Der letzte Befehl
als das ist es im Augenblick noch nicht.«
»Na ja, wenn Sie immerhin schon irgendwelche Vermutungen haben, dann sind Sie mir schon einen großen Schritt voraus«, gestand Pritchart offen ein, lehnte sich in ihrem Sessel zurück und schlug die Beine übereinander. »Lassen Sie ’mal hören, Admiral.«
»Selbstverständlich, Madame Präsidentin.«
Linda Trenis war eine sehr gewissenhafte Person. Zu ihren größten Stärken dabei, gründlich fundierte Analysen vorzulegen, gehörte ihre Neigung, zunächst einmal jeden Informationsfetzen ausgiebig zu durchdenken, bevor sie ihn in irgendeinen Kontext einzuordnen versuchte. Es war geradezu schmerzhaft offenkundig, dass ihr die Vorstellung, dem Staatsoberhaupt der Republik etwas zu präsentieren, was bestenfalls eine erste, praktisch aus dem Ärmel geschüttelte Vermutung sein konnte, nicht sonderlich zusagte. Doch sie hatte bereits gewusst, dass man genau das von ihr verlangen würde, und so holte sie tief Luft.
»Es könnte zahlreiche Gründe geben, warum jemand von Beowulf uns das wissen lassen möchte. Aber um ehrlich zu sein, wird es wohl nicht daran liegen, dass wir bei diesem ›Jemand‹ so besonders beliebt sind. Bitte beachten Sie, ich habe nicht gesagt, wir wären in der Liga jemals so unbeliebt gewesen wie Manticore, und ich denke, das gilt noch mehr seit der Restauration der alten Republik, aber ›nicht so unbeliebt wie Manticore‹ bedeutet noch lange nicht, dass man uns sonderlich schätzen würde. Vor langer Zeit haben wir uns einmal sehr gut mit ihnen verstanden, aber diese Beziehung ist rasch den Bach ’runtergegangen, als die Legislaturisten ins Spiel kamen. Das Gesetz zur Erhaltung des Technischen Bestands war für viele Beowulfianer der Todesstoß, und so haben sie vor einhundertundvierzig Jahren jegliche technische und nachrichtendienstliche Zusammenarbeit mit uns aufgekündigt ... und bei Manticore war das ganz offenkundig nicht der Fall. Also haben nie sonderlich viele Zweifel bestanden, dass sich die Beowulfianer, wenn sie zwischen uns und dem Sternenimperium wählen müssten, augenblicklich für Manticore entscheiden würden. Und um ganz ehrlich zu sein: Würde ich unmittelbar auf der anderen Seite des Manticoranischen Wurmlochknotens leben, dann würde ich mich wahrscheinlich genauso verhalten.«
Pritchart und Theisman nickten, und Trenis zuckte mit den Schultern.
»Deswegen glaube ich, dass wir davon ausgehen müssen, sie haben uns darüber in Kenntnis gesetzt, weil sie der Ansicht sind, es könne Manticore helfen , und nicht, weil sie denken, es könnte dem Sternenimperium schaden. Mir kam der Gedanke, Beowulf könnte vielleicht besser verstehen, wie wir hier in Nouveau Paris denken, als uns das bislang bewusst ist.«
»Wie bitte?« Erstaunt blickte Pritchart die Chefin des Planungsamtes an, und Theisman runzelte nachdenklich die Stirn.
»Ich will damit sagen, Madame Präsidentin, dass wir von Natur aus und ganz verständlicherweise dazu neigen, die Tätigkeit unseres Spionageabwehrdienstes ganz auf Manticore zu konzentrieren. Aber allmählich frage ich mich, wie gründlich wohl Beowulf die Republik bereits infiltriert haben könnte.«
»Beowulf, Linda?« Theisman klang alles andere als überzeugt, und Trenis blickte ihn fest an. »Wir sind hier wirklich ziemlich weit von Beowulf entfernt«, gab der Kriegsminister zu bedenken. »Warum sollten sie sich die Mühe machen, uns zu infiltrieren? Und falls sie das tatsächlich getan haben sollten, warum haben sie dann keine der Informationen, die sie dabei aufgeschnappt haben, an die Mantys weitergegeben?«
»Um Ihre zwote Frage zuerst zu beantworten, Sir: Wir wissen doch überhaupt nicht, ob sie nicht vielleicht doch Informationen an die Mantys weitergegeben haben, oder?« Theismans Mienenspiel brachte Trenis unwillkürlich zum Lächeln. »Was nun die Frage betrifft, warum sie sich die Mühe machen sollten, uns zu infiltrieren, sollten wir nicht außer Acht lassen, dass wir nun einmal diejenigen sind, die seit den letzten zwanzig T-Jahren gegen ihren unmittelbaren Nachbarn – und Freund – Krieg führen. Darüber wird nicht viel geredet, aber die Nachrichtendienste von Beowulf sind sehr gut. Ich denke, es wäre durchaus sinnvoll für sie, diejenigen im Auge zu behalten, die sich im Krieg mit einem Sonnensystem befinden, das kaum sechs Stunden von ihrem Heimatsystem entfernt liegt.«
Theismans Miene verwandelte sich in ein nachdenkliches Stirnrunzeln, und Pritchart
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