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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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geworden. Als er tot war, legten wir ihn in den Sarg. Der war ein kleines Männchen. Nun lag er da, krumm wie er war. Wir kriegten den Deckel nicht drauf, so krumm war der. Wenn ich auf die Knie drückte, um ihn flach zu kriegen, kam der Kopf hoch. Drückte ich auf den Kopf, kamen die Knie hoch. Und wie ich mich so mühte, sagt mein Chef: ›Lass mich mal machen!‹ Und er versucht es mit dem ollen Schnigger. Jedesmal, wenn er auf die Knie drückte, kam der Kopf hoch. Da wurde mein Chef wütend und schrie: ›Auch noch Widerworte, was?‹« Der alte Gertmann grinste zahnlos und kicherte dann ganz hoch.
    »Ich habe einen Kaffee auf dem Tisch«, sagte ich.
    »Na ja, ich muss sowieso weiter«, meinte er und ging langsam um das Haus herum. Ich hockte mich im Arbeitszimmer ans Telefon. Ich wollte zu diesem Zeitpunkt nichts mit der Polizei zu tun haben, ich rief den Arzt an.
    »Haben Sie schon gehört?«, fragte er schnell. »Wir haben einen zweiten Toten mit Plastik im Bauch. Dem hat es den ganzen Unterleib zerrissen.«
    »Ich weiß«, sagte ich. »Und was sagen die Flüstertüten Neues?«
    »Nichts«, sagte er.
    »Können Sie sich damit einverstanden erklären, dass dieses Telefonat gar nicht stattgefunden hat?«
    Er war einen Moment lang still, dann meinte er: »Wir können es ja versuchen.«
    »Also der Tote ist ein Mann namens Dr. Jürgen Sahmer, achtunddreißig Jahre alt, aus Düsseldorf.«
    »Woher haben Sie das?« Er war gehörig verblüfft.
    »Irgendjemand hat es mir gesagt«, antwortete ich. »Aber damit habe ich ein Problem am Hals. Und Sie könnten bei den Herren des Bundeskriminalamtes ein bisschen gut Wetter machen. Der tote Sahmer war nämlich auf dem direkten Weg zu seiner Sekretärin, einer gewissen Clara Gütt. Die hat ein Ferienapartment in Ahrdorf, und sie wohnt zur Zeit dort. Ich hab’ das kombiniert, fand sie vor Angst erstarrt und nahm sie einfach mit.«
    Er war still und meinte dann höflich kühl: »Das heißt also, Sie haben den Bullen schlicht die wichtigste Zeugin weggeschnappt?«
    »Man kann es so nennen. Sie wird sich melden. Wenn Sie sich also jetzt freundlicherweise mit den Beamten in Verbindung setzen und denen erklären, wieso das alles passiert ist, dann …«
    »Sagen Sie mal, Baumeister, sind Sie verrückt?«
    »Nicht die Spur«, sagte ich, »ich war nur schneller als die Polizei erlaubt. Sagen Sie denen bitte, die Frau Gütt meldet sich. Gleich, in einer Viertelstunde oder so. Ja?«
    »Lieber Himmel, Sie sind wirklich irre. Also gut.«
    »Dein Kaffee wird kalt«, rief Anni aus der Küche.
    Ich ging hinüber und sah sie einträchtig am Tisch hocken und Kaffee schlürfen.
    Anni biss in eine Scheibe Rosinenbrot und erklärte kauend: »Ich habe der jungen Frau gerade erklärt, dass wir glauben, dass sie uns eine Menge verschweigt. Ich habe ihr auch gesagt, sie soll lieber die ganze Geschichte erzählen, weil du sie sowieso rauskriegst.«
    »Und was hat sie darauf geantwortet?« Ich sah Clara Gütt an.
    »Ich weiß wirklich nicht sehr viel«, sagte sie störrisch.
    »Sie wissen mehr, als Sie wissen«, sagte ich. »Ihr Chef will Sie besuchen. Offensichtlich sehr heimlich durch die Hintertür. Er kommt unsinnigerweise durch den Wald hinter dem Dorf. Das ist schon an sich so verrückt, dass man es kaum glauben kann. Aber dann passiert etwas vollkommen Verrücktes. Auf dem kurzen Weg durch den Wald schießt ihn jemand tot. Mit einer Art Plastikmunition, von der wir nicht einmal wissen, wer die herstellt. Du lieber Himmel, ich habe etwas Wichtiges vergessen. Anni, du hast es auch vergessen.«
    »Was denn?«, fragte sie verblüfft.
    »Sein Auto! Er muss mit einem Auto gekommen sein. Aber da war kein Auto. Was für einen Wagen fährt er?«
    »Einen Golf GTI«, sagte Clara Gütt. »ja, tatsächlich, wo ist dieses Auto?«
    »Geben Sie mir seine Telefonnummer«, sagte ich schnell.
    »Aber seine Frau weiß noch nichts«, widersprach sie.
    Anni grinste ein wenig teuflisch. »Natürlich weiß sie es längst. Wenn das BKA drin ist, hocken die längst in seinem Wohnzimmer.«
    Clara Gütt gab mir die Telefonnummer. »Hier ist Melanie Sahmer«, sagte eine Kleinmädchenstimme.
    »Kann ich bitte deine Mammi sprechen?«
    »Ja«, sagte das Mädchen.
    Es war sicher: Wenn das BKA in Sahmers Wohnzimmer hockte, hörte jetzt jemand mit.
    Dann meldete sich eine Frau. »Sahmer hier«, sagte sie ausdruckslos.
    »Forstbehörde in Blankenheim«, log ich tapfer. »Es tut mir Leid, gnädige Frau, dass ich stören muss.

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