Der letzte Agent
Firma oft über Klamotten und neue Autos und Ferienreisen geredet habt. Er auch?«
»Er nicht. Er war die absolute Ausnahme. Wenn ich von einem BMW-Cabrio schwärmte, hat er mich lieb angesehen und leicht gelächelt. Es war kein Spott, er hatte einfach kein Ohr für so was.«
»Wenn du so über den Schulze sinnierst, fällt dir dabei nicht etwas auf?«
»Nein, was sollte mir auffallen?«
»Pass auf: Vera Grenzow hat einen Freund, der Volker heißt. Der liegt tot im Windbruch in der Eifel. Dein zweiter Chef, der Dr. Jürgen Sahmer, will zu dir in die Eifel kommen, um irgendetwas zu erzählen. Das heißt: Er sagt, er will dir etwas erzählen. Kurz vorher ist der Günther Schulze spurlos verschwunden. Und nun kommt dieser Sahmer und wird vor deinem Haus umgelegt. Fällt dir immer noch nichts auf?«
»Nein, verdammt noch mal. Was soll mir auffallen?« Sie ging zwei schnelle Schritte, drehte sich dann um, hielt den Kopf gesenkt und fragte: »Meinst du etwa die Eifel?«
»Natürlich meine ich die Eifel. Deine ganz kleine Firma hatte angeblich nie etwas mit der Eifel zu schaffen, aber dieser tote Volker liegt hier, Sahmer stirbt hier und wir beide werden von einem irren Motorradfahrer beschossen – auf dem Weg in die Eifel. Also lautet die nächste logische Frage: Hatte Günther Schulze etwas mit der Eifel zu tun?«
»Das weiß ich nicht. Ich kann mich nicht erinnern. Wir können ja seine Frau anrufen und … o Scheiße!« Sie schlug beide Hände vors Gesicht.
Es begann zu nieseln, wir kehrten um und schwiegen eine Weile.
»Darf ich dich etwas fragen?«, begann sie.
»Frag nur.«
»Heißt das, dass du glaubst, dass wir den Günther Schulze irgendwo hier finden?«
»Das heißt es.«
»Tot?«
»Wahrscheinlich.«
»Ich will keine Toten mehr finden. Ich finde das alles grässlich.«
Das konnte ich gut verstehen. Dennoch musste ich weitermachen: »Ich frage dich noch einmal: Hältst du es für total normal, dass dieser Dr. Jürgen Sahmer mit seiner Angst, mit irgendeiner bösartigen Nachricht ausgerechnet zu dir wollte?«
»Ja«, murmelte sie und machte wieder ein paar schnelle, nervöse Schritte zur Seite und nach vorn. »Ich denke, es war vollkommen normal, dass er in so einer Situation zu mir kommen wollte. Ich … ich war immer für ihn da, wenn es ihm beschissen ging.« Bei den letzten Worten versiegte ihre Stimme.
»Warst du seine Geliebte?«
»Nein, nein, nein. So war das nicht, so war es nicht.«
»Du sollst nicht aufgeregt werden, ich urteile doch nicht, ich will etwas wissen.«
»Ja, ja, wir waren befreundet«, murrte sie.
»Was heißt das, zum Teufel?«
»Ich … ja, ich habe ein paarmal mit ihm geschlafen. Wenn es ihm schlecht ging, kam er zu mir.«
»In deine Wohnung?«
»Ja, auch. Wir waren ein paarmal am Wochenende zusammen weg. Auch hier in der Eifel. Wenn er Zoff hatte mit seiner Frau, zum Beispiel. Er hatte sonst niemanden, verstehst du?«
»Du hast auch mit dem Chef des Jürgen Sahmer geschlafen, nicht wahr?«
»Ja und?«
»Hast du auch mit Günther Schulze geschlafen?«
»Baumeister, ich bitte dich, jetzt wirst du geschmacklos. Es geht doch nicht um mein Liebesleben?«
»Das weiß ich nicht so genau. Hast du mit Schulze geschlafen?«
»Ja. Einmal. Kurz bevor er heiratete und vollkommen durcheinander war und nicht wusste, ob er seine Frau heiraten sollte oder nicht.«
»Da hast du mit ihm geschlafen, um ihm klarzumachen, er soll sie heiraten?«
»Du lieber Himmel, er war vollkommen durch den Wind. Was hat denn das mit diesen fürchterlichen Toten zu tun?«
»Du begreifst es immer noch nicht. Aber erst noch eine Frage: Wie haben sich Dr. Sahmer und Günther Schulze verstanden? Waren sie Freunde oder Feinde?«
»Sie mochten sich. Jeder hat auf seine Weise über den anderen gelächelt. Aber sie mochten sich und sprachen oft über irgendwelche politischen Dinge, über gesellschaftliche Entwicklungen und so.«
»Verstehst du mich immer noch nicht?«
»Was meinst du denn, Baumeister, verdammt noch mal?«
»Bleib einmal stehen und mach die Augen zu und höre. Also: Der Sahmer entdeckt irgendetwas, was ihm panische Angst macht. Und er rennt sofort zu dir. Der Schulze …«
»O Gott, meinst du, der … der wollte auch zu mir?«
»Das meine ich. Und wir haben jetzt nur die Frage zu klären, ob er tot ist oder noch lebt.«
»Aber wo könnte er sein, wenn er noch lebt?« Sie nahm die Unterlippe zwischen Daumen und Zeigefinger und zog sie nach vorn. »Weißt du, eigentlich habe ich
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