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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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Meinhard den Feldhauptmann rufen.
    Gegen 1150 waren die Grafen von Arnstein, mit den Askaniern verwandt, ins Ruppiner Land gekommen und hatten, da sie aus Lindau stammten, was im Anhaltinischen gelegen war, den Namen von Lindow angenommen. Zum Kerngebiet der später nach Osten ausgedehnten Herrschaft gehörten an die 30 Dörfer. Zwischen 1330 und 1340 wurde am Wutzsee ein Zisterzienser-Nonnenkloster gegründet, nicht weit entfernt vom Schloß beim Orte Lindow.
    In dieses Schloß nun hatte sich der Rest von Ludwigs Truppe geflüchtet, und Matilde, die Gräfin von Nordheim, eine Cousine der Ruppiner Grafen, ließ es sich nicht nehmen, Ludwigs Wunden zu versorgen und ihn liebevoll zu pflegen. Mit letzter Kraft hatte er Lindow erreicht. Nun ruhte er in einem breiten Bett, und da es kühl geworden war am Abend, prasselte ein kleines Feuer im Kamin.
    »Du siehst noch immer bleich aus«, sagte Matilde. »Der Schlag auf den Kopf, das Fieber …«
    »Es sind nicht die Wunden«, erwiderte Ludwig. »Eher die Erschöpfung … Und der Zorn, daß ich noch immer ein Gejagter bin im eigenen Land – obwohl mich Karl in alle meine Rechte eingesetzt hat.«
    »Ohne sie aber Waldemar zu nehmen«, fügte Matilde hinzu.
    »Ich hoffe, er tut es noch.«
    »Hier, trink!« Sie reichte ihm einen Pokal mit funkelndem Wein.
    Matilde sah ihm beim Trinken zu. »Daß wir uns so wiedersehen müssen.« Sie stöhnte auf. »Was liegt dazwischen: eine lange, bittere, eiskalte Zeit.«
    Ludwig stellte den geleerten Pokal ab. »Ja, hätte ich damals dich genommen … Aber ich habe deine Kraft gefürchtet, deine Schönheit, deinen Ehrgeiz. Und ich wollte nicht immer nur an Landerwerb und Machtzuwachs denken müssen. Ich wollte nicht werden wie dieser Karl, den ich noch immer hasse wie die Pest. Und du hättest mich zu einem Karl gemacht.«
    Matilde setzte sich neben ihn aufs Bett. »Laß sie ruhen, die Vergangenheit.«
    »Was ist mit deinem Haß? Du glaubst, daß ich dir alles genommen habe …«
    »Du warst meine große Liebe …«
    »Ich kenne deine Glut, und es war eine wunderbare Zeit. Aber dein Feuer, das kann einen auch verderben und verbrennen, wenn es vom Zorn genährt wird. Und so hast du diesen Waldemar geschaffen, mich zu vernichten. Er ist deine Rache – oder?«
    »Ja und nein.«
    Ludwig schloß die Augen. »Ich war ein Jüngling damals, und Vater, Brüder, Fürsten und Stände bedrängten mich, von dir zu lassen, weil wir die Ehe mit der Margarethe von Tirol so dringend brauchten wie der Verhungernde den ersten Bissen Brot. O Gott, hätte ich bloß auf alle Würden verzichtet und wäre mit dir in die Berge gezogen! Oft hab ich da, von der Gamsjagd kommend, auf meinem Moosbett gelegen und an dich gedacht. In einem Schloß mit dir wollte ich sein, dort in jenen wilden Klüften, wo der Adler horstet, über dem Rauch der Hütten, von den Wolken berührt, von der aufgehenden Sonne in rotes Gold getaucht. Den Fürstenhut wollte ich hinabschleudern in die Tiefe – und dich in die Arme nehmen.«
    »Dann tu es jetzt!«
    Fünfzehn Jahre lang hatten beide nur auf diesen Augenblick gewartet.

 

    KAPITEL 24
    1350 – Köpenick und Berlin
    W ie ein Mehlsack säße er zu Pferde, sagten die Leute. Rehbock hörte es oft, ohne daß er sich dagegen wehrte. Es war ihm nicht wichtig. Sein Leben floß träge dahin wie der Oderstrom, den es auch nicht weiter störte, wenn jemand einen Stein ins Wasser warf. Er war Markgraf Waldemar, und seine jungen Neffen sorgten für sein Wohl. In seinem Gemüt, da war es mal Tag und mal Nacht, und seine Befindlichkeiten wechselten in Sekundenschnelle. Oft kam er sich wie ein Tier im Winterschlaf vor, und stundenlang konnte er stumpf vor sich hin brüten.
    Auch machte ihm zunehmend das Alter zu schaffen. Die jüngeren Herren im Gefolge spotteten heimlich über ihn, wenn er schon nach ein paar Meilen vom Pferd steigen mußte, meist auch noch mit ihrer Hilfe, um irgendwo am Wegrand sein Wasser abzuschlagen. Seine wenigen Zähne waren faulig, und meist mußte er sich mit Haferbrei begnügen, wenn sich seine Leute einen frisch erlegten Hirsch am Spieße brieten. An den Beinen hatte er Schwären, die nicht heilen wollten, oft bekam er eine Gallenkolik und schrie dann wie eine schwangere Frau.
    Seit seinem ersten Anfall von Blödheit auf der Fürstenversammlung zu Köln war es immer öfter passiert, daß er nicht bei sich war und nicht mehr sprechen konnte. Doch stets hatte er sich schnell davon erholt und alle mit seinem

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