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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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habe keinen Mut mehr, ich bin müde, ziemlich müde. Mich kotzen im Moment die Lebensläufe anderer Menschen an, egal ob sie Heilige, Nutten oder Mörder sind. Ich … ich weiß nicht, ich möchte mich verkriechen. Da sind diese ekelhaften Toten mit von Plastik zerfetzten Gedärmen … Und wir schwätzen hier miteinander, als wären wir wichtig. Ach Scheiße!«
    »Ist es, weil ich dauernd von deinem Vater …?«
    »Vielleicht auch das, ich weiß es nicht. Tut mir Leid. Außerdem ist mir die letzte Reportage in die Hose gegangen.«
    Sie wollte irgendetwas erwidern, ließ es dann aber. Ich fühlte, wie ich ganz starr wurde.
    Clara Gütt saß jetzt am Tisch und weinte auf eine sehr kindliche Art. Sie wimmerte, sie hatte einen schiefen Mund wie ein Clown, sie saß so gebeugt, dass man glauben konnte, sie habe einen Buckel. Ihre Schultern zuckten, und ihre Hände mit den grellroten Fingernägeln fingerten an der Kaffeetasse herum. Ich sah, dass ihre Knie sich schnell hin und her bewegten. »Verdammt noch mal, ich möchte mitfahren. Ich werde kein Wort sagen. Ich verspreche es.« Ihre Stimme war hoch und zittrig.
    »Nimm sie mit«, sagte Anni. »Sie ist völlig fertig, davon verstehe ich was.«
    »Es geht nicht«, widersprach ich müde. »Sie ist ein ahnungsloses Risiko, verstehst du denn nicht, Anni? Wenn ich sie mitnehme und sie flippt aus, kann ich mit dieser Grenzow kein vernünftiges Wort …«
    »Ihr seid ja zwei völlig Irre!« schrie Clara Gütt auf einmal. Sie sprang auf, dass der Stuhl nach hinten gegen den Herd flog. »Ihr seid zwei vollkommen Irre! Ich habe Angst! Soll ich es wiederholen? Ich habe Angst, ich habe Angst! Acht Jahre habe ich in einem Team gearbeitet. Irgendetwas ist in all den Jahren abgelaufen, wovon ich keine Ahnung habe. Versteht Ihr mich?« Sie schrie jetzt richtig hysterisch. »Da ist etwas passiert – und ich habe es nicht gemerkt – jetzt habe ich Angst davor, dass irgendeiner mir den Bauch voll Plastik schießt. Ihr Arschlöcher!« Sie stand da, leicht vornübergeneigt, als wolle sie uns anspringen, und wahrscheinlich wollte sie es in dieser Sekunde auch.
    Annis Unterlippe zitterte bedenklich.
    »Zieh dir einen Pullover an«, sagte ich. »Die Nächte sind verdammt kalt.«
    »Moment mal«, sagte Anni, »so einfach geht die Sache auch nicht. Das BKA weiß inzwischen, dass dieser Dr. Sahmer zwei Meter vor der Ferienwohnung seiner Sekretärin ermordet wurde. Sie werden nach ihr suchen. Da sie nicht in ihrer Wohnung in Düsseldorf ist und nicht in der Wohnung hier in der Eifel, muss uns irgendetwas einfallen. Oder sie meldet sich bei der Polizei.«
    »Ich melde mich«, sagte sie in fast normalem Ton. »Aber erst mal will ich nach Düsseldorf.«
    »Augenblick«, sagte ich, »Anni hat Recht. Wenn sie dich hier in der Ferienwohnung nicht finden und nicht in Düsseldorf, werden sie nur zwei Minuten brauchen, um festzustellen, dass du bei mir bist. Mich kennt man hier, ich bin wie ein bunter Hund. Also meldest du dich jetzt besser. Und du sagst, du weißt, was los ist, willst aber noch nach Düsseldorf. Du bietest ihnen an, dorthin zu kommen, wohin sie dich haben wollen. Weil wir uns zusätzliche Feinde nicht leisten können, bist du hübsch höflich, ja?«
    Sie ging zögernd die Polizei anrufen, und ich aß eines von Annis Butterbroten. Clara kam sehr schnell wieder und sagte: »Sie wollen mich heute noch in Meckenheim haben. Sie sagen, ich soll schnell kommen. Egal wie, aber schnell. Werden sie mich dort festsetzen?«
    »Auf jeden Fall wird es Stunden dauern. Also erst nach Düsseldorf zu deiner Chefin, dann nach Meckenheim zu den Jüngern von der Heiligen Wanz. Und ich hatte gehofft, ich könnte schlafen.«

4. Kapitel
    Im Auto sagte sie: »Weißt du, ich schäme mich, ich schäme mich wirklich. Als du so wütend geworden bist, ist mir plötzlich aufgegangen, dass ich irgendetwas in meinem Leben falsch gemacht haben muss.«
    »Wieso das?«
    »Zwei Tote, ein Verschwundener. Da muss in der Firma etwas abgelaufen sein. Ich hatte mir eingebildet, wir wären ein Team, ich hatte gedacht, ich kenn’ sie alle genau.«
    »Wie sah dein Leben denn aus?«
    »Also ich fand es gut. Wir waren eine starke Truppe, wir haben schwer rangeklotzt, eine erfolgreiche Firma, gute Leute, ich hatte mit niemandem Krach.«
    »Was waren eure Themen, über was habt ihr geredet?«
    »Meistens war es fachlich. Wie man eine Parfümflasche formen kann, in welche Plastikflasche man dieses Geschirrspülmittel tut, wie du am

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