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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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befreit, statt ihn der Gerechtigkeit zu übergeben.«
    Meinhard senkte den Kopf und schwieg. Wie hätte er den Spandauern erklären sollen, daß er von Guntzo verhext worden war, fast wie von einer schönen Frau. Guntzos Nähe hatte ihn erregt, sein geschmeidiger und kraftvoller Gang, der an einen Luchs erinnerte.
    Auf einen Wink des Bürgermeisters waltete nun der Peinlein seines Amtes. Zwei Schöffen und ein Schreiber verfolgten das Verhör.
    Bisher hatte Meinhard Verletzungen nur in der Hitze des Gefechts gekannt, und da war ihm der Schmerz fast immer als Ansporn erschienen, als Bestätigung seines Mutes und als Zeichen, daß noch Leben in ihm war. Der Schmerz, der ihn nun erwartete, hatte nichts Heroisches mehr, wehrlos war er ihm ausgeliefert, und die Panik ergriff Besitz vom ihm.
    Kaum zog sich die Daumenschraube zu, begann er schon zu schreien. »Aufhören! Fragt doch die Räuber, die Ihr gefangen habt: Die müssen doch wissen, wie es gewesen ist.«
    »Das haben wir bereits getan. Und alle sagen sie, daß du aus freien Stücken als Bruder bei ihnen warst.«
    Meinhard stöhnte auf. Das war die Rache der Räuber. Tod dem Verräter! Er selbst hatte darauf schwören müssen. »Aber Guntzo, der muß Euch doch gesagt haben, was die Wahrheit ist.«
    »Der ja«, bestätigte der Schreiber, »aber was zählt einer gegen dreißig?«
    »Er ist unser Hauptmann gewesen!« rief Meinhard.
    Der Bürgermeister lachte auf. »Unser – da haben wir's! Echter kann doch kein Geständnis sein!«
    Das war sein Todesurteil. Meinhard begriff, daß er einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatte. Zugleich aber fand er süßen Trost in dem Gedanken, daß Guntzo ihm die Treue hielt. O mein Gott, warum haben wir an der Havelfurt nur so entsetzlich streiten müssen!
    »Gestehst du nun?«
    »Ich habe nichts zu gestehen.«
    Sogleich schlangen sie ihm Stricke um die Hände und zogen ihn zur Decke hoch, daß er den Boden unter den Füßen verlor. Das wäre noch zu ertragen gewesen, doch dann wurden ihm nacheinander immer schwerere Steine an die Füße gehängt.
    Er röchelte und schrie. Nur eines konnte ihn noch retten. »Laßt ab von mir, nur einen Augenblick!«
    Der Bürgermeister gab Befehl, ihn hinabzulassen. Es war die Erlösung für ihn.
    »Nun, warst du einer der Ihren?«
    »Ich will alles zugeben, wenn Ihr mir versprecht, einen Boten zu einer Frau mit gutem Leumund zu schicken, die für mich gutsagen wird.«
    »Willst du damit unsere Gnade erwirken?«
    »Ja, so ist es doch Sitte.«
    »Wer soll es denn sein?« kam die nächste Frage des Gerichts.
    »Leah, die Tochter des Kaufmanns Baruch, den ich vor den Räubern retten wollte.«
    Da lief der Bürgermeister rot an vor Zorn. »In dir muß wahrlich der Teufel stecken! Retten wolltest du ihn? Halbtot geschlagen hast du ihn an der Havel unten, du Hundsfott, noch immer liegt er ohne Bewußtsein zu Hause!« Er ließ sich auf seinen Stuhl zurücksinken. »… und außerdem: Was gilt schon das Wort einer Jüdin!«
    »Wie wagst du mit mir zu sprechen! Ich bin Meinhard von Attenweiler, der engste Freund des Markgrafen Ludwig!«
    Der Bürgermeister lachte höhnisch. »Bist du nicht gar der Markgraf selber? Nach dem falschen Waldemar hätten wir nun auch den falschen Ludwig!«
    »Das werdet Ihr bitter büßen, wenn Ludwig es erfährt!«
    »Zieht ihn hoch und hängt ihm alles an Gewichten an die Beine, was wir haben.«
    Noch zwei Minuten vergingen, dann konnte Meinhard nicht mehr. Wozu noch diese Qualen, wenn er doch nur sterben sollte? »Ich bin kein Ritter!« schrie er. »Ich war von Anfang an bei Guntzo, aus freien Stücken …«
    Damit fiel er in Ohnmacht.
    Als er wieder zu sich kam, packten ihn die Knechte und schleppten ihn hinaus.
    »Wohin bringt ihr mich?«
    »Zur Richtstätte, wohin denn sonst, zum Markt.«
    Was nun kam, durchlebte er wie in einer Trance. Der Markt war schwarz von Menschen. An den Bäumen ringsum waren Männer aufgeknüpft, und die kannte er alle. Vor kurzem erst hatte er ewige Brüderschaft mit ihnen geschworen. Der Lärm, der sich erhob, und der Anblick des Platzes ließen keinen Zweifel, daß er und Guntzo als Rädelsführer galten.
    »Euch hängen sie nicht so einfach, euch flechten sie aufs Rad!«
    In der Mitte des Platzes, in weitem Kreis umringt von der gaffenden Menge, sah er Guntzo Köpcke, festgebunden auf dem Rad und umgeben von den Henkersknechten mit schweren Knüppeln. Als bei Meinhards Erscheinen neue Unruhe entstand, drehte er den Kopf, und ihre Blicke

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