Der letzte Aufstand
wieder einen Neuen, der sie anständig behandelt!“
„Hast du denn noch Kontakt mit deinem Vater?“
„Der kann bleiben, wo der Pfeffer wächst!“
„Ihr habt ihn nie angezeigt? Nie ein Verfahren gegen ihn eingeleitet?“
„Zu mühsam. So einer ist mit allen Wassern gewaschen, den kannst du nie und nimmer zur Rechenschaft ziehen. Immer hat er irgendwo einen Kollegen, der ihn aus dem Mist zieht. Nein, das hat keinen Wert. Er soll sein Leben leben und ich lebe meins.“
Pete wechselte noch einmal das Thema. In seiner Manteltasche stellte er das Aufnahmegerät auf Pause. Dann nahm er sein I-Phone hervor.
„Hast du einen Ausweis hier?“
„Sicher. Für was?“
„Ich möchte deinen Ausweis fotografieren, dann gebe ich das Foto morgen meiner Assistentin, damit sie dich in unserem Lohnsystem erfassen kann. Einfach für die Administration, du verstehst?“
„Sicher, kein Problem.“
Er zückte seine Geldbörse und nahm eine ID Karte hinaus. Pete machte ein Foto.
„Wann drehen wir?“
„Wir melden uns, Junge! War gut mit dir einen zu heben!“
Pete konnte sein Glück nicht fassen. Es hatte zu regnen begonnen. Er ging möglichst nahe an den Gebäuden entlang, damit er nicht zu nass wurde. Konnte man so viel Glück an einem einzigen Abend haben?
Zuerst einen Sohn von Palms entdecken, dann den Sohn zu einem Interview überreden, und dann erst noch eine dramatische Story aus dem Journalisten-Bilderbuch serviert bekommen, mit Missbrauch und allem was die Quoten in die Höhe schnellen lässt?
Eine halbe Stunde später war Pete in seinem Quartier. Es war drei Uhr früh. Der Fish and Chips-Laden um die Ecke war gerade am dicht machen, aber Pete schaffte es sich noch kurz herein zu schleichen und sich eine Cola zu beschaffen. Er gab dem Inder, der den Laden seit drei Jahren führte, einen Dollar Trinkgeld. Dann ging er seine Cola schlürfend die wenigen Schritte zu seinem Haus.
Er nahm den Lift, dachte während der Fahrt in den fünften Stock an Livia, hoffte, dass er sie nicht wecken würde. Sie brauchte den Schlaf. So leise er konnte, steckte er den Schlüssel ins Schloss und drehte. Doch das Schloss liess sich nicht drehen. Pete hielt inne. Was sollte das? Die Tür war unverschlossen.
Er dachte nach. Hatte er vergessen die Tür abzuschliessen? Auf keinen Fall. War Livia aufgewacht und um drei Uhr in der Frühe in die Stadt gegangen, nachdem sie ihren alten Professor verloren hatte? Sicher nicht.
Pete machte sich keine Illusionen. Die Zeit, in der er lebte, war krank. Seine Stadt - New York - hatte eine der höchsten Verbrechensraten in den USA. Mit solchen Dingen war nicht zu spassen. Wenn man schon das Glück hatte, eine Sache wie eine offene Tür, die eigentlich zu hätte sein müssen, zu bemerken, dann war man dem Schicksal eine Handlung schuldig.
Pete versuchte erst gar nicht die Tür aufzumachen. Er ging zurück in den Lift, wartete bis die Lifttür zugeglitten war und wählte dann die 911.
„Hallo, Polizei, ich vermute jemand ist in meine Wohnung eingebrochen. Wahrscheinlich sind die Einbrecher noch drinnen.“
Pete gab die Adresse und seinen Namen an, dann legte er wieder auf. Er dachte an Livia. Sie war ganz alleine in der Wohnung. Er versuchte nicht an all die schlimmen Dinge zu denken, die hätten passieren können. Nein, nicht darüber nachdenken. Das lähmt nur, sagte er zu sich selbst. Er drückte auf den AUF-Knopf; die Türe öffnete sich wieder.
Die Polizei war verständigt und würde bald eintreffen. Nun war es an ihm, Livia zur Seite zu stehen, falls tatsächlich jemand in der Wohnung war. Vorsichtig drückte er die Türklinke hinunter, stiess die Tür einen Spalt auf. Es war dunkel. Er richtete seine Aufmerksamkeit in das Apartment, versuchte etwas zu hören, irgendeinen verräterischen Laut zu vernehmen. Doch es war still. Pete schlüpfte in den Flur und zog die Tür hinter sich zu, ohne die Tür ins Schloss zu ziehen, einfach damit das Licht aus dem Gang ihn nicht verriet. Innen angekommen stand er still. Fast eine Minute lang horchte er, ob es irgendetwas zu hören gab. Nichts schien auffällig, doch das machte es nur auffälliger. Pete spürte, dass etwas nicht stimmte, aber was?
Plötzlich hörte er ein schabendes Geräusch. Es kam aus dem Wohnzimmer. Vom Flur, in dem er stand, ging zuerst das Badezimmer nach links ab, dann war rechts ein Gästezimmer, und dann wiederum rechts die Küche. Um an Livia heranzukommen, musste er durch das Wohnzimmer, weil das Schlafzimmer
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