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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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Aber wir vermissen immer noch den Golf GTI Ihres Mannes.«
    »Aber der ist doch hier«, sagte sie schrill. »Wir wissen ja gar nicht, wie mein Mann in die Eifel gekommen ist.«
    Ich schwieg einen Moment, um zu überlegen. Dann war da plötzlich eine sehr barsche Männerstimme. »Wer sind Sie? Woher rufen Sie an?«
    Ich hängte ein. »Er ist nicht in seinem GTI gekommen«, sagte ich.
    »Jetzt setzen Sie sich mal in den Sessel da«, sagte Anni energisch und drückte Clara Gütt in den Sitz. »Sehen Sie mal, da kommt ein Chef zu seiner Sekretärin und benutzt nicht einmal sein eigenes Auto. Selbst wenn Sie nicht viel wissen, wie Sie sagen, so ahnen Sie doch etwas, oder?«
    »Hat er gesagt, dass er sein Auto nicht benützen wird?«, fragte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. »Kein Wort.«
    »Aber er muss Angst gehabt haben vor irgendetwas, oder? Sonst wäre er in seinem Auto gekommen. Also, was ahnen Sie?«
    »Ich bin ganz durcheinander«, sagte sie und strich sich mit der Hand über die Stirn.
    »Sie schinden Zeit«, stellte Anni fest. »Ich kenne das von den Verhören.«
    »Es ist alles sehr kompliziert«, murmelte Clara Gütt leise. Sie sah hübsch aus, und sie wirkte wie ein kleines Mädchen.
    »Kann es sein, dass auch Sie getötet werden sollen?«, fragte ich ganz nebenbei.
    Einen Augenblick lang war es sehr still. Anni meinte trocken: »Das könnte sein, so wie die Sachen liegen.«
    »Wie liegen denn die Sachen?«, fragte Clara hektisch.
    »Das«, sagte Anni milde, »wollen wir ja von Ihnen hören.«
    Danach war es wieder still.
    »Ich könnte ja auch diese Dr. Vera Grenzow besuchen, die Freundin von Ihnen. Vielleicht weiß die mehr.«
    Jetzt war unverkennbar Spott in ihrer Stimme. »Du lieber Himmel, Vera schwärmt für Wagner, fährt jedes Jahr zwei Wochen nach Bayreuth und hat sonst nichts als ihre Wissenschaft und die Geschäfte im Sinn.«
    »Das ist merkwürdig. In Ihrer kleinen, hochfeinen Firma verschwindet der Druck- und Papierspezialist Günther Schulze, sechsundzwanzig Jahre alt. Dann wird ein Mann getötet, den Sie selbst als Besuch bei der wagnerliebenden Dr. Vera Grenzow erlebt haben. Dann will Ihr Chef Sie besuchen und wird ein paar Meter vor Ihrem Haus im Wald umgebracht. Und nun sage ich: Da Sie die Mutter dieser kleinen Kompanie waren, das Mädchen für alles, die Sekretärin, die Kaffeekocherin, die Briefschreiberin, kurz die, die wirklich alles wusste, wird die Polizei Sie tagelang in die Mangel nehmen. Diese Leute werden nicht glauben, dass Sie nichts wissen. Ich glaube das auch nicht, und Anni genausowenig. Also soll ich Sie jetzt wieder nach Hause bringen und warten, bis man Ihre Leiche findet?«
    »Das ist aber hart, mein Junge«, meinte Anni trocken.
    »Ich bin einfach sauer«, erklärte ich. »Ich soll einen Fall aufklären, von dem ich noch nichts weiß und den bisher keiner veröffentlichen wird, wenn ich ihn geklärt habe. Dann werde ich längst pleite sein und keine Freunde mehr haben.«
    »Wo soll ich denn anfangen?«, fragte Clara kleinlaut.
    »Bei der Firma«, sagten Anni und ich gleichzeitig.
    »Also die Firma … was soll ich da erzählen?« Sie spielte wieder kleines Mädchen und biss sich auf die Unterlippe.
    »Alles«, sagte Anni.
    »Also, die Firma ist jetzt acht Jahre alt. Wir hatten damals von der Konzernleitung vier Jahre Zeit bekommen, um in die schwarzen Zahlen zu rutschen. Wir schafften es in zwei Jahren. In so einem Konzern werden Kopfschmerztabletten hergestellt und Düngemittel und Farben: Da tun sich neue Märkte auf, neue Produkte in neuem Design. Und weil man da Gelder investieren kann, wurden wir gegründet.«
    »Sind Sie von Beginn an dabei gewesen?«, fragte Anni.
    »Ja sicher. Wir waren alle dabei, also alle bis auf Günther Schulze. Der kam später. Das war damals die Idee meines Chefs. Der heißt Dr. Helmut Kanter und ist jetzt dreiundfünfzig Jahre alt. Er saß im Vorstand und war zuständig für eine ganze Latte kleiner Tochterfirmen. Ich weiß noch, wie er eines Tages sagte: ›Wir brauchen eine kleine effektive Truppe, die nicht nur unsere Produkte verpackt und verbraucherfreundlich macht, sondern auch Verpackungen für andere entwirft.‹«
    »Sie sind also die Müllmacher?«, fragte ich.
    Sie sah mich an und lächelte dann. »Das sind wir. Wir machen so klasse Verpackungen, dass die Leute die Produkte einfach kaufen müssen. Wir fingen also 1983 an, wir nannten uns MICHELLE, wahrscheinlich nach dem Lied der Beatles. Damals waren wir zunächst zu dritt: Also

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