Der letzte Aufstand
es, keinen Zweifel am pünktlichen Auftauchen der Polizisten zu haben. Tatsächlich waren sie schon dort.
Yeva instruierte die beiden oben mit ihr zusammen zu warten und sie positionierten sich so, dass sie Guillaume unten auf dem Vorplatz des Kinos gut sehen konnten.
Guillaume wartete, sich léger an einer Wand anlehnend. Yeva suchte das Areal mit den Augen nach dem Kunden ab. Im Innern begann sie mit ihm zu sprechen. “Wo bist du, Jean. Komm mir ja nicht zu spät! Wir haben eine Verabredung!”
Die Polizisten standen selbstsicher neben ihr und harrten ihres Einsatzes. Einer Kommissarin der Police Nationale bei einer Verhaftung helfen zu dürfen war durchaus nicht Alltag und würde sicher guten Gesprächsstoff für das Abendessen zuhause liefern. Yeva und Guillaume tauschten einen Blick aus. Es war der erste intime Moment seit gestern. Kurz, flüchtig und intensiv. Guillaume wurde es warm im Herzen.
Dann kam der Kunde. Er war eindeutig zu identifizieren. Es war Punkt 11.18 Uhr, wie Guillaume mit einem Blick auf seine Casio -Uhr feststellte. In knapp fünf Minuten würde Jean sein Leben und das von rund fünfzig Menschen vor den Kinokassen skrupellos beenden.
Guillaume schaute ihn unauffällig ein wenig genauer an. War dieser Mensch skrupellos? War er ein Radikaler? Litt er an einem Minderwertigkeitskomplex? Oder war er einfach das Opfer einer Gehirnwäsche und jemand hatte ihn überzeugt, dass er diesen Anschlag verüben musste? Jean war nicht einfach zu lesen. Auf der anderen Seite war es auch nicht Guillaumes Spezialität Menschen zu lesen und ihre Mimik zu analysieren. Nur eines konnte Guillaume mit Bestimmtheit feststellen: Jean war bleich. Er sah irgendwie fiebrig aus, fand Guillaume.
“Der Kunde sieht nicht gut aus ...”, flüsterte er in den Begleiter.
Yeva wies die Polizisten an ihr langsam zu folgen, aber ein wenig hinter dem Geländer der Galerie, auf der sie standen, zu bleiben, so dass der Kunde beim Hochblicken keine Uniformen sehen würde.
Um 11.20 hörte man wie eine Schar Jugendliche in einem der Gänge, die zum UCG führten, auftauchten. Sie bewegten sich ohne Eile auf die Kassen zu und der einzige Erwachsene war mit einer hübschen Schülerin in ein Gespräch verstrickt.
Guillaume hörte im Begleiter wie Yeva den Polizisten die letzten Anweisungen gab. “Kommen Sie genau sechzig Sekunden nach mir die Rolltreppe hinunter. Nicht früher und nicht später, ja?” Ein bestätigendes In Ordnung war nur knapp vernehmbar. Dann ging Yeva zur Rolltreppe hinüber.
Guillaume sah wie der Kunde in seiner Jackentasche etwas suchte. Die Zeiger auf seiner Uhr zeigten 11.21 Uhr. Guillaume stiess sich von der Wand ab, ging ein paar Schritte und positionierte sich in Jeans Schatten. Er war jetzt etwa fünf Meter von Jean entfernt.
Jean hatte mittlerweile sein Handy hervor genommen und war daran, eine Packung Kaugummi, das er ebenfalls aus der Tasche gezogen hatte, wieder zu versorgen. Guillaume nahm die ATO-Armbinde aus der hinteren Hosentasche und stülpte sie über seinen linken Oberarm. Die neongelbe Armbinde zog sofort die Blicke der Jugendlichen, die jetzt ebenfalls auf dem Vorplatz des Kinos angekommen waren, auf sich. Guillaume wusste, dass jetzt jeder Moment zählte. Bevor die Jugendlichen realisierten was los war, war Guillaume von hinten an Jean herangetreten und nahm ihm schnell und bestimmt das Mobiltelefon ab, welches Jean nur mit leichtem Griff in seiner linken Hand gehalten hatte.
“Police Nationale! Jean Vurieux, sie sind verhaftet!”, sagte Guillaume mit nur leicht erhobener Stimme, um nicht unnötige Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen. Er griff Jean fest am Oberarm und zog ihn in Richtung der Rolltreppe. Doch Jean spielte keinen Deut mit. Genauso wie Guillaume es bereits schon gewusst hatte, entzog er sich Guillaumes Griff und schrie lauthals los: “Was soll das! Geben Sie mir sofort mein Telefon zurück.”
Guillaume versuchte Jean in einen Polizeigriff zu nehmen, doch Jean wehrte sich vehement und versuchte Guillaume mit der Faust ins Gesicht zu schlagen. Die beiden Männer rangen einen Moment lang um die Oberhand, aber Guillaume war seinem Gegner weit überlegen und hatte Jean nach zwei Sekunden bewegungsunfähig gemacht, indem er ihm das Handgelenk gehörig verdrehte.
“Ich komme!”, hörte Guillaume Yevas Stimme im Begleiter. Genau in diesem Moment schrie der Lehrer der Jugendlichen los und eilte Jean zur Hilfe.
“Was soll das! Lassen Sie den Mann in Ruhe! Sie können
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