Der letzte Abend der Saison
gegenüber.
»Ich habe mich umgesehen.«
»Das war ja wohl nötig«, sagte der Mann.
»Was?«
»Ein Schluck frische Luft«, sagte der Mann. »Woher kommen Sie?«
»Aus dem Slum.«
»Der ist groß«, sagte der Mann.
»Für euch ist das wahrscheinlich alles, was unterhalb des Berges liegt«, sagte er, erhob sich und ging zu seinem alten Platz zurück. Seine Frau saß nicht mehr dort. Er schaute sich um, sah sie aber nirgendwo. Die Jungen waren auch nicht zu sehen.
Er erhob sich wieder und ging durch das Tor zum Haus. Er hörte Stimmen hinter dem Haus, ging um die Ecke und dort standen die Jungen und zeigten Lena das Grab.
»Hast du das schon gesehen?«, fragte sie.
»Ja, vorhin.«
»Es ist gut geworden«, meinte sie.
»Jetzt ist Zack auch eingezogen«, sagte der Sohn.
Von vorn hörte man das Fest wie das Summen einer Hummel. Er legte den Kopf in den Nacken und sah ein Flugzeug im Landeanflug auf den Flugplatz im Norden der Stadt, die blinkenden Lichter als Codemitteilungen an die Erde. Die Immobilienmakler des Himmels bewachen ihre Interessen, dachte er. So nah wie hier war er dem Himmel nie gewesen. Das war ein weiterer Grund, warum sie das Haus gekauft hatten.
»Lass uns reingehen«, sagte er.
»Willst du nicht mehr mit unseren neuen Nachbarn zusammen sein?«
Er antwortete nicht. Sie gingen ins Haus hinein und sie begleitete die Kinder ins obere Stockwerk. Er saß in der Küche und trank etwas Whiskey aus einem Glas.
»Jetzt trink mal nichts mehr«, sagte sie, als sie wieder runtergekommen war, sich neben ihn gestellt und eine Hand auf seine Schulter gelegt hatte.
»Nein.«
»Bist du nicht gut drauf?«
»Es war einfach zu viel Neues.«
Sie antwortete nicht. Er hörte lautes Lachen von der Straße her.
»Kannst du nicht das Fenster zumachen?«
»Du bist wirklich nicht gut drauf«, sagte sie.
»Es war zu viel auf einmal«, sagte er. »Man ist schon erschöpft, wenn man nur einen Brief von der Bank aufgemacht hat.«
»Davon wird man wirklich erschöpft.«
»Du weißt ja, was ich meine.«
»Musst du immer alles auf dich nehmen? Du übernimmst für alles Verantwortung, als ob du nicht … als ob du nicht ein Teil dieser Familie wärst. Als ob es mich nicht gäbe … wir arbeiten hier doch zusammen.«
»Ja.«
»Du musst dich nicht so allein fühlen.«
»Nein, ich weiß«, sagte er.
»Willst du nicht noch ein wenig rausgehen?«
»Willst du?«
»Nein, lieber nicht. Und Pelle ist dabei ins Bett zu gehen.«
»Ich will nicht«, sagte er und er wünschte, dass sie niemals die verdammte Anzeige gesehen hätten, dass sie noch in der Wohnung wohnen würden und das alles hier nie geschehen wäre.
Er schloss das Fenster und sie saßen im Dunkel der Küche. Die Dunkelheit ist irgendwie zu aufdringlich, dachte er.
»Das ist eine ungewohnte Dunkelheit hier«, sagte er.
»Ja.«
»Wenn man lange an einem Ort gewohnt hat, dann kennt man seine Dunkelheit, aber hier ist das anders.«
»Ja, das stimmt.«
»Es ist anstrengend umzuziehen«, meinte er.
»Es gibt Schlimmeres.«
»Wie zum Beispiel die Bürgerwehr«, sagte er und sie lächelte.
»Irgendwas ist komisch hier«, sagte er.
»Nicht nur die Dunkelheit?«
»Die Leute mit so einer verdammten Rechtslastigkeit haben nie Probleme damit, es rundheraus zuzugeben. Ist dir das schon mal aufgefallen? Einfach raus damit. Mit der ganzen Arroganz der Dummheit.«
»Ist das hier so?«
»Ich weiß nicht recht, wie ich das interpretieren soll, aber ich habe schon ein paar seltsame Kommentare gehört.«
»Wenn das so ist, dann ist es natürlich seltsam.«
»Warum sollte es nicht so sein, wie ich es sage.«
»Ich glaube dir.«
»Ja.«
»Das kennt man ja gar nicht«, sagte sie, »dass so etwas genau neben einem stattfindet.«
»Nicht auf diese Art und Weise.«
Sie saßen einander gegenüber und er hörte Pelle rufen. Er stand auf, ging zu dem Jungen rauf und steckte die Decke um ihn fest.
»Ich denke an Zack«, sagte der Sohn.
»Das tue ich auch.«
»Er fehlt mir.«
»Mir auch.«
»Ist er wirklich mit uns hierher gekommen? Ist Zack noch bei uns?«
»Natürlich«, sagte er, war sich aber nicht sicher. Das Grab war dort unten, aber was das andere anging, war er nicht so sicher.
»Gute Nacht, Papa«, sagte der Sohn, legte sich auf die rechte Seite und sah gegen die Wand.
Ehe er das Licht ausmachte, schaute er noch einmal zu seinem Sohn, der lag immer noch in derselben Stellung.
»Lass die Tür offen«, sagte der Sohn.
»Na klar.«
Er ging wieder
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