Der letzte Aufstand
Teil 3
Berichten Sie Ihrem Gegenüber über einen Vorfall, wo Sie in Ihrem Leben etwas taten, von dem Sie genau wussten, dass es falsch ist.
Wie fühlten Sie sich dabei?
Wann meldete sich das Gewissen das erste Mal?
Wie gingen Sie mit Ihrem Gewissen um?
Haben Sie später versucht den Fehler wieder gut zu machen? Wenn nein, wieso nicht?
Wie hat sich ihr Selbstbild durch diesen Vorfall verändert?
Wie haben sich Ihre Werte verändert?
Wie denken Sie heute über Menschen, die ähnliche Fehler begehen?
Was würden Sie sich selbst in der Vergangenheit raten?
Was haben Sie aus dem Vorfall und seinen Konsequenzen gelernt?
Wo in Ihrem Körper fühlen Sie Ihr Gewissen?
Hat Ihr Gewissen Ihnen den Vorfall verziehen?
In welchen ähnlichen Entscheidungen spielt das Gewissen heutzutage eine Rolle?
Wie fühlt es sich an, das Gewissen zu ignorieren?
Alles musste besprochen und diskutiert werden. Diese Übung hatte gestern in ein engagiertes Gespräch geführt, nachdem sowohl Kahil als auch Lea etwas aus ihrem persönlichen Leben preisgegeben hatten und danach Klarheit in Bezug auf all die Fragen suchten.
So tastete man sich unter Anleitung des Ordners in psychologische Tiefen vor, wobei alles immer eine Referenz zum eigenen Leben hatte.
In der Einleitung des Ordners stand folgender Paragraph:
Sie werden als C-Teams nur dann ganze Arbeit leisten können, wenn Sie den Täter in sich entdecken. Wenn Sie ein Vertrauensverhältnis zu einem Kriminellen aufbauen wollen, müssen Sie verstehen, wo Sie selbst kriminell sind und wann, wo und wieso Sie kriminell gehandelt haben. Sie müssen sich als potentiellen Kollegen des Terroristen verstehen. Sie müssen in sich erkennen, was Sie in anderen entdecken wollen. Denken Sie an die Worte des grossen deutschen Gelehrten und Dichters Goethe, der einmal schrieb: „Ich habe niemals von einem Verbrechen gehört, das ich nicht hätte begehen können.“ * Diese Erkenntnis ist das Fundament der Empathie, die Sie den Kunden gegenüber fühlen müssen.
(*Goethe zu seinem Sekretär Eckermann, zitiert nach Umberto Bellini)
Der Ordner war methodisch genial aufgebaut. Er begann am ersten Tag bei Null und führte über eine steile Lernkurve in komplizierteste Systemtheorien hinein und erläuterte, wie diese auf die menschliche Psyche zutrafen. Dabei wurden sogenannte Schlüsselkonzepte immer wieder wiederholt und von verschiedenen Seiten her neu beleuchtet. Der Ordner war das Werk von Leuten, die sehr viel Erfahrung im Unterrichten mitbrachten, das wurde Kahil jeden Tag klarer. Jedes auch noch so kurze Kapitel hatte klar formulierte Aufgaben, Aufträge und Vertiefungspunkte, die diskutiert werden mussten. Folgte man dem vorgegeben Leitfaden, kam man nicht umhin, ein Experte im Verständnis von Kriminalität zu werden.
Kahil zog mit kleinen ruckartigen Bewegungen an der Angelleine, damit die Fische dort unten meinten, es handle sich um einen normalen Wurm, der sich ins Wasser verirrt hatte. Sein Bauch knurrte, es wurde Zeit, dass sie wieder etwas zwischen die Zähne bekamen. Den letzten Fisch hatten sie gestern gegessen und es war kein grosser gewesen. Lea hatte zwar gestern noch Buchennüsse gesammelt und daraus einen Brei gekocht, aber das füllte den Magen eines ausgewachsenen Mannes nur symbolisch.
Kahil hörte Schritte. Er drehte sich um und sah, wie Lea mit dem Ordner unter dem Arm zu ihm kam. Sie setzte sich neben ihn.
„Und? Was steht heute an?“, fragte Kahil.
Lea nahm ihm die Angelschnur aus der Hand und legte den Ordner auf seinen Schoss.
„Lies ...“
Kahil öffnete das Manual, indem er die schwere Kartonhülle zur Seite blätterte.
C-Teams Ausbildungsordner: Tag 7 - 9, Teil 1
Die Wahrheit des Schattens ist ein Faktor, den Sie inwendig kennen müssen. Jeder Mensch hat einen Schatten. Während der drei folgenden Tage mögen Sie nun bitte Ihren Schatten ausleben. Lassen Sie einander in die tiefen Abgründe Ihrer Seele blicken. Fokussieren Sie auf alles was negativ ist. Negativ an ihnen selbst, negativ am anderen, negativ an der Welt, negativ an dieser Ausbildung, negativ an der Situation, usw. Öffnen Sie sich. Zeigen Sie sich gegenseitig, wie viele Vorurteile Sie in sich haben, welche Ängste Sie tagtäglich begleiten, welche Aggressionen Sie an den Tag legen können. Geben Sie sich die Erlaubnis jedes Gefühl zu zeigen und äussern.
Kahil legte den Ordner auf den grasbewachsenen Platz zwischen sich und Lea.
„Ich habe ein
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