Der letzte Aufstand
sicher stellen, dass es wenigstens den Kunden gut ging. So viel in der Vereitlung zukünftiger Anschläge hing davon ab, dass sie den Kunden ihre Geheimnisse entlocken konnten. Also mussten sie sich wohl fühlen, damit sie sich öffnen konnten. Das war Teil des Jobbeschriebs der C-Teams, und Lea nahm ihre Arbeit ernst. Aber ein anderer Grund, wieso sie nach den Kunden sah, war der Abstand, den sie damit kurz gewann. Die Sache mit Guillaume ging ihr zu nahe. Und Yeva weinen zu hören, ging ihr direkt ins Herz. Das war einer der Gründe, wieso sie und Kahil zu den C-Teams rekrutiert wurden, weil sie beide so empathisch waren, dass das Leid anderer Leute gerade so gut das eigene Leid hätte sein können.
Mien Dang Gao sass mit geschlossenen Augen auf seinem Bett. Lea wusste, dass er regelmässig meditierte. Das war eine dieser Auffälligkeiten, die einfach nicht passen wollten. Normalerweise waren über längere Zeit meditierende Leute ausgeglichen und friedfertig. Sie umwickelten eher nicht die Pfeiler des Eifelturms mit Sprengsätzen, um ihn zu stürzen. Doch genau das hatte Mien Dang Gao getan.
Lea ging zum nächsten Zimmer. In der Mitte des Zimmers lag Takashi im Trainingsanzug auf dem Bauch und trainierte. Er hielt sich fit, indem er täglich zehnmal dreissig Push-Ups machte. Er war genau so ein Rätsel wie Mien Dang Gao. Ein friedfertiger, intelligenter Typ, der Karriere machte und leidenschaftlich Grüntee sammelte, nur um dann plötzlich alles aus dem Fenster zu werfen, weil er die Belegschaft und die Gäste des Ritz in Paris vergiften wollte. Lea schüttelte den Kopf und ging zum nächsten Zimmer.
Tom Varese lag auf dem Bett. Er schien zu schlafen. Neben seinem Bett auf dem Nachttisch brannte eine Kerze, die nur noch klein war. Eigentlich sollte nichts passieren, wenn die Kerze ganz hinunter brannte, aber sicher war sicher. Lea steckte den Schlüssel leise ins Schloss und drehte. Sie wollte Tom nicht wecken. Doch genau in dem Moment spürte sie, wie jemand ihr von hinten ein kaltes Metall an die Schlagader drückte und ihr den Mund mit der flachen Hand verschloss.
„Keinen Laut!“, zischte ihr eine bekannte Stimme ins Ohr.
Lea zog die Hand vom Schlüssel. Sie hob sie instinktiv hoch.
„Wo ist dein Partner?“, hauchte die Stimme.
Wie konnte das sein? Leas Gedanken überschlugen sich. Sie zählte eins und eins zusammen, aber es ergab nicht zwei. Wie hatten die Männer es geschafft die Militärblockade zu überwinden? Wie hatten sie sie gefunden? Es machte keinen Sinn. Wieso hatten die Männer sie in Kanada unverletzt liegen lassen und waren genau so verschwunden, wie sie damals aufgetaucht waren? Und wieso waren sie jetzt wieder hier? Eins und eins ergab in diesem Fall überhaupt nicht zwei.
Sie gestikulierte nach vorne, wo die Küche in zwanzig Meter Entfernung lag.
In der Küche erhob Palms sich wieder von Tisch.
„Ich habe gerade eine SMS an unsere PR-Abteilung geschickt.“, sagte er. „Wir müssen in etwa einer Stunde ...“
Palms kam nicht dazu den Satz fertig zu sprechen. Aus dem Flur drang ein lautes Geräusch in die Küche. Scherben zerklirrten am Boden.
„Was war das?“, fragte Kahil aus dem Büro. „Lea, du hast doch alle Zimmer abgeschlossen, oder nicht?“
Dann hörte man für ein halbe Sekunde Leas Stimme. „Ka ...“, schrie sie. Doch das Wort wurde abgewürgt. Palms rannte schon in Richtung von Leas Stimme.
„Lea?“, rief Kahil. „Lea, was ist?“
Doch die Frage beantwortete sich von selbst. Palms stand wie zu Stein gefroren zwischen Flur und Küche. Als Kahil vom Büro in die Küche gestürmt kam, sah er Lea, und er verstand sofort. Hinter ihr stand der Mann, dessen Bekanntschaft sie in Kanada gemacht hatten. Er hielt ihr das konische lange Eisen an die Gurgel. Hinter ihm standen die gleichen Männer in Schwarz, die er bestens in schlechter Erinnerung hatte.
„Setzen Sie sich an den Tisch! Alle!“, sagte der Mann eindringlich.
Lea war bleich, nur dort wo der Mann das Eisen gegen ihre Haut drückte, war sie rot.
„Ruhig, Mann. Ruhig!“, sagte Kahil. Er setzte sich mit beschwichtigenden Gesten an den Tisch neben Helena.
„Tam, schliess die Tür dort!“
Henk zeigte auf die Tür, welche ins Büro führte.
„Lass sie los, Mann!“, sagte Kahil, so ruhig er konnte.
Henk warf Kahil einen kühlen Blick zu, dann stiess er Lea von sich. „Setz dich, Mädchen!“
Henk drehte sich kurz um. „Bewach sie, Terry!“
Dieser nahm sein Vard hervor und positionierte
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