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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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hat.«
    Baruch erkannte ihn sofort. »Gehen wir ein wenig, es wird viel zu berichten geben.«
    Beide gaben sich wie alte Bekannte, und trotzdem blieb es anfangs beim Austausch der üblichen Höflichkeiten. So wandelten sie an der Cöllnischen Stadtmauer entlang, die sich hinzog vom Köpenicker Tor an der alten Roßstraße bis zur Fischerstraße und hier mit einem Turm abschloß. Etwas oberhalb am Fluß blieben sie dann stehen und sahen auf die Spree hinunter, die hier von einem sogenannten ›Baum‹ abgesperrt worden war. Schwere Eichenpfähle, mit Eisen beschlagen, hatte man unter vielen Mühen in den Strom gerammt, um ungebetenen Gästen den Durchlaß mit einem quergelegten Baumstamm versperren zu können.
    Meinhard war inzwischen gesprächiger geworden und erzählte dem jüdischen Kaufmann in aller gebotenen Ausführlichkeit, wie und warum er mit Guntzos Bande durch den Fläming und das Havelland gezogen war.
    Baruch vermochte ihm nicht in allem zu folgen. »Warum aber habt Ihr ausgerechnet mich retten wollen? Ein Dutzend anderer Männer hätte es viel eher verdient als ich, ein Jude.«
    Meinhard war weiß Gott kein Jüngling mehr – dennoch bekam er einen roten Kopf. »Nun ja, ich …«
    Baruch schmunzelte. »Wenn einer so errötet, dann ist eine Frau im Spiel …«
    »Wenn ich ehrlich sein soll …« Meinhard begann mit seinem Geständnis.
    »Was macht's! Und nun weiß ich erst recht, was ich an Leah habe.«
    Meinhard hatte sich wohl nicht deutlich genug ausgedrückt und überlegte, wie er sich die Gunst des Alten sichern konnte. »Um so herzlicher ist mein Dank, daß Ihr mich gerettet habt.«
    »Fast wäre es ja zu spät gewesen, aber ich habe viele Stunden bewußtlos gelegen. Als Ihr am Havelufer mit dem Hauptmann der Räuber gefochten habt, ist ein anderer mit der Keule auf mich losgegangen. Sie haben mich in die Stadt Brandenburg gebracht, und dort hat Friedrich von Lochen nach mir sehen wollen.«
    »Zufall oder Gottes Fügung?«
    »Letzteres ist immer richtig, vordergründig aber sind die Wittelsbacher hinter mir her wie der Teufel hinter einer armen Seele, weil ich neue Gelder lockermachen soll für sie: Der Krieg gegen diesen falschen Waldemar, wie er abzusehen ist, wird immense Summen kosten – und die haben sie nicht. Zudem ist ihr Ansehen in den Städten, vor allem in Berlin und Cölln, nicht eben das beste. Seit September 1345 steht Euer Ludwig nicht mehr hoch im Kurs.«
    »Warum das?«
    »Weil er den Berlinern das Münzrecht nehmen wollte, den alljährlichen Münzverruf, und die enormen Gewinne selbst einstreichen wollte. Er hat ihren altbewährten Münzmeister zum Teufel gejagt, einen gewissen Otto Buch, was den gesamten Rat furchtbar gegen ihn aufgebracht hat. Die Zünfte halten zwar zu Ludwig, aber wie dem auch sei: Der von Lochen ist zu mir ins Hospital nach Brandenburg gekommen, hat mich ja vorher schon suchen lassen in der ganzen Mark.«
    Meinhard blieb beim Thema Waldemar. »Auch Ihr meint also, daß der fromme Pilger aus Jerusalem nie und nimmer der echte Markgraf sein kann?«
    »Möglich ist alles, nur wahrscheinlich ist es nicht. Doch selbst, wenn er echt wäre, könnte er Anerkennung nur dann gewinnen, wenn es ein höheres Interesse daran gäbe, ihn wieder an der Macht zu sehen – also wäre er in jedem Fall ein falscher Waldemar.«
    Solch sophistische Betrachtungen waren ganz nach Meinhards Geschmack, und sie philosophierten noch eine geraume Weile über die verschiedenen Plausibilitäten, die ins Kalkül zu ziehen waren, insgeheim aber hatte er nur den einen Gedanken: Wird er mich einladen zu sich nach Hause, so daß ich Leah sehen kann?
    Endlich sprach Baruch den Satz, auf den Meinhard schon seit Stunden wartete: »Werdet Ihr mir den Gefallen erweisen, Eure Mahlzeit in meinem bescheidenen Hause einzunehmen?«
    Meinhard hatte Mühe, seine Freude zu verbergen. »Nichts täte ich lieber als das.«
    Keine zehn Minuten später stand er vor Leah. Er gab ihr die Hand. Er stammelte Worte, die er sofort wieder vergaß. Ihre Mutter kam aus Spanien. Es gab einen wunderschönen Wandbehang, der David als Psalmendichter zeigte.
    Beim Essen zeigte Baruch auf seinen achtarmigen Chanuckaleuchter und bekannte, daß er immer Sehnsucht nach Jerusalem habe, wo er vor sieben Jahren schon einmal gewesen sei, und er rezitierte:
    »Nach Jerusalem
    Deiner Stadt kehre in Erbarmen zurück
    Wohne in ihr
    Wie Du gesprochen …
    Und strahlen soll das Gotteslicht
    Auf ihrem Haupt als Diadem;
    Und Du

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