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Der letzte Agent

Der letzte Agent

Titel: Der letzte Agent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacques Berndorf
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falls es ein Mann war, ist schlank, ungefähr einsachtzig groß, ziemlich stabil gebaut. Nach seinen Bewegungen bestens trainiert. Er handelte nicht im geringsten überhastet oder aufgeregt. Es gibt da nur einen Punkt, der mich wirklich verwundert, und ich frage mich weshalb …«
    »Das haben wir schon überlegt«, unterbrach Anni. »Du fragst dich sicher, warum er nicht Plastikgeschosse verwendete. Das kann zwei Gründe haben. Erstens, weil er mit dem Schützen der Plastikgeschosse nichts zu tun hat, was uns jedoch nicht besonders einleuchtet. Oder weil er mit Plastikgeschossen nichts erreichen konnte, solange ihr beide im Schutz des Autoblechs wart. Das heißt: Wenn du, Clara oder alle beide ausgestiegen wäret, hätte er vermutlich nur das Magazin wechseln müssen.«
    »Der Gedankengang Ihrer Frau Tante ist sehr bestechend«, sagte Müller lächelnd. »Wir haben übrigens eine Ringfahndung ausgelöst, sobald wir Kenntnis von Ihrem Notruf erhielten. Aber der Mann ist meiner Meinung nach viel zu gewitzt. An der Maschine gibt es übrigens weder Hersteller- noch Maschinennummer. Sämtliche Zubehörteile ganz normal von den üblichen Lieferanten. Es wird Tage dauern, ehe wir den Käufer ermitteln können. Wenn er die Maschine selbst schwarz lackiert hat, wird es vermutlich Monate dauern, ehe wir herausfinden können, wo sie gekauft wurde.«
    »Was vermuten Sie, was steckt dahinter?«
    Er zuckte die Achseln. »Die ganze Sache ist äußerst verwirrend. Wir haben drei Tote durch ein Plastikgeschoss, von dem wir nicht einmal wissen, wer es herstellt. Wir haben zwei neue mögliche Opfer, nämlich Sie und Clara Gütt. Entweder sollte Clara Gütt getötet werden, was meine Verwirrung eher noch steigern würde. Oder aber Sie beide sollten getötet werden. Einer der Toten ist immer noch unbekannt, heißt angeblich mit Vornamen Volker. Dann haben wir diesen verschwundenen Druck- und Papierspezialisten Günther Schulze, den wir bis jetzt überhaupt nicht einordnen können. Es sei denn, er ist Mitglied einer Gruppe, die aus Vera Grenzow, Jürgen Sahmer und ihm selbst bestand. Aber in dieser Richtung fehlen alle Beweise, und Mutmaßungen helfen uns nicht. Es gibt nur sehr vage Hinweise auf die ehemalige DDR, weil alle Mordopfer etwas mit der ehemaligen DDR zu tun haben. Die kleine Belegschaft der Firma stammt mit Ausnahme der Clara Gütt aus Ost-Berlin, dem ehemaligen Ost-Berlin. Aber das sollte uns nicht dazu verführen, ausschließlich in Kategorien der Spionage zu denken. Möglicherweise steckt etwas dahinter, was wir bisher nicht laut zu vermuten wagen: Irgendjemand zum Beispiel, der sich aus unbekannten Gründen an den Leuten dieser Firma rächen will. Kurzum, ein Verrückter. Aber dann muss er auch ein Genie sein. Ein Genie, das diese Plastikgeschosse herstellen kann. Wir haben Herrn Dr. Kanter in Düsseldorf einem Verhör unterzogen, ebenso den Bundestagsabgeordneten Sven Sauter.«
    »Was ist dabei herausgekommen?«
    Er machte einen ganz schmalen, misstrauischen Mund.
    »Nichts, natürlich. Sie behaupten beide steif und fest, nicht die geringste Ahnung davon zu haben, was da gespielt wird.«
    »Und der gute Siggi glaubt das nicht«, sagte Anni.
    »Nein, das glaube ich wirklich nicht. Es gibt eine merkwürdige, aber eindeutige Geschichte. Clara Gütt, die oben liegt und sich ausschläft, war einmal die Sekretärin dieses großen Chefs, dieses Kanters. Sie war auch seine Geliebte. Dann kam Vera Grenzow und löste sie ab. Das finde ich merkwürdig.«
    »Was ist daran merkwürdig?«, fragte Müller. »So ist das Leben.«
    »Clara Gütt ist eine sicherlich gute Sekretärin. Vera Grenzow ist eine ziemlich arrogante Wissenschaftlerin und …«
    »Vielleicht liebt dieser Kanter die Abwechslung?«, fragte Anni.
    »Sie meinen, dahinter steckt Absprache? Irgendein Plan?«, fragte Müller.
    »Es muss nicht sein, es kann aber sein«, antwortete ich. »Von heute auf morgen explodiert eine kleine Firma. Einer der Chefs wird ermordet. Ein anderer, dessen Namen wir nicht kennen, der aber auch Verbindungen in diese Firma hat, wird ermordet. Die Frau eines Mannes, der ebenfalls in der Firma arbeitet, wird getötet. Ihr Mann ist verschwunden, vielleicht längst tot. Clara Gütt soll getötet werden. Und diese Clara Gütt, ein durchaus nüchterner Mensch, behauptet nun, sie habe dieses Unheil nicht einmal gerochen. Sie ist absolut ohne jede Ahnung. Und weil ich ihr das glaube, glaube ich auch, dass dahinter eine gigantische Schweinerei steckt.

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