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Der leiseste Verdacht

Der leiseste Verdacht

Titel: Der leiseste Verdacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helena Brink
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die halbe Million zu geben. Da sie nicht so lange warten wollte, erzählte ich ihr, es gebe ein paar Schwierigkeiten mit der Bank und vor Dienstagmorgen sei an das Geld beim besten Willen nicht heranzukommen. Im Grunde war es gut, dass sie ihre hemmungslose Gier so deutlich zeigte, das machte es leichter 387
    für mich. Am Montag warf ich den Brief ans Polizeipräsidium in Christiansholm ein und kaufte mir ein erstklassiges Tranchiermesser. Die Messer in ihrer Küche waren alle nicht scharf genug. Am Dienstagmorgen stand ich um acht Uhr auf.
    Marianne hatte eine starke Dosis Schlaftabletten genommen, damit sie mindestens bis mittags durchschlafen würde. Ich hatte also Zeit genug, um meine Vorbereitungen zu treffen. Ich durchkämmte methodisch die ganze Wohnung und beseitigte alle Spuren, die ich hinterlassen haben könnte. Ihr Schlafzimmer konnte ich außer Acht lassen, da ich dort ohnehin keinen Zutritt hatte. Es gab einen einzigen unsicheren Faktor in meiner Rechnung: Ich wusste nicht, wann PM auftauchen würde. Aber ich war mir so gut wie sicher, dass er im Lauf des Dienstags kommen würde. Schließlich hatte ich ihn in dem Brief zu allergrößter Eile aufgefordert. Aber natürlich wusste ich nicht, um welche Uhrzeit. Einerseits wollte ich nicht warten, bis Marianne aufwacht; andererseits war es wichtig, sie zu töten, wenn PM vor Ort war. Ich überlegte hin und her. Um zirka halb elf verlor ich die Geduld. Ich zog meine Kleider aus, um nicht zu riskieren, dass sie mit Blut bespritzt würden, und schlich mich ins Schlafzimmer. Als ich mit dem Messer vor ihrem Bett stand und versuchte, meine Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen, klingelte es an der Tür. Vor Schreck wäre mir beinahe das Messer aus der Hand gefallen. Aber ich besann mich rasch und begriff, dass der ideale Zeitpunkt gekommen war, sollte es sich um PM handeln. Wenn ich noch länger gewartete hätte, wäre Marianne vielleicht aufgewacht, weil der Idiot seinen Finger nicht mehr von der Klingel nahm. Also habe ich es getan … Es dauerte nur wenige Minuten, dann war alles vorbei. Und während der ganzen Zeit hämmerte der
    Schwachkopf gegen die Tür, als ob das was bringen würde …«
    »Und du bist sicher, dass auch wirklich PM vor der Tür stand?«
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    »Ja, ich bin zur Tür geschlichen und habe durch den Spion geschaut. Er sah genauso dumm und wütend aus, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Ich konnte mir ein Grinsen nicht verkneifen.«
    »Und dann?«
    »Ich konnte nichts tun, solange er draußen so ein Theater machte. Obwohl ich vorsichtig gewesen war, hatte ich Blutflecken am ganzen Körper. Einige wischte ich an ihrem Laken ab, aber ich musste duschen, ehe ich mich anzog, und natürlich auch das Messer säubern. Ich war mir sicher, dass PM
    nach draußen gehen würde, um sie anzurufen, und das tat er dann auch, sogar mehrere Male. Ich duschte in der
    Zwischenzeit. Durch eines der Fenster sah ich, wie er unten auf einer Bank saß und den Eingang im Auge behielt. Ich durchsuchte Mariannes Sachen und fand ihren Schmuck. Den wollte ich in Kanada verkaufen. Als ich gegen halb zwei beobachtete, wie PM den Stureplan hinunterspazierte, nutzte ich die Gelegenheit und verschwand.«
    »Und die Tür hast du angelehnt gelassen?«
    »Ja, das ist richtig. Ich wollte ihm Gelegenheit geben, sie zu finden und seine Fingerabdrücke in der Wohnung zu
    hinterlassen.«
    »Was hast du dann gemacht?«
    »Ich mietete mir ein Auto und fuhr nach Norrköping, um meine Schulden einzutreiben.«
    »Was hast du während der gesamten drei Wochen noch unternommen?«
    Axels schien wieder missmutiger zu werden. »Im Großen und Ganzen habe ich nichts anderes getan, als mein Geld einzutreiben. Ich besaß eine Liste meiner Schuldner und habe sie der Reihe nach abgeklappert, je nachdem, welche Zahlung als Nächstes fällig wurde.
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    Ich bin also viel mit dem Auto durch die Gegend gefahren, und wenn ich mal ein bisschen Zeit hatte, habe ich versucht, an irgendeinem entlegenen Ort ein wenig zur Ruhe zu kommen.«
    Eine Zeit lang schaute Roffe ihn schweigend an, bevor er fragte: »Und wo wärst du jetzt, wenn du nicht Enqvists Männern in die Arme gelaufen wärst?«
    Diese Frage machte den letzten Rest seines vermeintlichen Triumphs zunichte. Ein Ausdruck hoffnungsloser Verzweiflung huschte über sein Gesicht. Er sank zusammen und murmelte:
    »In Kopenhagen, nehme ich an. Ich wollte dort noch ein paar Geschäfte abwickeln und danach für immer aus Europa verschwinden.«
    Roffe rieb

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