Der letzte Befehl
sie die drei auf und deutete auf die leeren Sessel. »Lassen Sie hören, was Sie – und natürlich Dr. Simes – zu berichten haben.«
»Großer Gott«, sagte eine sichtlich erschütterte Eloise Pritchart mehrere Stunden später. »Großer Gott, Tom! Meinen Sie, das kann überhaupt wahr sein?«
Das letzte Mal, dass Thomas Theisman seine Präsidentin derart bleich erlebt hatte, war unmittelbar nach der Rückkehr von Genevieve Chin und ihren schwer angeschlagenen Überlebenden in die Heimat gewesen, gleich nach der Schlacht von Manticore. Und nur an jenem Tag, als Theisman ihr persönlich den Tod Javier Giscards überbrachte, hatte er mit eigenen Augen gesehen, wie unfassbar erschüttert sie war. Er konnte es ihr nicht verdenken, schließlich war er sich recht sicher, selbst exakt den gleichen Eindruck zu erwecken.
»Ich ... ich weiß es nicht«, gestand er gedehnt ein, lehnte sich in seinem Sessel zurück und schüttelte den Kopf. »Ich weiß es nicht. Aber ...«
Er hielt inne und schloss für einen Moment die Augen. Noch einmal ging er in Gedanken Dr. Simes unfassbare Liste unglaublicher Enthüllungen durch, die ihn getroffen hatten wie eine Breitseite nach der anderen. Und dann waren da noch die sogar noch unglaublicheren – und zum Verrücktwerden unvollständigen – Andeutungen, es gebe noch ungleich mehr zu berichten. Letztere hatte ein Mesaner namens Jack McBryde hervorgebracht, um seinen Wert zu beweisen. Im Gegenzug hatte er um die offizielle Erlaubnis ersucht, zur Republik überlaufen zu dürfen. Damals hatte Theisman kaum etwas anderes tun können, als nur zuzuhören und all die entsetzlichen Kleinigkeiten zu erfahren, die sein ganzes Weltbild erschütterten. Dabei hatte er vorher geglaubt, er wisse, wie die Galaxis organisiert sei. Natürlich konnte all das, was McBryde berichtet hatte, unmöglich stimmen! Und doch ...
»Tatsächlich«, sagte er, öffnete die Augen wieder und richtete sich in seinem Sessel auf, »könnte es durchaus wahr sein.«
»Das muss doch eine Art gut vorbereiteter Desinformationskampagne sein, Madame Präsidentin«, warf Linda Trenis ein. Doch ihr Tonfall verriet sehr deutlich, dass sie ebenso wie Theisman der Ansicht war, das soeben Gehörte könne sehr wohl der Wahrheit entsprechen. Aber es war nun einmal ihre Aufgabe, stets skeptisch zu sein, obwohl tief in ihrem Innersten, wo der Instinkt den geschulten, ausgebildeten Intellekt ablöste ...
»Ich denke, Admiral Theisman könnte recht haben, Linda«, widersprach Victor Lewis. »Ja, ich würde sogar behaupten wollen, ich glaube, dass das alles stimmt.«
Der Leiter des Amtes für Operative Forschung klang, als sei er selbst überrascht, sich das sagen zu hören. Doch seine Miene war tatsächlich die normalste aller im Büro der Präsidentin Versammelten. Während alle anderen etwa so dreinblickten wie ein Stier, dem man gerade ein Schlächterbeil in den Schädel gerammt hatte (zumindest stellte sich Eloise Pritchart das so vor), wirkte Lewis nur äußerst nachdenklich.
»Aber ...«, setzte Pritchart an.
»Denken Sie darüber nach, Eloise«, fiel ihr Theisman ins Wort. Sie schaute ihn an, und er zuckte die Achseln. »Denken Sie darüber nach, was dieser Simes gesagt hat – und Cachat und Zilwicki haben allem zugestimmt, was dieser McBryde zu berichten hatte! So verrückt das klingen mag, das hängt tatsächlich alles miteinander zusammen.«
Pritchart wollte schon erneut protestieren, doch sie zwang sich selbst zum Schweigen. So verrückt, ja wahnsinnig das alles klang, Theisman hatte recht. Das alles hing wirklich miteinander zusammen. Wenn natürlich Trenis recht hatte und das alles war in Wahrheit eine groß angelegte Desinformationskampagne, dann musste das ja auch alles zusammenpassen. Andererseits , ging es der Präsidentin durch den Kopf, gäbe es dann vermutlich nicht ganz so viele Lücken in den Berichten . Wenn jemand der Republik tatsächlich einfach nur ein Märchen auftischen wollte, dann hätte man sich doch gewiss mehr Mühe dabei gegeben, plausiblere Erklärungen und überzeugendere Lügen zu ersinnen, um diese ganzen Lücken zu schließen.
Und sie hätten auch gewusst, dass Zilwicki noch lebte, schließlich brauchte man ihn ja dafür, diese Desinformation zurück in die Heimat zu schaffen. Also hätten sie ja wohl kaum verkündet, er sei tot. Nur dass laut dem Bericht von diesem McBryde die Systemregierung von Mesa nicht einmal weiß, wie sehr es dort vor Agenten dieses ›Alignments‹ wimmelt. Also
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