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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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verstanden.«
    »Siggi Baumeister«, sagte ich und reichte Kanter die Hand.
    Er war ein athletisch gebauter Mann mit kurzen grauen Haaren und einem schmalen, scharf geschnittenen Gesicht. Er war einen Kopf größer als ich, und er hielt sich wohl aus Höflichkeit leicht gebeugt. Er sagte: »Hallo, Herr Baumeister. Wie geht’s in der Eifel?«
    »Blendend«, murmelte ich.
    »Darf ich Ihnen meinen Kollegen Dr. Bleibe vorstellen? Er kommt direkt aus dem Wilden Osten. Direkt aus Chemnitz.«
    Irgendjemand hinter meinem Rücken lachte pflichtschuldig.
    »Hallo«, sagte ich und reichte dem Chemnitzer die Hand.
    »Es wäre einfacher«, sagte Vera Grenzow neben mir, »wenn die anderen sich vielleicht selbst vorstellen.«
    Sie folgten ihr wie die Hündchen. Sie schritten auf mich zu, bildeten eine Art Schlange und reichten mir nacheinander mit kurzem, trockenem, männlichem Druck die Hand. Sehr eindrucksvoll, wenngleich ich keinen der Namen verstand. Sekunden nach dem Zeremoniell vereinigten sie sich wieder zu Grüppchen und Pärchen, und bald erfüllte Gemurmel den Raum.
    »Hallo, Liebes«, sagte Kanter und umarmte Clara.
    »Helmut!«, sagte sie begeistert und küsste ihn auf die Wange. Sie umarmte und küsste fast jeden, und sie schaffte das mit einer erstaunlichen Geschwindigkeit.
    »Haben Sie den toten Jürgen Sahmer gesehen?«, fragte Vera Grenzow und gab sich ganz besorgt.
    »Habe ich«, sagte ich. »Er sah schlimm aus. Plastik, wissen Sie? Irgend so ein Zeug, das man verschießt und das im Körper aufquillt, wenn man getroffen wird.«
    »Aha«, sagte sie. Der Chemnitzer Dr. Bleibe reagierte rasch. »Das müssen Sie mir erzählen, das klingt ja sehr blutig.«
    »Das ist es auch«, sagte Clara dumpf. Dann wandte sie sich an Vera und murmelte: »Jürgen wollte zu mir, verstehst du? Er rief mich an und sagte, er käme jetzt. Und dann ist es passiert. Vor meiner Haustür sozusagen.«
    »Aha«, sagte Vera Grenzow. »Und was sagt die Polizei?«
    »Nichts«, mischte ich mich ein. »Was wollen die schon sagen?«
    »Weshalb wollte Jürgen denn zu dir?«, fragte Vera Grenzow, als hätte ich nichts gesagt.
    »Das weiß ich nicht«, sagte Clara. »Das weiß ich wirklich nicht. Vielleicht irgendetwas besprechen?«
    »Die Polizei war bis vor einer Stunde bei mir«, sagte Vera, als sei das höchst lästig gewesen. »Erstaunlich, was diese Leute so alles fragen. Dabei weiß ich doch wirklich nichts.«
    »Hat sich dieser Schulze eigentlich wieder eingefunden?«, fragte ich.
    »Nein«, sagte Kanter. »Das ist merkwürdig.« Er lächelte Vera flüchtig zu. »Eine schöne kleine Firma, praktisch um die Hälfte der Belegschaft gekürzt. Ich verstehe das alles nicht. Aber ich muss ja auch nicht alles verstehen.«
    »Ich hol’ mir mal einen Wein«, sagte Clara erstaunlich unbekümmert. »Willst du auch etwas?«, fragte sie mich.
    »Hat das Haus vielleicht einen Kaffee?«, fragte ich.
    »Selbstverständlich«, sagte Vera Grenzow. »In der Küche.«
    »Wie schön«, sagte ich und trabte hinter Clara her. Die Küche machte den heiteren Eindruck der Kommandobrücke eines Schlachtschiffes. Es gab jede Menge Schalttafeln für elektrische und elektronische Spielereien, und erstaunlicherweise war das Ganze nicht weiß, sondern taubengrau.
    »Irgendwo muss Chablis sein«, murmelte Clara.
    »Betrink dich bitte nicht«, mahnte ich.
    »Will ich gar nicht«, sagte sie. »Irgendwie stimmt das alles nicht. Wenn man denen zuhört, sind sie völlig ahnungslos.«
    »Wer sind diese Männer, ich meine diese dunkel Gekleideten?«
    »Das sind Fahrer und Begleiter. Die sind immer da, wie Schatten.«
    »Was heißt Begleiter? Leibwächter?«
    »Ja, natürlich. Es wird nicht darüber geredet, aber es gibt sie. Die tragen alle Waffen, und sie können alle möglichen Kampfsportarten.«
    »Kannst du dich an sie ranmachen und sie ein wenig aushorchen?«
    Sie goss sich Weißwein in einen Kelch. »Was genau wollen wir wissen?«
    »Das weiß ich nicht. Wo ist der Zucker?«
    »Im Schrank. Soll ich nach Volker fragen?«
    »Aber ja«, meinte ich.
    »Kann aber sein, dass Vera sauer wird«, wandte sie ein.
    »Es wird nichts bleiben, wie es war«, entgegnete ich und sah sie an. Sie sagte nichts, sie nickte nur, nahm ihren Wein und verschwand. Ich nahm meinen Kaffee und ging hinter ihr her.
    Jetzt konnte man deutlich drei Sorten Männer unterscheiden. Da waren dieser Dr. Bleibe aus Chemnitz und Dr. Kanter in zwei Ledersesseln an der Fensterfront. Etwas zurück die Gruppen der

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