Der Letzte Askanier
jetzt Ludwigs treuer Rat und Sekretär.«
»Nicht mehr Ihr?« fragte der Italiener.
»Er nimmt es mir übel, daß ich auch Karl bewundere.«
»An den werde ich mich wenden müssen, wenn Ludwig nicht gewillt ist, den Bund mit uns zu schließen«, erklärte Boccaccio.
Der Ritter Swiker von Gundolfingen kam vorbeigerannt und störte sie. »Habt Ihr den Konrad gesehen?«
»Nein. Wieso?«
»Der hat mir … Ich erschlage ihn, wenn ich ihn sehe!« Der Ritter lief weiter.
»Was hat er?« fragte Boccaccio.
»Keine Ahnung.«
»Es scheint hier viel Bruderhaß zu geben am Münchener Hofe?«
»Auch nicht mehr als anderswo.«
»Wie sieht es aus mit Ludwig und seinem Stiefbruder, dem Römer?«
»Gut«, war Meinhards Antwort. »Sie haben sich die Sache brüderlich geteilt. Ludwig der Römer hat auf den Besitz von Oberbayern verzichtet und dafür die Mark Brandenburg allein übernommen – und Ludwig der Ältere hat Oberbayern bekommen.«
»Ah, ja … Der Konrad von Teck hat mir erzählt, daß Ihr von Ludwig dem Älteren ausgeschickt worden seid, den falschen Waldemar als Schwindler zu entlarven.«
»Ja, allerdings. Es ist mir nicht ganz aus eigener Kraft gelungen, aber immerhin wissen wir jetzt, wer dieser Waldemar ist: der Müller Jakob Rehbock aus dem Lande jenseits der Oder.«
»Und trotzdem, hört man, halten noch immer viele Städte und Ritter zum falschen Waldemar?«
»Nicht mehr viele, denn Ludwig der Römer geht durchaus tatkräftig ans Werk, anders als sein Bruder, und fast alle huldigen ihm. Er hat schon den Bischof von Havelberg, die Vogtei Salzwedel, die Städte Rathenow, Pritzwalk und vor allem Berlin und Cölln sowie den Erzbischof von Magdeburg auf seine Seite gebracht, aber der Krieg geht weiter – und noch steht die Uckermark fest zum falschen Herrn.«
Boccaccio nickte. »Karl dürfte das alles wohl gefallen, denn am liebsten hätte er ja, wenn die Mark in zwei Teile zerfiele: einen Wittelsbachischen und einen waldemarischen.«
»Sein Wunsch ist es sicherlich, selber Herr der Mark zu werden«, mußte Meinhard bekennen.
»Aber Ludwig der Römer scheint Euch stark genug, ihm zu widerstehen?«
Meinhard lächelte. »Nun, Waldemar wird er bald ausgeschaltet haben, der ist alt und schwach, er aber plant, die Tochter des polnischen Königs zur Frau zu nehmen – und das dürfte Karl nun gar nicht schmecken, da er …«
Weiter kam er nicht, denn plötzlich hallten gräßliche Schreie durch das Schloß. Sie eilten in die Halle hinunter, konnten aber nur noch registrieren, was geschehen war: Der Ritter Swiker von Gundolfingen hatte den Herzog von Teck soeben ermordet.
Markgraf Ludwig der Römer, 1352 schon 24 Jahre alt, war noch immer nicht verehelicht, obwohl er bereits vor siebzehn Jahren der ältesten Tochter Kasimirs, des Königs von Polen, versprochen worden war. Heiratsgut und alle anderen Festsetzungen waren damals bereits vertraglich geregelt worden, und die Hochzeit mit Elisabeth sollte zu Michaelis 1338 gefeiert werden, doch wenige Wochen zuvor war die Sache, wahrscheinlich durch den König Johann von Böhmen, hintertrieben worden, und das Versprechen wurde zurückgenommen.
Ludwig der Römer trug daran keine Schuld, und man kam überein, daß er eine andere Tochter Kasimirs zur Frau bekommen sollte – allerdings war zu diesem Zeitpunkt noch keine weitere geboren worden. Die bisherige Braut, Elisabeth, heiratete statt des Wittelsbachers nun Bogislav, Herzog von Pommern-Wolgast. Als Ludwig der Ältere dann 1345 auf Einladung Kasimirs mit seiner gesamten Familie nach Krakau gekommen war, hatte man sich der alten Geschichten wieder erinnert und beschlossen, den jüngeren Bruder mit Kunigunde zu verheiraten, einer inzwischen geborenen weiteren Tochter des polnischen Königs, knappe vierzehn Jahre alt.
Als Meinhard von Attenweiler das junge Paar jetzt in der Krakauer Marienkirche unter großem Prunk zum Altar schreiten sah, sieben Jahre nach der Vereinbarung der beiden Fürstenhäuser, mußte er mit ebenso süßen wie bitteren Gefühlen an sich und Leah denken, die er in Prag nur kurz gesehen hatte. Alles zwischen ihnen blieb immer nur flüchtig, war mehr Traum als Wirklichkeit. So schön das war, weil es ihre Liebe gleichsam adelte, so schmerzlich war es, daß sie für ihre Verbindung nie den Segen der Mächtigen bekommen würden, weder der im Himmel noch auf Erden, und sie hatten ja auch nichts, womit sich ein Nest für sie und ihre Kinder bauen ließ. Zwei hatten sie jetzt: Judith und
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