Der Leichenkeller
erzählt hat. Queenie und Baker waren beide während des Krieges als Spioninnen tätig. Stars konnten sich viel freier bewegen als alle anderen. Sie behauptete, dass sie sogar geheime Militärberichte von England nach Portugal gebracht hat, die mit unsichtbarer Tinte auf ihre Notenblätter geschrieben waren. Sie war schwer gefragt.«
»Wie war das mit de Gaulle?«
»Baker arbeitete mit dem französischen Roten Kreuz zusammen. Sie war sehr aktiv in der Résistance und hat auch Queenie dazu gebracht, sich zu engagieren. Die beiden waren besonders gut darin, ihren – wie soll ich sagen? – Charme spielen zu lassen, um ausländische Würdenträger dazu zu bringen, jungen Mädchen aus Osteuropa Visa auszustellen. Sie haben viele Menschenleben gerettet.«
»Das hört sich ziemlich gefährlich an«, sagte Mike.
»Sie schien regelrecht aufzublühen, wenn es gefährlich wurde. Es gab nicht viel, was ihr Angst machte. Aber das war wahrscheinlich nur die zweitgefährlichste Sache, die Queenie jemals gemacht hat.«
»Sie machen mich neugierig. Was war die gefährlichste?«
»Spionage für die amerikanische Regierung.«
»Sie hat Leute bespitzelt?«
»Genau.«
»Wen?«
»Den König von Ägypten.«
»Faruk?«, fragte ich und setzte mich kerzengerade auf.
»Ja, Ma’am, Faruk. Der Nachtschwärmer – so nannte sie ihn. McQueen Ransome war die Geliebte des Königs, Ms. Cooper.«
Josephine Baker, die Revue Nègre, die französische Résistance, General Charles de Gaulle. Ich dachte an das Pariser Etikett in dem alten Nerzmantel, den Tiffany Gatts gestohlen hatte, und zeichnete die Buchstaben R du R mit der Fingerspitze auf der grünen Schreibtischunterlage nach.
»Ransome du Roi« , sagte ich zu Mike Chapman. »Die Geliebte des Königs.«
21
Es war noch keine halbe Stunde her, dass Battaglia Faruks Namen erwähnt hatte. Paige Vallis’ Vater war Mitte der dreißiger Jahre der Privatlehrer des Playboyprinzen gewesen. Später, nach Faruks Entthronung, hatte Vallis in Ägypten einen diplomatischen Posten bekleidet. Ich hatte vor unserem Gespräch mit Spike Logan noch keine Gelegenheit gehabt, Mike von meiner Unterredung mit Battaglia zu erzählen.
»Diese Tonbandaufzeichnungen, die Sie von Queenie gemacht haben – wo sind die jetzt?«, fragte Mike.
»In einem Banksafe auf Martha’s Vineyard.«
Mir schwirrten Dutzende von Fragen durch den Kopf, die ich unbedingt mit Mike besprechen wollte. Andererseits wollte ich Logans Redefluss nicht unterbrechen, indem ich Mike beiseite nahm, um ihn auf den neuesten Stand zu bringen. Logan sollte nicht mitbekommen, dass er womöglich auf etwas Wichtiges gestoßen war.
»Was dagegen, uns die Bänder zu überlassen?«, fragte Mike.
Logan zögerte.
»Ms. Cooper kann Sie per Gerichtsbeschluss dazu zwingen.«
Der Gerichtsbeschluss würde in Massachusetts kein Gewicht haben, und es würde wahrscheinlich ein paar Tage dauern, einen entsprechenden Antrag von der dortigen Staatsanwaltschaft zu bekommen, aber das wusste Logan nicht.
»Lassen Sie mich darüber nachdenken«, sagte Logan.
»Warum? Was ist auf den Bändern, das Ihnen Bauchschmerzen macht?«
»Das sind alles die privaten Gedanken der alten Dame, Mr. Chapman. Ich habe über das Schomburg einen Vertrag mit ihr abgeschlossen, dass die Geschichten über ihr Privatleben erst fünfundzwanzig Jahre nach ihrem Tod publik gemacht werden dürfen. Auf den Bändern sind viele Anekdoten über berühmte Leute – von denen noch einige am Leben sind.«
Ich trat Mike auf die Zehen, um ihm zu signalisieren, die Sache mit den Bändern fürs Erste ruhen zu lassen. Wenn es darauf ankam, würde ich einen juristischen Weg finden, sie beizubringen.
»Was möchten Sie von uns über Ms. Ransome wissen?«, fragte ich. Eventuell konnten wir Spike Logan noch mehr Fakten entlocken, wenn wir ihm ein bisschen entgegenkamen.
Er fragte, wie sie gestorben war, ob irgendjemand Anspruch auf ihre Leiche oder ihre Besitztümer erhoben hatte, und wie weit wir mit unseren Ermittlungen waren.
Als seine Neugier gestillt war, drehte ich den Spieß wieder um. »Mich fasziniert ihre Beziehung zu dem ägyptischen König. Wissen Sie, wie das alles angefangen hat?«
Mike Chapman stand auf und öffnete die Tür. »Du und deine Freundinnen – ihr verschlingt dieses ganze Zeugs über die Königshäuser. Ein Bürgerlicher wie ich hätte bei euch keine Chance, und wenn ich wie ein Zuchthengst ausgestattet wäre. Will jemand Kaffee?«
»Ja, bitte. Für mich
Weitere Kostenlose Bücher