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DER LETZTE BESUCHER

DER LETZTE BESUCHER

Titel: DER LETZTE BESUCHER Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chris Böhm
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auch noch einmal reden . Das Gespräch neulich mit ihm hatte neue Fragen aufgeworfen, denen er unbedingt nac h gehen musste. Winter hatte die Tote einmal sehr geliebt, soviel stand fest. Es musste ihn sehr g e schmerzt haben, als sie sich von ihm trennte. Was war danach passiert? Angeblich waren sie nach der Trennung gute Freunde geblieben – d ie allerbesten Freunde, wie der Journalist meh r fach betont hatte . Dafür sprach auch, dass sie sich rege l mäßig sahen und Sabine ihn zum Essen zu sich nach Hause eingeladen hatte . Was aber, wenn doch alles ganz anders war? Hatte er vielleicht ge glaubt, Sabine wieder zurüc k gewinnen zu können , und sie hatte ihn abgewiesen? Ja, er musste u n bedingt morgen noch einmal mit Winter sprechen. 
    Als Becker merkte, dass seine Gedanken schon wieder abschweiften, gab er es auf , packte seine Notizen zur Seite und griff zum Bordmagazin, das vor ihm in der Sit z tasche steckte. Ein Artikel über neue technische Sicherheit s maßnahmen bei den Personenkontrollen am Frankfurter Flu g hafen fesselte sein Interesse und hielt ihn wach, bis die Zeichen zum Anschnallen au f leuchteten. Als er zum Fenster hinaus spähte , erkannte er unter sich bereits den Stadtwald der Mai n metropole, der die Stadt vom Süden her wie ein Bollwerk gegen das Umland a b schirmte, und g leich darauf den Henninger Turm, bis heute immer noch ein Wahrze i chen der Stadt. 

    E s regnete, was vom Himmel herunter wollte, als das Flugzeug zur Lan du ng ansetzte. Ralf Hermann e r wartete seinen Chef direkt hinter der Glastür, die die Abflughalle von den einze l nen Gates trennt. Er wurde fast verdeckt von einer wild gestikulierenden Großfamilie, die offe n sichtlich ein Familienmitglied ausdauernd und lautstark ve r abschiedete. Becker atmete auf, als er ihn entdeckte. Er hatte schon befürchtet , Ralf hätte es nicht rechtzeitig g e schafft. Er hätte nur ungern ein Taxi g e nommen. Im Präsidium sah man das nicht so gerne , seit in den Medien in letzter Zeit so viel über die Ve r schwen du ng von Geldern im Öffentlichen Dienst spekuliert wurde.     
    „Hallo Chef, ein Sauwetter ist das. War es in Hamburg auch so scheu ß lich?“
    Becker schüttelte den Kopf und grinste: „Nein, nicht ganz so schlimm. Ich bin aber froh, dass ich zurück bin. Habe Ihnen eine ganze Menge Arbeit mi t gebracht.“
    „Dann müssen wir sicher noch ein mal ins Präsidium . O der möchten Sie vielleicht doch lieber gleich nach Hause?“ , fragte der junge Mann hoffnungsvoll auf dem Weg ins Par k haus.
    Der Kommissar schaute auf die Uhr und meinte u n schlüssig: „ Tja , ... also ich meine ? . .. A ch nein, morgen ist auch noch ein Tag. Bringen Sie mich bitte gleich nach Hause. “
    Ralf schaute seinen Chef verwundert an. So kannte er ihn gar nicht. Sonst brannte d er doch immer darauf, nach einer Recherche alle Ergebnisse möglichst sofort ausz u werten und ihn mit Informationen zu überhäufen. Im Geiste hatte er sich schon auf einen langen Arbei t sabend eingestellt und seiner enttäuschten Freundin für heute a b gesagt, und nun das. Aber ihm sollte es recht sein, mehr als recht sogar, denn jetzt konnte er sie wenigstens mit einem gemeinsamen K i nobesuch ve r söhnen. Schwungvoll fuhr er aus dem Parkhaus heraus und auf direktem Weg nach N eu Isenburg , der kleinen Hugenottenstadt unmittelbar vor den Toren Fran k furts. Dort hatte Becker nach der Trennung von seiner L e bensgefährtin in einer Altba u vil la direkt am Stadtwald im zweiten Stock eine möblierte Wohnung gemietet . Die Hau s b esitzerin, eine alte Dame , b e wohnte mit einer Pflegerin zusammen das Erdgeschoss. Es war ein b e hagliches , etwas altmodisches Haus, das von einem großen verwilderten Ga r ten u m schlossen wurde.
    Zweimal im Jahr kam ein Gärtner, um das Nötigste zu tun . S onst wurde der Garten nur genutzt, wenn, selten genug, die Kinder und Enkel der Vermieterin zu Besuch waren, die dann die Gästezimmer im ersten Stock b e wohnten. Becker hatte ganz zu Anfang ein ei n ziges Mal vom freundlichen Angebot seiner Vermieterin Gebrauch g e macht, sich an schönen Sommerwochenenden oder auch abends in d en Ga r ten zu setzen . Der Lärm der Flugzeuge, die in kurzen Abständen über dem Stadtwald zum Landea n flug auf den Frankfurter Flughafen ansetzten, hatte ihn j e doch schnell wieder zurück in seine Wohnung g e trieben. Dort war es wenigstens ruhig, denn es gab schallschützende Doppelfenster.
    Bisher hatte Becker jedoch nie daran

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