Der letzte Aufstand
besprochen hatten. Weil sie dieselbe Situation schon neununddreissig mal gescannt hatten, sahen sie im entscheidenden Moment nicht das was war, sondern das, was sie vorzufinden glaubten.“
Luc sass wie erschlagen in seinem Stuhl. Danielle war ebenfalls bleich. Der typische Fehler, auf den Helena sie in der Ausbildung so oft hingewiesen hatte ...
Die Selbstvorwürfe standen Danielle und Luc quer über die Stirn geschrieben; vor allem Luc, der sich selbst als genau denkenden Mathematiker ohne Vorurteile sah.
„Ich versichere euch jedoch, dass die beiden diesen Fehler nie mehr machen werden! Kopf hoch, ihr beiden. Wir lernen nur aus unseren Fehlern!“, sagte Helena.
Luc seufzte. „Es tut mir leid. Ich weiss nicht, wie das geschehen konnte.“
„Ich denke, der Erfolg unserer ersten Mission ist uns in den Kopf gestiegen. Kurz bevor ich gestern schlafen ging, hab ich die Aufnahme unserer Konversationen mit dem B-Team noch einmal durchgehört. Wir waren irgendwie zu locker, zu selbstgewiss.“, fügte Danielle an.
Luc nickte. „Ja, das kann sein. Wir waren zu selbstsicher ...“
„Der, welcher sich in Sicherheit wähnt, ist verletzlich. Wie gesagt, ich denke, das wird euch nie mehr passieren. Wann ist euer nächster Einsatz?“
„Laut dem Scan von gestern Abend gibt‘s einen Rieseneinsatz in einem Stadion in vier Tagen und etliche kleine morgen und übermorgen. Der nächste Scan findet gleich nach der Sitzung statt.“, antwortete Danielle.
Dann verabschiedete Helena sich, weil sie an ein weiteres Meeting musste.
☸
New York, 201 Tage bis „Tag X“
Das erste Set dauerte knapp fünfundvierzig Minuten. Trevor Palms war Pianist und ein verdammt guter dazu. Pete wusste zwar nicht viel über Jazz, aber so schnell wie der Kerl seine Finger über die Klaviertasten jagte, war es offensichtlich, dass er gut war. Er wurde von einem Bassisten und einem Schlagzeuger begleitet.
Als das erste Set vorüber war, beobachtete Pete den jungen Palms. Er suchte nach einem Anknüpfungspunkt. Etwas, womit er den Pianisten nach dem Konzert in ein Gespräch verwickeln konnte, ihn sozusagen aus der Reserve locken konnte, damit er irgendwas über seinen Vater ausplauderte.
Trevor Palms verbrachte die Pause mit seinen Musiker-kumpanen. Er scherzte rum, trank ein Bier, ging kurz das Bein heben, scherzte wieder rum, und betrat nach zehn Minuten wieder die Bühne. Pete fand durch die Beobachtung nichts heraus, was er hätte verwenden können.
Nach dem zweiten Set war das Konzert vorüber. Die wenigen Zuhörer, die den Weg in die 42. Strasse gefunden hatten, verliessen das Lokal. Pete blieb sitzen. Dann verliessen auch der Bassist und der Drummer den Ort. Sie verabschiedeten sich mit einem Händeklatschen von Trevor und dem Barista.
Es war kurz vor Mitternacht. Der Barista kam zu Pete und sagte ihm, dass er für heute dicht mache. Pete nickte. Er trank sein Bier aus.
„Das war grossartig!“, rief Pete Trevor zu, der gerade daran war seine Tasche zu grabschen.
„Danke!“, rief dieser zurück.
Pete stand auf und lief zu dem Pianisten hinüber. „Pete Torrey, nett Sie kennenzulernen.“
„Trevor Palms!“ Er gab ihm die Hand.
„Ich bin der Chefredaktor bei LTG und würde gerne eine Story über das Jazzklavier in der heutigen Zeit bringen. Hätten Sie Interesse mitzumachen?“
Trevor hielt inne. „LTG, der Fernsehsender?“
Pete holte das Etui mit den Visitenkarten hervor. „Genau ...“ Er streckte Trevor die Karte hin.
„Klar bin ich dabei! Wäre ja blöd, wenn nicht, oder?“
„Kann man so sehen ...“
Pete schleppte den Musiker in ein Restaurant, das bis in die frühen Morgenstunden offen hatte. Ohne allzu offensichtlich zu sein, zerpflückte er den Mann nach den besten Regeln der Interviewkunst. Zusätzlich füllte er ihn mit einem Bier nach dem anderen ab. Schliesslich begann er ihm dezent Fragen über seinen Vater zu stellen. Es klappte, der Sprössling war zu blau, um den Themenwechsel zu bemerken oder hinterfragen.
„Wie war denn deine Kindheit?“
„Voll Scheisse. Mein Vater hat meine Mutter regelmässig verprügelt. Nur Scheisse, sag ich dir! Erst als meine Mutter ihren ganzen Mut zusammen genommen hat und den Kerl vor die Tür gestellt hat, ging‘s aufwärts!“
„Dein Vater hat deine Mutter geschlagen?“
„Geschlagen, gedemütigt, verarscht, betrogen, ... willst du mehr?“
„Ich verstehe. Tut mir Leid!“
„Aber das Arsch ist jetzt aus unserem Leben! Meine Mutter hat
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