Der Letzte Askanier
Herzögen aus Pommern, Barnim und Bogislav, bis ins Herz der Mark. Mit dem Schwert in der Hand, eine Spur aus Blut und Asche hinterlassend, war er von Norden bis nach Berlin gezogen, das aber fest zu seinem Markgrafen stand.
»Wird er stürmen?« fragte Rehbock bange.
»Ja, wahrscheinlich zwischen dem Spandauer und dem Oderberger Tor. Dort ist unsere schwächste Stelle.« Hans Lüddecke war gar nicht wohl zumute. »Im Augenblick aber läßt er Umwallungen aufwerfen, um sein Lager zu verschanzen.«
»Immer nur Krieg«, klagte Elisabeth. »Selig sind die Friedfertigen … Ach, ja.«
Rehbock sprang auf. »Ich muß dabeisein, wenn … Schnell, meine Rüstung, ich will zu den Mauern!«
Da konnte auch Elisabeth ihn nicht mehr halten. Doch bis er angemessen gekleidet war und endlich hoch zu Roß erschien, hatte der Angriff der Dänen und Pommern schon begonnen. Noch konnten die askanischen Verteidiger dem Ansturm widerstehen. Das Kommando hatten die beiden Fürsten von Anhalt übernommen.
»Lange werden wir uns nicht halten, sie sind deutlich in der Übermacht«, rief Graf Albrecht von Anhalt, als er Rehbock erblickte.
»Sie werfen Faschinen in die Gräben«, ergänzte Graf Waldemar. »Und die Schutzdächer ihrer Widder dazu.«
Das waren Mauerbrecher, die von den Pommern und Dänen nun wie auf Knüppeldämmen vorangeschoben werden konnten. Als sie gegen die Berliner Mauer krachten, brach die an einigen Stellen weg wie morsches Holz unter einem Stiefeltritt. Zugleich schickten die Bliden, die Ballisten, aus ihren Schleudern einen solchen Steinregen über die Mauer hinweg, daß Rehbock und die beiden Anhaltiner nur den Kopf einziehen und davonreiten konnten, während ringsum schon Verletzte lagen. Mit anderen Fliehenden suchten sie im Inneren der Stadt Schutz vor den Geschossen.
»Wir sind verloren«, stellte Rehbock fest. »Herr, Gott, die Rache ist dein! Komm uns zu Hilfe!«
Mitten im Gebet vernahmen sie plötzlich von fernher Trompetensignale, die sie aufhorchen ließen. Sie wagten sich wieder aus der Deckung hervor.
»Das sind die Mecklenburger!« schrie Graf Waldemar von Anhalt. »Sie kommen uns zu Hilfe!«
Als der Dänenkönig bemerkte, daß er nun selbst in Gefahr war, eingeschlossen und belagert zu werden, zog er seinen Angriff zurück und gab seinen Leuten Befehl, sich gegenüber den Mecklenburgern zu verschanzen.
Doch Herzog Albrecht von Mecklenburg zögerte nicht, hieß die Seinen, sich in Schlachtordnung aufzustellen und gab Befehl zum Angriff.
Meilenweit tönte der Schlachtenlärm, das Klirren und Krachen der Waffen und Rüstungen, das Heulen und Schreien der wutentbrannten Krieger, das Dröhnen der Trommeln und Wiehern und Keuchen der Pferde.
Rehbock wollte sich hoch zu Roß ins Getümmel stürzen, er fühlte sich wieder jung und kräftig, doch Elisabeth war ihm nachgeeilt, und sie hielt sein Pferd an den Zügeln fest.
»Nein, du nicht auch!« rief sie und flehte ihn an, zu den Fürsten zu reiten, zu Dänenkönig Waldemar und zu Herzog Albrecht, und sie um Einhalt zu bitten. »Kein Blut sollen sie deinetwegen mehr vergießen! Der Herr hat dich nicht nach Brandenburg gerufen, damit die Heere hier aufeinanderschlagen. Geh hin und stifte Frieden! Um deiner Seligkeit willen! Sei ein Friedensfürst!«
Da ritt er los, brach sich Bahn wie einer, der eben nur durch ein hohes Kornfeld prescht, und sah den Dänenkönig auf einem kleinen Hügel stehen.
»Ich bin es, Waldemar!« schrie er ihm zu. »Haltet ein!«
Und wie durch ein himmlisches Wunder gab der Dänenkönig seinen Leuten das Zeichen, von den Mecklenburgern abzulassen. Herzog Albrecht wiederum wurde von den anhaltinischen Fürsten bestürmt, vom Angriff abzusehen, denn sie fürchteten um das Leben ihres Vetters und Onkels.
Wie zu Salzsäulen erstarrt, standen plötzlich Hunderte von Rittern und Kriegern auf den Wiesen vor den Mauern Berlins und harrten der Dinge, die da kommen sollten. Als die Fürsten zusammentrafen, gelang es Rehbock, sie mit bewegten Worten vom Kampf abzubringen, und er schlug ihnen vor, den Streit vom Schwedenkönig Magnus schiedsrichterlich entscheiden zu lassen.
Dieser Kraftakt aber hatte Rehbocks letzte Reserven aufgebraucht. Am Abend, allein in seinem Zimmer, bekam er einen schweren Anfall, und Elisabeth fürchtete schon, sein Ende wäre nah. Es begann damit, daß er nicht imstande war, den Becher zum Munde zu führen. Immer fuhr seine Hand zu weit nach rechts und streifte nur das Ohr. Das allein versetzte ihn in
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