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Der letzte Aufstand

Der letzte Aufstand

Titel: Der letzte Aufstand Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicolas David Carter
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können.“
    Sie ging zu einem Aktenkoffer, der auf der anderen Seite des breiten Tisches lag. Dort nahm sie einen dicken Stapel von Kopien hervor.
    „Ich habe alle geltenden Gesetze der anderen Welt in diesem Dokument festgehalten. Es sind die Dinge, die ihr selbst schon heraus gefunden habt, aber auch Faktoren, die ihr vielleicht heute Nachmittag oder übermorgen heraus finden würdet, wenn ihr weiter an der Sache forschen würdet.“
    Sie ging durch die Reihen und verteilte die zusammen gehefteten Blätter.
    „Studiert dieses Dokument für den Rest des Tages. Scheut keine Mühe. Lernt es auswendig, wenn es sein muss. Ihr müsst die andere Welt so gut kennen, wie diejenige, auf die wir jetzt gerade fokussieren. Auf Seite sieben findet ihr Übungen, die ihr von nun an täglich macht. Es sind alles Techniken, die euch helfen objektiver zu werden und die Interferenz der eigenen Interpretationen los zu werden. Falls es Fragen gibt, findet ihr mich in meiner Kabine. Bitte keine Zeit verschwenden! Wenn es Fragen gibt, keinen Moment lang zögern, sondern an meine Türe klopfen und Klarheit fordern. Das ist das Geheimnis, Leute! Klarheit! Ihr müsst sie energievoll beanspruchen. Sie stellt sich nur selten von alleine ein.“
     
    ☸
     
    Paris, 5 Tage nach „Tag X“
     
    Irgendwie schaffte es Lea, die Gespräche als improvisierte Lückenfüller zwischen den Tischtennis-Spielen zu verkaufen. Die Kunden schienen nicht wirklich wahrzunehmen, dass Lea ihre Motivation näher untersuchte. Aber auf diese Fähigkeit hin war sie ja auch geschult worden.
    Kahil und Lea hatten abgemacht, dass er sich zwei Tage lang um‘s Kochen und um dabei spontan entstehende Gespräche kümmern würde, während Lea systematisch gewisse Fragen zu klären versuchte.
    Zum Beispiel folgende:
    Wie kamen gewöhnliche Bürger dazu von heute auf morgen alle Skrupel niederzulegen und zu potentiellen Massenmördern zu werden? Wieso erschien ihnen der Terror als die einzige Lösung für die Probleme der Menschheit? War der Entschluss ein langsam entstehender gewesen? Oder war ganz plötzlich alles scheinbar klar?
    Warum genau hatten sich Mien Dang für den Eifelturm, Takashi für das Ritz und Jean für einen Kinokomplex entschieden? Wieso nicht ein Schiff auf der Seine oder der Louvre? Wieso diese unerbittliche Verbissenheit in ein destruktives Ziel?
    Lea achtete darauf, dass sie möglichst mit jedem Einzelnen alleine war, wenn sie die Punkte ansprach. Und dann versuchte sie individuelle Trümpfe zu spielen; kleine psychologische Techniken anzuwenden, die den Kunden öffneten oder verletzlich machten, oder ihm Machtgefühle gaben.
    Jean zum Beispiel - das war schnell offensichtlich gewesen - liebte es, Lea auf die Brüste zu starren. Dieses fast schon zwanghafte Interesse benutzte sie, indem sie sich so positionierte, dass er ihr in den Ausschnitt spähen konnte. Und diese Belohnung gab sie ihm immer dann, wenn er sie in seine Seele blicken liess, und sie nahm sie ihm wieder weg, wenn er sich verschloss oder nicht auf ihre Fragen einging. Das ganze ging so dezent über die Bühne, dass Jean nichts davon mitkriegte. Es war, als führe Lea ein komplexes Gespräch mit seinem Unterbewussten, das die Pforten seiner Seele bewachte. Jean war dabei mehr ein Opfer seiner Triebe, als ein bewusst denkender Gesprächspartner. Aber diese Manipulationen mussten sein, machte sich Lea immer wieder klar, schliesslich mussten sie handfeste Resultate vorweisen können, wenn sie unzählige Menschenleben retten und der ATO einen Erfolg möglich machen wollten.
    Jean machte während dieses Katz‘ und Maus Spiels der Geschlechter zwei bedeutende Bemerkungen. Einmal sagte er, dass er sich selbst während des Anschlagversuchs wie von aussen gesehen habe und sich wie zweigespalten vorgekommen war. Das andere Mal sagte er, dass er selbst darüber verblüfft gewesen sei, dass ihm die Notwendigkeit des Terrors nicht schon früher aufgefallen war.
    Genau diese Aussagen hielt Lea später in ihrem Logbuch fest. Es war die Summe solcher Botschaften, die etwas über die zugrundeliegende Motivation aussagte. Alle Gespräche wurden von einem versteckten Aufnahmegerät aufgenommen, so dass auch Kahil spätabends reinhören konnte. Vier Ohren hörten mehr als zwei und vieles musste man zwischen den Zeilen lesen oder mit einer gewissen Hellhörigkeit überhaupt erst als wichtig einstufen.
    Takashi, mit dem sie wenig später eine Partie Schach spielte, war von komplexerer Natur. Wo die

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