Der Letzte Askanier
Tatendrang in Erstaunen versetzt.
So war es auch, als sie nach Köpenick ritten, wo wieder eine Urkunde ausgefertigt werden mußte. Zusammen mit den Herzögen Rudolf und Otto von Sachsen und den Fürsten Albrecht und Waldemar von Anhalt bezeugte er, daß die Herren Bodo und Friedrich von Torgau, denen die Herrschaft Zossen gehörte, gegen 250 Pfund Brandenburgischen Geldes abermals mit dem Hofe zu Grube belehnt würden, der dem Kilian von der Groben gehört hatte, ebenso mit dem Kiez zu Potsdam. Ferner belieh er die beiden genannten Herrn ihrer Treue halber mit dem Dorfe Stahnsdorf und der Hakenmühle.
Als das erledigt war, stand Rehbock mit seinem Gefolge am Wasser vorm Schloß und sah die Dahme hinauf. Neben den Herzögen von Sachsen und den Fürsten zu Anhalt waren noch Erzbischof Otto von Magdeburg anwesend, Graf Albrecht von Barby, den Rehbock ›meinen Schwager‹ nannte, und die Ritter Hans Loser, Peter von Heinrichsdorf und Albrecht von Zerbst. Dazu kamen die drei Herren von Torgau – Bodo, Friedrich und Richard.
»Kannst du dich noch an den Juli 1318 erinnern?« fragte Richard.
»Nein«, erwiderte Rehbock und verwies wie stets in solchen Fällen auf die vielen Jahre im Heiligen Land.
»Da waren wir zusammen in Kamenz.«
»Und ich kann mich noch genau an dich erinnern, als du ein Jüngling gewesen bist«, fügte Dietrich hinzu und erinnerte an den September 1295, wo sie sich in der Spandauer Burg im Lanzenwurf geübt hatten.
»Ja, und ich hab dich hier am Oberarm erwischt.« Rehbock, der inzwischen viele dieser Tricks beherrschte, wies mit vager Geste auf dessen rechten Arm, und Dietrich von Torgau konnte sich tatsächlich an das erinnern, was niemals stattgefunden hatte. Oder hatte Rehbock zufällig richtig geraten?
Graf Albrecht von Anhalt brachte das Gespräch auf die Ereignisse um Karl und Ludwig. »Es steht nicht gut um unsere Sache …«
»Ach!« Erzbischof Otto winkte ab. »In Karls Seele wuchert weiterhin der Haß gegen die Wittelsbacher, und der ist durch seine Heirat mit einer Wittelsbacherin nur vorübergehend gebändigt.«
»Sicher«, sagte Waldemar von Anhalt zustimmend. »Ludwig groß werden zu lassen, kann nicht in seiner Absicht liegen; der ist ihm ja jetzt schon viel zu mächtig.«
»So ist es.« Der Erzbischof nickte. »Karls Aussöhnung mit Ludwig soll nur die offenen Feindseligkeiten beenden und ein äußerliches Einvernehmen herbeiführen. Karl steht nach wie vor fest an unserer Seite.«
Rehbock stand dabei, als ginge ihn das alles gar nichts an. Die Passivität war aber nicht nur Folge seiner Krankheit, sondern auch einer Erkenntnis, die ihm bald nach dem Tag von Heinersdorf gekommen war: Er als Markgraf Waldemar von Karls Gnaden konnte keinen Schritt ohne die Einwilligung seiner Vettern machen. Ihm war, als wäre er unter Kuratel gestellt, und er hatte weder die Macht noch den Willen, daran etwas zu ändern. Nun führten sie ihn mit sich durch die Mark, um ihn für ihre Beurkundungen zu benutzen – wie Pergament, Siegellack und Tinte. Erst jetzt begriff er, wie wertvoll Henning von Nienkerken für ihn gewesen war: Gegen dessen Schläue waren seine Verwandten machtlos gewesen, doch nun konnten sie schalten und walten, wie sie wollten. Aber sie sollten sich irren in ihm, noch reichte seine Kraft für vieles.
»So kann es nicht weitergehen!« rief er mit lauter Stimme. »Wir hängen dem Irrglauben an, es gäbe keinen Krieg in meinem Land, aber nur wir sitzen still, die anderen befehden sich nach Kräften. Die Mannen, die Ludwig noch immer ergeben sind, kämpfen gegen die, die zu mir halten. Sie treiben einander das Vieh von den Weiden, besonders an den Grenzen, und fangen sich gegenseitig die Kaufleute weg. Ludwig verspricht den Chorinern, er würde ihnen nachsehen, daß sie sich einem erdichteten Waldemar angeschlossen hätten. Und etliche Städte sollen schon angeboten haben, sich Ludwig dem Römer zu unterwerfen, wenn Karl sie von Landesverrat und Felonie freispricht, weil sie sich mir angeschlossen haben. Darum muß jetzt gehandelt werden, meine Freunde!«
»Was gedenkst du zu tun?« fragte Graf Albrecht von Anhalt.
»Wir müssen Karl jede Möglichkeit nehmen, auf die beiden Ludwige zu setzen!« rief Rehbock.
»Aber wie willst du das ins Werk setzen?«
»Sie müssen auf dem Schlachtfeld sterben!« schrie Rehbock und war kaum noch zu bändigen.
»Soll ich das mit meinen Magdeburger Chorknaben schaffen?« fragte der Erzbischof ohne jede Ironie.
»Nein!« Rehbock
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