nicht.«
    »Das hier ist kein gottverdammtes Spiel, Paige. Verstehen Sie?« Ich war wütend. Maxine klopfte an den Glaseinsatz in der Tür, um mich daran zu erinnern, leiser zu sprechen. »Wie kommt es, dass die Leute ihren Ärzten jedes Symptom, jeden Schmerz und jedes Zipperlein schildern, damit sie eine genaue Diagnose erstellen können. Aber bei Anwälten lassen sie aus, was sie wollen – Dinge, die sie dumm oder böse oder verrückt oder gedankenlos erscheinen lassen – und dann erwarten sie, dass der Anwalt clever genug ist, ihnen aus der Patsche zu helfen, auch ohne alle Fakten zu kennen. Nun, da sind Sie bei mir an der falschen Adresse, Paige.«
    »Es tut mir Leid, Alex. Es ist so … so peinlich.«
    »Nun, es ist auch verdammt peinlich, wegen einer Vergewaltigung angeklagt zu werden. Vor allem, wenn man sie gar nicht begangen hat.«
    »Andrew Tripping hat mich vergewaltigt!« Sie war jetzt wütend, und das gefiel mir. Es war nur angemessen, dass sie sich nach wie vor über die Vergewaltigung

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