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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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sprang auf einen Feldstein. »Wir suchen uns Verbündete, die Geld und Krieger in Hülle und in Fülle haben. Die Dänen, die Polen, die Litauer. Wir wenden uns an den Habsburger, der wenig Liebe für Karl hegt, an Eduard III. von England, an Philipp VI. von Frankreich. Zehntausende von Rittern werden zu uns strömen, und in ihren Fluten werden die Ludwige ertrinken wie Ratten im Meer. Hilf mir, Gott, durch deinen Namen und schaffe mir Recht durch deine Gewalt.« Seine Hände begannen heftig zu zittern, und er kämpfte dagegen an, indem er sie fest ineinander verkrallte. »Die Doria und die Grimaldi aus Venedig hole ich mir in die Mark, den Sultan von Marokko und den Kalifen aus Granada. Alle helfen sie mir, alle sind sie meine Freunde! Auch der Sultan in Jerusalem. Denn von Zion wird das Gesetz ausgehen und des Herrn Wort aus Jerusalem. Nieder mit dem Hause Wittelsbach, es lebe das neue Haus Askanien! Wahrlich, ich aber sage euch: Es soll die Herrlichkeit dieses letzten Hauses größer werden, denn des ersten gewesen ist, spricht der Herr Zebaoth; und ich will Frieden geben an diesem Ort, spricht der Herr Zebaoth.« Er spürte sich innerlich ganz starr werden, und seine Glieder schienen wie bei einer Marionette an Strippen zu hängen, die der Unsichtbare über ihm nur noch ruckhaft bewegte. Sein Mund verzerrte sich zur schiefen Grimasse. »Und Tamerlan, den Mongolen, rufe ich herbei, der wird sie eigenhändig köpfen! Erst den einen, dann den anderen Lu… Lu… Lu…« Er brachte den Namen seiner Widersacher nicht mehr über die Lippen.
    Wie ist mir? Wer bin ich, wo bin ich?
    »Gehen jetzt. Ludewig. Ich. Gott. Ich, es so. Viel. Getreuer Knecht. Auch so dir. Erfülle jetzt das so. Und wenn nicht. Ich, dich voll vernichtet. Wenn du dich. Wehe deiner armen Seele. Räume alles weg. Ich. Strafe auf euch ist!«
    Damit stürzte er vom Stein. Erzbischof Otto und Waldemar von Anhalt fingen ihn auf.
    Die askanische Partei, von seiner Echtheit überzeugt, versuchte natürlich, die Krankheit ihres Markgrafen vor Karl und den Bayern geheimzuhalten, und so lag Rehbock denn lange Zeit im Hohen Haus zu Berlin, von Elisabeth mit geheimen Kräutern, vor allem aber mit ihrer Liebe so gut gepflegt, daß er zeitweise wieder zu Kräften und Verstand kam.
    In solchen Augenblicken erkannte er dann auch, daß seine Sache so gut wie verloren war, denn nicht nur machte sich in der Mark die Gesetzlosigkeit breit, es fielen auch immer mehr Ritter und Städte von ihm ab. Spandau hatte sich auf die Seite Ludwigs des Römers geschlagen, und der hatte den Spandauern alles vergeben, so hieß es, was mit dem unechten Waldemar zusammenhing und gegen ihn geschehen war, und im nahen Havelland waren die Ritter Hermann von Redern, Peter von Bredow und Hans von Rochow, die sich noch am 6. April auf einem Landtag lauthals zu ihm, Waldemar, bekannt hatten, schmählich von ihm abgefallen.
    Allein das Bündnis mit den Herzögen Albrecht und Johann von Mecklenburg, das man ohne ihn geschlossen hatte, bewahrte ihn vor der Kapitulation. Aber wenn er an diese Urkunde auch nur dachte, packte ihn der Zorn, denn als Preis für die Schutzgarantie hatte man ihnen in etwa ein Drittel der Mark zugestanden, das ihnen nach seinem Tode zufallen sollte.
    »Hinter meinem Rücken haben sie das ausgehandelt, als würde ich gar nicht mehr zählen«, klagte er Elisabeth sein Leid. »Nicht einmal meine Einwilligung haben sie eingeholt, obwohl es um das Schicksal meines Landes geht!«
    »Du bist krank gewesen und warst nicht bei Sinnen«, sagte die Begine und reichte ihm einen Becher mit Birnensaft, der ihn kräftigen sollte.
    Die Bewegungen fielen ihm schwer, als hätte er Blei in Händen und Füßen. Sein Rücken hatte sich gekrümmt, und er mußte beim Gehen Halt suchen, sein Gesicht war starr wie eine Maske. »Was stiert er heute wieder so«, hörte er die Leute sagen. Wenn er ein wenig gegangen war und dann stehenblieb, pendelten seine Arme noch ein Weilchen hin und her, und er konnte dies nicht abstellen. Elisabeth mußte ständig bei ihm bleiben, um ihn zu halten und zu stützen. Dann wieder saß er apathisch am Fenster und sah stundenlang hinaus. Zeit gab es keine mehr, nur noch Ewigkeit. Er merkte nicht, daß Elisabeth ihm den Speichel abwischte, der ihm aus dem Mundwinkel rann. Plötzlich aber konnte er in höchster Erregung aufspringen und in die Küche eilen, mit den Dienern schelten oder nach Hans Lüddecke rufen lassen, um mit ihm irgendwohin zu reiten, am liebsten

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