Der Leichenkeller
tief gebräunt und begrüßte uns mit einem herzlichen Lächeln.
»Ich habe schon sehr oft mit der Bundesregierung zusammengearbeitet, Mr. Wallace – der Bundesmünzanstalt, der Bundesnotenbank, dem Finanzministerium. Mit Ihnen hatte ich noch nicht so oft die Ehre. Was kann ich für Sie tun?«
Mercer machte den Anfang. »Wir tun uns mit einer Ermittlung schwer und dachten, dass Sie uns eine Orientierungshilfe geben könnten, bevor wir die Spur verlieren und in die falsche Richtung laufen.«
»Wir würden Ihnen Ihre Expertise und Ihren Zeitaufwand natürlich entsprechend honorieren, Mr. Stark«, fügte ich hinzu.
»Lassen Sie doch erst einmal hören, worum es sich handelt. Vielleicht kann ich Sie einfach in die richtige Richtung weisen.« Er zwinkerte mir zu. »Dafür berechne ich nichts.«
»Ich befürchte, wir haben zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht viele Informationen«, sagte Mercer. »Wir versuchen, einen Mord aufzuklären. Offenbar waren einer oder auch mehrere der Meinung, dass die Verstorbene etwas Wertvolles in ihrem Besitz hatte.«
»War sie Sammlerin?«, fragte Stark. »Sind Sie deshalb zu mir gekommen?«
»Nein, sie war keine Sammlerin. Wir haben ein paar Wertsachen in ihrer Wohnung gefunden, aber dabei handelt es sich um Geschenke, die sie vor vielen Jahren erhalten hat.«
»Verstehe. Stammte sie aus einer prominenten Familie? Womöglich eine Kundin unserer Firma oder jemand, dessen Nachruf ich in der Zeitung gelesen haben könnte?«
Nur wenn Sie die Amsterdam News abonniert haben, dachte ich. »Nein, der Mord wurde in der Presse nicht einmal erwähnt.«
Mercer nahm einen Asservatenbeutel aus seiner Jackentasche und reichte ihn Bernard Stark.
»Darf ich den Inhalt auf meinem Schreibtisch ausleeren, um ihn mir anzusehen?«
»Sicher.«
Stark ließ die zwanzig Münzen aus der Tüte auf seine kunstvoll punzierte Lederschreibunterlage gleiten. Dann ordnete er sie nach Größe und Farbe, indem er sie mit dem Zeigefinger wie Damesteine auf einem Spielbrett bewegte.
»Was sehen Sie?«, fragte Mike.
Der Münzhändler ließ sich Zeit mit der Antwort. »Die meisten davon sind relativ alt. Das lässt sich unschwer an den Jahreszahlen erkennen.«
»Und ihr Wert?«, fragte der Detective ungeduldig. »Was sind sie wert?«
»Diese hier«, sagte Stark und zeigte auf mehrere kleine Münzen, die alle gleich aussahen. »Das sind nur polierte Platten, so genannte PP-Münzen. Die wurden nie in Umlauf gebracht.«
»Können Sie ungefähr sagen, was sie bei einer Auktion einbringen würden?«, fragte Mike.
»Für diese Gruppe hier, aus dem Jahr 1871, würden Sie vielleicht hundert Dollar pro Münze bekommen. Für diese hier, von 1881, eventuell zweihundert.«
Nicht gerade eine königliche Summe, andererseits hatten wir alle drei schon Fälle gehabt, in denen Leute für vie weniger umgebracht worden waren.
Mercer nahm noch eine Tüte mit Münzen aus seiner Tasche.
»Ah.« Stark holte eine Juwelierlupe aus seiner Schublade de und hielt sie ans Auge. »Wie ich sehe, haben Sie auch einige ausländische Stücke. Rumänien, Schweden, Griechenland – alle nicht besonders wertvoll, aber durchaus interessant. Sie sagten, sie gehörten einer Dame, die keine Sammlerin war?«
Bernard Stark brauchte nicht zu wissen, dass die Besitzerin sie von einem der größten Sammler der Welt geklaut hatte. Er war auch so schon neugierig genug.
»Soweit ich weiß, hat die Verstorbene … nun … sie hat die Münzen möglicherweise von einem alten Freund geerbt oder so ähnlich, aber wir sind uns noch nicht sicher.«
»Da hatte jemand ein gutes Auge, Ms. Cooper. Transylvanien, 1764.«
Wir beugten uns alle drei vor, um uns die Münze in seiner Hand genauer anzusehen.
»Ein Zweidukatstück. Die letzte Münze dieser Art, die ich gesehen habe«, sagte er, »ging für fast tausend Dollar über den Tisch.«
Die Bodegas in Queenies Viertel akzeptierten im Allgemeinen keine transylvanischen Zweidukatmünzen. Die hatte sie ihren Laufburschen vermutlich nicht als Trinkgeld in die Hand drücken können.
»Nichts für ungut, Mr. Stark, aber können Sie wirklich allein vom Hinsehen erkennen, ob diese Dinger echt sind?«, fragte Mike.
»Sie wollen mir doch nicht in mein Handwerk pfuschen, oder, Detective?« Der ältere Mann lachte. »Deshalb kommen die Leute mit ihrem Gold und Silber zu mir. Das ist mein Job, Mr. Chapman, so wie es Ihrer ist, Verbrechen aufzuklären. Falls mein Auge nicht gut genug ist, gibt es natürlich noch andere
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