Der letzte Aufstand
ist, wie ein Muttersöhnchen behandeln? Wieso sollen diese C-Camps mehr einer Hotelanlage, als einem Gefängnis gleichen? Wieso wollen Sie diesen Burschen und Gören die Freundschaft anbieten, anstatt sie mit Bestrafung zur Rechenschaft zu ziehen? Es wird doch wohl niemand hier bestreiten wollen, dass man mit den richtigen Massnahmen in den Interrogationen eher an die Wahrheit rankommt, als mit Händchen halten und gut Freund spielen? Diese falsche Höflichkeit, dieses ganze Vorgehen ... das will mir nicht in den Kopf! Das macht für mich keinen Sinn, Herr Palms!”
Der Präsident von Bangladesh, Abdul Islam Khan, erhob sich.
“Mit richtigen Massnahmen meinen Sie Folter, ja?” Er setzte sich wieder.
Jose Felipe richtete seinen Blick stur auf die Tischplatte und schaute keinen Augenblick hoch. Er blieb Herrn Kahn eine Antwort schuldig, aber alle wussten, dass dieser den Nagel auf den Kopf getroffen hatte.
Palms liess der Versammlung zehn Sekunden Ruhe, bevor er das Wort wieder ergriff. Immer der Stratege, der auch Ruhe als ein Mittel für ein Ziel einsetzte.
“Der Punkt ist der, dass wir es mit meiner Strategie nicht mit Kriminellen zu tun haben werden, sondern nur mit Menschen, die einen terroristischen Anschlag geplant hatten! Verstehen Sie, die A-Teams werden die potentiellen Terroristen ergreifen, bevor sie straffällig werden. Es wird - wenn alles klappt - nicht zu Terroranschlägen kommen! Also behandeln wir die Menschen eher wie Kranke, die unserer Pflege bedürfen, und nicht wie Sträflinge, die sich eines Verbrechens gegen die Menschheit schuldig gemacht haben. Diese Menschen werden genauso schuldig sein, wie jeder andere Mensch, der einmal einen bösen Gedanken hatte, ihn aber nicht ausgeführt hat: unschuldig!”
“Mit dem Unterschied, dass diese Menschen an der Ausführung ihres Vorsatzes gehindert wurden und nicht durch Einsicht davon Abstand nahmen.”, sagte Ahmed Islam Kahn.
Palms nickte. „Sicher, aber wurden wir nicht alle schon einmal von einem Freund beeinflusst?“
Jose Felipe starrte stur auf seine Schreibunterlage und blickte kaum hoch. „Wir sind aber nicht Freunde von Terroristen, oder etwa doch?“
„Aber wir sind Freunde der Menschheit!“, antwortete Palms.
„Meiner bescheidenen Meinung nach sind Sie ein Träumer, Mr. Palms.“
Palms nahm die Worte des Chilenen gelassen.
„Vielleicht, aber Sie als Realist müssen wohl auch zugeben, dass Ihre Realität momentan am Untergehen ist, deshalb schlage ich vor, wir richten uns mal eine Zeit lang nach den Träumen und nach den Träumern. Die Realisten haben lange genug an unserem Planeten herumgewerkelt, denken Sie nicht auch?“
Ein Applaus, in den deutlich mehr als die Hälfte der Teilnehmer einstimmten, ertönte im Konferenzsaal.
„Andere Fragen?“ Palms schaute in die Runde und nahm mit einzelnen Leuten im Publikum Blickkontakt auf. Er liess die Zeit verstreichen. Niemand meldete sich.
„Dann schlage ich vor, wir gehen zur Unterzeichnung der Verträge über, damit die ATO noch heute zu wirken beginnen kann.“
Die Signier-Prozedur dauerte fast zwei Stunden. Doch schlussendlich hatten alle teilnehmenden Staaten unterschrieben, und auch Chile war dabei. Der chilenische Präsident ging am Ende der Konferenz zu Palms und streckte ihm die Hand hin.
„Sie verzeihen mir hoffentlich? Aber ich musste diese Punkte einfach ansprechen. Wenn man so aufgewachsen ist wie ich, dann wird man leider zum Pessimisten, und dieser Pessimismus hat mir schon oft das Leben gerettet. Ich gehe lieber vom Schlimmsten aus und bin dann angenehm überrascht, als dass ich mir etwas erhoffe und dann enttäuscht bin. Und einfach schweigen ..., das bin nicht ich.“
Palms schüttelte seine Hand.
„Ich hoffe wir werden beide noch eine Welt erleben, wo dieser Pessimismus nicht mehr nötig sein wird.“
Mehr sagte er nicht. Mehr gab es auch nicht zu sagen. Alles andere war jetzt in den Händen der ATO, die soeben ihren ersten Atemzug in dieser Welt genommen hatte.
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New York, 201 Tage bis „ Tag X“
Livia wusste genau, was sie mit ihrem angebrochenen Tag anfangen wollte. Nachdem Pete gegangen war, gönnte sie sich zunächst ein heisses Bad und zog sich danach unauffällig an. Sie stülpte sich ihre Perücke über, mit deren Hilfe sie von einer Blonden zu einer Rothaarigen wurde und grabschte ihre Sonnenbrille. Eine bekannte Fernsehreporterin zu sein hatte Sonnenseiten, aber leider auch etliche Schattenseiten. Sich verkleiden zu
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