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Der letzte Aufguss

Der letzte Aufguss

Titel: Der letzte Aufguss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Carsten Sebastian Henn
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Bietigheim die kleine Treppe
in den Bauch des schwimmenden Heims hinab.
    Hinter ihnen wurde mit einem Knall die Tür geschlossen. Nun stand
Pit vor ihnen. Kokushi lächelte ihn an. Pit lächelte nicht zurück. Nur langsam
gewöhnten sich die Augen des Teemeisters an das schummrige Licht. Vor der Bugluke
stand eine Frau, bei der es sich um Diana Shields handeln musste, und in der
Mitte der langen Koje stand etwas Hüfthohes, Unförmiges. Es sah bedrohlich aus.
    Â»Könnten Sie uns freundlicherweise verraten, warum Sie so plötzlich
nach Cambridge gereist sind?«, fragte Bietigheim und baute sich neben dem
unförmigen Gegenstand auf. Jetzt erkannte Kokushi, dass es ein geöffneter Sack
Grüntee war, aus dem Beutel mit weißem Inhalt hervorlugten.
    Â»Wegen des Forschungsprojekts von Professor Cleesewood.«
    Â»Nein«, erwiderte Bietigheim. »Sie lügen. Das Forschungsprojekt war
nur der Vorwand. Erinnern Sie sich an Ihre Worte, als ich Sie beim
Punting-Boot-Rennen zu Boden warf? Ich helfe Ihrem Gedächtnis auf die Sprünge: ›Lassen
Sie mich in Ruhe! Ich weiß es nicht! Hören Sie? Ich! Weiß! Es! Nicht! Glauben
Sie, ich wäre noch hier, wenn ich wüsste, wo es steckt?< Spricht so jemand,
der aus wissenschaftlichen Gründen in Cambridge weilt? Eher nicht – um es
vorsichtig auszudrücken. Sie waren vollkommen überrascht, dass ich mich auf Sie
warf. Sie waren auf der Flucht vor jemand ganz anderem als mir – und sicher
nicht wegen der Forschungsarbeit. Ihnen, hochverehrter Teemeister, ging es um
etwas ganz anderes und viel Gefährlicheres als eine Forschungsarbeit.« Er hob
einen der Beutel in die Höhe. »Es ging Ihnen um das Kokain, welches in diesem
Sack mit grünem Tee ins Land geschmuggelt wurde. Irrtümlicherweise landete
dieser bei Kevin Shields, dem Hauptabnehmer dieses Tees in England. Sie suchten
ihn natürlich auf, befragten ihn nach den Säcken mit grünem Tee – vermutlich
ohne von dem Kokain zu berichten, denn das hätte Sie ja als Verbrecher
bloßgestellt.«
    Kokushi schwieg.
    Â»Wir sind nur an der Wahrheit interessiert. Pit, bitte.«
    Der nahm Bietigheim den Kokainbeutel ab, riss ihn auf und ließ den
Inhalt langsam durch die geöffnete Luke in den Cam rieseln. Kokushi öffnete den
Mund – schloss ihn dann jedoch wieder, ohne einen Ton zu sagen.
    Â»Wie Sie wollen«, fuhr Bietigheim fort, während Pit den Beutel
vollends leerte. »Möchten Sie wissen, wie wir auf Sie gekommen sind? Ich
verrate es Ihnen: Im Lager von Kevin Shieldsʼ Tea Shop hat jemand alle
Grünteesäcke mit einem Messer aufgeschnitten – genau in der Mitte, um den
Inhalt zu prüfen. Der Schnitt war enorm sauber, die Klinge muss enorm scharf
gewesen sein. So einen Schnitt erhält man nur mit einem Messer, das so viel wie
ein Kleinwagen kostet. So eines wie das, was Sie besitzen, verehrter
Teemeister. Sie wollten prüfen, in welchem Sack sich das Kokain befindet, nicht
wahr?«
    Kokushi schwieg immer noch. Nach einem Nicken von Bietigheim griff
Pit sich den nächsten Beutel Kokain, um ihn langsam im Fluss zu entsorgen.
    Â»Doch den Sack mit den Kokainbeuteln hatte sich Kevin Shields mit
nach Hause genommen, zur internen und externen Anwendung gegen seinen Krebs.
Von dem Rauschgift ahnte er ja nichts. Mit seinem Tod haben Sie also nur
indirekt zu tun, mit den anderen drei Todesfällen gar nichts. Sie sind ›nur<
ein Drogenhändler. Geben Sie uns ein einfaches ›Ja<. Gewissheit ist ein
hohes Gut, vor allem für eine trauernde Tochter.«
    Kokushi blickte zu Diana. Dann nickte er. »Es tut mir leid um Ihren
Vater. Er war ein außergewöhnlicher Mensch.«
    Diana wollte auf ihn losgehen. Pit versuchte, sie zurückzuhalten,
doch irgendwann ließ er sie einfach machen.
    Immer und immer wieder schlug sie auf Kokushi ein, bis dieser
zusammengekrümmt auf dem Boden lag, die Arme vor dem Gesicht gekreuzt. Es
dauerte eine Weile, bis der Rhythmus von Dianas Schlägen langsamer wurde, ihre
Kraft abnahm und stattdessen ihre Tränen zu fließen begannen. Pit schloss sie
in seine Arme, die wie Rettungsringe wirkten.
    Bietigheim hielt es nicht für nötig, Kokushi auf die Beine zu
helfen. »Kevin Shields war tatsächlich ein außergewöhnlicher Mensch – und
handelte mit außergewöhnlichem Pu-Erh-Tee. Um exakt zu sein: mit gefälschtem.
Das ergab der

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