Der letzte Agent
sprechen.«
Er schien ohne jeden Übergang wach zu sein. Er sagte klar und mit überraschend heller Stimme: »Augenblick bitte.« Nach einer Weile zog er den Reißverschluss in der Zeltwand unmittelbar neben mir hoch und streckte den Kopf hinaus. »Wie haben Sie mich gefunden?« Er bewegte sich schnell und leicht und hockte sich neben mich.
»Ich habe überlegt«, erklärte ich. »Zuletzt war es dann ganz einfach. Mein Name ist übrigens Baumeister. Wenn mich nicht alles täuscht, kennen Sie mich.«
»Wieso das?«, fragte er, nicht sonderlich interessiert.
»Weil ich denke, dass Sie es waren, der mich im Windbruch niedergeschlagen hat.«
Er schwieg eine Weile und murmelte dann: »Das ist richtig. Was wollen Sie von mir?«
»Auskunft darüber, wie die Gruppe aussah, in der Sie gearbeitet haben.«
Er überlegte wieder eine Weile. »Das kann ich nicht tun«, entschied er.
»Warum denn nicht? Volker ist tot, Sahmer ist tot.« Einen Augenblick spielte ich mit dem wahnwitzigen Gedanken hinzuzufügen: »Ihre Frau übrigens auch.« Aber ich ließ es, es war noch zu früh.
»Wie geht es Vera?«, fragte er.
»Eine Weile war sie in Schutzhaft. Jetzt ist sie wieder frei. Wer um Gottes willen versucht denn eigentlich, euch alle zu töten?«
»Wenn ich das wüsste, wäre ich nicht hier«, sagte er.
»Kommen Sie mit? Ich habe in der Nähe ein Haus. Clara Gütt ist auch dort. Sie sind dort sicher.«
»Ich bin nirgends sicher«, sagte er, und er hatte Recht. »Wenn Sie nur die geringste Ahnung haben, könnten Sie so eine Bemerkung nicht ernsthaft machen.« Da war eine Spur von Verachtung.
»Stimmt«, gab ich zu. »Kommen Sie trotzdem mit?«
»Wie soll das vor sich gehen?«
»Wir lassen das Zelt hier, die Ente auch. Wir waten da vorne durch das Wasser. Oben steht mein Auto. Zehn Minuten, und wir sind im Warmen.«
»Das klingt gut«, sagte er ausdruckslos. »Was für eine Rolle spielen Sie?«
»Ich bin der blöde Mann von der Presse«, meinte ich mürrisch. »Nein, ich bin durch Zufall hineingeraten. Gestern hat jemand versucht, mich von einem Motorrad aus zu erschießen. Sagt Ihnen das etwas?«
Er schüttelte den Kopf. »Nein, das sagt mir nichts. Also Zelt und Auto hierlassen, durch das Wasser, rein in Ihr Auto und ab durch die Mitte. Ist das richtig so?«
»Ja.«
»Ist die Polizei schon in dem Fall?«
»Natürlich. Das Bundeskriminalamt. Aber das sollten Sie doch wissen.«
»Ja, ja«, murmelte er vage. »Der Platz hier war so sicher …«
»Weiß Ihre Frau denn, wo Sie sind?«
»Sie hat keine Ahnung«, sagte er. »Wie geht es ihr?«
»Ich weiß es nicht«, log ich. »Ich kenne Ihre Frau nicht.« Es wurde eng, mulmig, mir war gar nicht gut.
»Also lassen Sie uns gehen«, meinte er nach einem kleinen Seufzer. »Ich nehme nur ein paar Sachen in einer Tasche mit.«
»In Ordnung, ich warte. Was werden die Leute im Restaurant sagen?«
Er überlegte eine Weile. »Nichts. Ich kann anrufen und ihnen sagen, dass ich in ein paar Tagen wieder hier bin.«
»Gut.«
Er bückte sich und verschwand im Zelt, und ich stand da und überlegte, wie er reagieren würde, wenn er hörte, dass seine Frau ermordet war.
Er kam heraus, zog den Reißverschluss zu. »Also, los dann.«
Ich ging vor ihm her, und ich wollte mich gerade zu ihm hindrehen, um ihm zu sagen, dass ich ihn ziemlich gerissen fand, als er mich mit etwas Hartem, Schwerem seitlich am rechten Ohr traf.
Ich stürzte nach vorn und fiel flach auf das Gesicht. Es brannte, und ich sah nichts mehr und konnte mich nicht mehr rühren. Das Gras roch merkwürdig anregend. Dann hatte ich Blutgeschmack im Mund und konnte die Augen wieder öffnen. Ich drehte den Kopf zur Seite und sah, wie er am Zelt vorbei zu der Ente lief, sie öffnete und hineinsprang.
Ich kam sehr mühsam hoch und wankte. Ich konnte die Dinge nicht klar sehen, sie alle hatten viele Konturen, die sich überschnitten.
»Lass sein, Bruder«, seufzte ich. »Ich hab’ deine Karre kaputt gemacht.«
Er öffnete die Tür, stieg aus und kam zu mir zurück. Er tanzte vor mir hin und her und traf mich erneut an der rechten Kopfseite.
Ich fiel auf die Knie, und im Bruchteil einer Sekunde dachte ich wütend: Kleiner, du bist Witwer! Aber ich sagte nur verquollen: »Lass doch den Scheiß!«
»Ich will hier weg!«, sagte er scharf. »Nur weg von euch Pinschern.«
»Das geht nicht«, brachte ich mühsam heraus. Ich kniete, konnte nicht aufstehen; ich wollte mich auf meine Arme stützen, aber das führte nur
Weitere Kostenlose Bücher