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Der Letzte Askanier

Der Letzte Askanier

Titel: Der Letzte Askanier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Horst Bosetzky
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einige Hügel auf. Sie entsprang weit oben in Mecklenburg und floß erst von Nord nach Süd, bis sie dann hinter Spandau ihre Richtung änderte und sich im Bogen der Elbe zuwand. Etliche Städte waren an ihren Ufern gewachsen. Am Oberlauf waren es Zehdenick, wo die Markgrafen Johann I. und Otto III. 1249 im Gau der slawischen Recane ein Zisterzienserinnenkloster gegründet hatten, Liebenwalde, seit 1270 Sitz einer Vogtei, und Bötzow mit Burg und Havelfurt bei Sachsenhausen. Dort, wo sie von Süd nach Norden strömte, am Unterlauf, ragte Rathenow hervor, dessen Burg die Askanier aber schon 1295 abgerissen hatten, und – an der Mündung in die Elbe – schließlich Havelberg mit seinem Dom. Von viel größerer Bedeutung aber waren die drei Städte dazwischen: Spandau, Potsdam und – allen voran – Brandenburg, Namensgeberin der ganzen Mark. Diese Stadt kennenzulernen, war Meinhards großer Wunsch. Noch aber lagerte er mit Guntzos Bande an der Havelfurt bei Saaringen, wo sie auf Beute warteten.
    Guntzo Köpcke verwöhnte ihn mit allem, was es an Speisen und Getränken gab, und ließ alle wissen, daß er Meinhard sein Leben verdankte. »Hätte er nicht todesmutig die Belziger Wache niedergeritten, dann baumelte ich schon lange am Strick.«
    »Trotzdem …« Coppekins Argwohn war noch immer nicht besänftigt. Und ungeduldig war er auch. »Wann ziehen wir endlich weiter nach Ruppin?«
    »Wenn wir die Kaufleute erledigt haben.« Guntzo hatte sichere Kunde, daß der Zug in Kürze eintreffen würde. Etliche Wagen waren zu erwarten, und die Zahl der Reisigen, die man zu deren Schutze mitgenommen hatte, war zu gering, um ihnen gefährlich zu werden.
    Meinhard lag im Gras und sann darüber nach, wie er seinen Kopf aus der Schlinge ziehen konnte. Blieb er bei den Räubern, war sein Schicksal vorbestimmt: Entweder sie fingen ihn und knüpften ihn auf, die Grafen oder die Städter, oder er war gezwungen, sich mit Guntzos Leuten dem falschen Waldemar anzudienen und gegen Ludwig zu kämpfen. Und der kam womöglich noch selber in die Mark, um nach dem Rechten zu sehen. Es war alles aussichtslos … Nur ein tröstlicher Gedanke blieb ihm: die Vorstellung, hier mit Leah im Grase zu liegen.
    Ich saß auf einem grünen Hang
    da blühten Blümelein und Klee
    von mir bis hin zu einem See …
    Gezischelte Befehle rissen ihn aus den Träumen. »In Deckung, die Kaufleute kommen!«
    Sie schlüpften in ihre vorbereiteten Verstecke im Gebüsch am Wege. Meinhard lag neben Guntzo, und ihm schlug das Herz so laut, daß er fürchtete, man könnte es von weitem hören, jetzt galt es. Hielt er sich auffällig zurück, würden ihn die Brüder strafen, machte er aber gemeinsame Sache mit ihnen, erschlug er gar einen vom Kaufleutetroß, war es nicht nur mit seinem Seelenfrieden vorüber, er lief auch Gefahr, die Gunst Ludwigs zu verlieren und gebannt zu werden, denn nach der knappen Flucht aus Belzig konnte er ja nicht mehr behaupten, daß die Räuber ihn gezwungen hätten, bei ihnen zu bleiben. Statt die Chance zur Flucht zu nutzen, rettest du einem Räuberhauptmann das Leben und sorgst dafür, daß er in seinem schändlichen Treiben fortfahren kann. So hörte er sie reden.
    Der Troß näherte sich und schien völlig ahnungslos zu sein. Zwar hatte Coppekin die Hufspuren mit Reisig verwischt, doch ein aufmerksames Auge hätte dennoch etwas merken müssen. Zwei Dutzend Männer mochten sie sein, die Kaufleute und ihre Knechte auf und in den Wagen und sieben Reisige mit Kettenpanzern. Das würde kein Zuckerschlecken für Guntzos Leute werden, aber man hatte zwei Armbrustschützen dabei und eine Reihe von Brüdern, die ihre Lanzen trefflich führten, so daß die Überfallenen keine andere Wahl hatten, als sich zu ergeben. Das brachte dann vielleicht neben der Beute auch noch Lösegeld, von dem man über Monate gut leben konnte. Beim Gedanken an das Lösegeld fiel Meinhard ein, daß er ja eigentlich ausgezogen war, den Johann Purucker nach München zu bringen.
    »Los!« kam da Guntzos Befehl. »Auf sie!«
    Meinhard sprang auf. Ihm war zugefallen, sich auf den dritten Wagen zu stürzen und die Knechte kampfunfähig zu machen. Die hatten inzwischen den ersten Schock verwunden und zu den Spießen gegriffen. Den ersten konnte Meinhard mit seiner Lanze abwehren, der zweite prallte an seinem Lederkoller ab, ohne ihn zu verletzen. Doch so weit wäre es gar nicht gekommen, hätte er nicht wie gebannt auf den Kaufmann gestarrt, der eben aus seinem Wagen

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