Der letzte Aufstand
anziehen.
„Hinter dem Rücken!“, bellte Philippe sie an.
Der Taxifahrer lag bewusstlos am Boden und Yeva musste zuerst seine Beine wegschieben, bevor sie gut an Guillaume rankam. Sie lehnte sich in den Wagen und band Guillaumes Hände hinter seinem Rücken zusammen. Kaum war sie fertig, zog Philippe sie an den Haaren wieder zu sich.
„Geh ins Häuschen dort hinein!“
Philippe schupste sie in Richtung des Wärterhäuschens. Sie stolperte, konnte sich aber auf den Füssen halten. Philippe nahm währenddessen Guillaumes Kevlar-Handschellen von seinem Gürtel und folgte ihr zum Häuschen.
„Mach dich dort an der Stange fest, aber schick mir die Schlüssel zuerst!“
Yeva warf ihm das kleine Schlüsselchen zu, dann machte sie sich an einer dicken Heizröhre fest.
„Was willst du von uns?“, fragte Yeva noch einmal, doch Philippe schloss die Tür vor ihrer Nase. Er ging zum Hintersitz, überprüfte ob Guillaumes Handschellen wirklich fest genug angezogen waren, und schwang sich dann elegant auf den Fahrersitz.
„Nicht schlecht für einen alten Mann, alter Tiger!“, sagte er zu sich selbst. Dann wendete er den Wagen und fuhr querfeldein davon.
☸
Taaah, 190 Tage bis „Tag X“
Drei Tage lang hatte Livia sich jetzt geweigert dem jungen Schnösel zu dienen. Er hatte sie in eine Besenkammer gesperrt. Kein Licht, schlechte Luft. Nur Wasser und Dörrobst brachte er ihr einmal am Tag.
Anfangs hatte sie noch geweint, Selbstmitleid gehabt. Doch das war jetzt vorbei. Jetzt war sie nur noch stur. Es ging nicht mehr nur um ihr persönliches Schicksal und dass sie sich dagegen wehrte, nein, nun ging es um eine grundsätzliche Überzeugung: man hatte Menschen nicht gegen ihren Willen einzusperren und man durfte sie nicht unschuldig zu etwas verurteilen.
Livia hörte Schritte. Es war wieder Zeit. Das würde das vierte Mal werden, dass sie das Ritual durch exerzierten. Er würde die Tür öffnen, sie mit seinen kleinen Knopfaugen anstarren und sie dann anbrüllen.
„Gehorchst du mir jetzt?“
Sie würde den Kopf schütteln, weil sie ihm keine Worte mehr schenken wollte. Ihren Blick würde sie absichtlich auf die Wand richten. Er würde entnervt die Türe zu ziehen, sie dann aber sogleich wieder öffnen und ihr das Wasser und das Dörrobst auf den Boden stellen. Fluchend.
Dreimal war es genau so gewesen. Wieso sollte es jetzt anders sein? Er machte am Schloss rum. Dann fiel Tageslicht in ihre Besenkammer. Der aufgewirbelte Staub tänzelte in den Sonnenstrahlen durch die Luft. Livia wendete den Blick demonstrativ ab und gegen die Wand.
Doch Tam sperrte einfach die Tür weit auf, legte einen Stein vor sie, damit sie nicht wieder zu fiel, und blieb stehen.
„Ich hab dir einen Tee gemacht und einen Teller Mavaki zubereitet. Komm!“
Dann ging er davon, geradewegs in den Garten, den Liv von ihrer Kammer aus sehen konnte, und von wo die Sonnenstrahlen her kamen.
Etwas Warmes essen und trinken ..., die Idee alleine stimmte sehnsüchtig. Dreieinhalb Tage in der Dunkelheit hinterliessen Spuren. Liv schluckte ihren Stolz hinunter und folgte ihm in den Garten. Wenn auch eher widerwillig.
Ein Tisch hing an vier Seilen unter zwei Bäumen mit tiefen Ästen. Rote Blüten mit breiten Blütenblättern, die spiralig angeordnet waren, umgarnten einen tiefschwarzen Stempel. Sie waren wie bunte Kleckse in einem Meer von Grün. Vier Schritte vom Tisch entfernt floss ein Bach und an einem schmalen Steg war ein Floss angemacht. An zwei dicken Ästen hingen auf jeder Seite des Tisches Stühle.
„Setz dich ...“, sagte Tam.
Livia trat an den Tisch heran. Zwei Schalen und je ein Holzlöffel standen neben zwei Tassen mit heiss dampfendem Tee. Sie setzte sich auf einen der schwebenden Stühle und brachte sich mit Hilfe ihrer Füsse, die noch Bodenkontakt hatten, zum Stillstehen.
„Iss!“, forderte Tam sie auf.
In den Schalen war eine weisse milchige Suppe mit kräftig leuchtenden grünen Kräutern, obenauf schwammen brotartige Knödel. Livia roch an der Speise. Dann steckte sie den Löffel in die Brühe und begann zu essen. Es war himmlisch. Eine Art dicker Joghurt mit frischer Pfefferminze, und die Knödel waren mit Pflaumen gefüllt.
„Hast du das gekocht?“, fragte Liv nun doch beeindruckt.
„Nein, meine Schwester war hier. Ich kann nicht gut kochen, nur schnitzen, die Va‘ehr spielen und kämpfen. Aber meine Schwester hat als erste Kunst das Kochen gewählt. Sie ist sehr gut!“
Liv nickte, aber mehr
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