Der letzte Bissen
Blickfeld verschwunden war. Dann drehte er sich um und kehrte an seinen Schreibtisch zurück. »Ja. Zuverlässig, engagiert, ergeben.«
»Hübsch?«
»Auch.«
Jungclausen grinste. »Selbst ein Vegetarier kann Fleischeslust haben.«
Eberwein setzte sich wieder an seinen Schreibtisch. »Wie viel Zeit haben wir?«
»Das Ultimatum läuft in drei Tagen ab.«
»Dann halte mich nicht länger auf.«
Jungclausen nahm seine Aktentasche vom Schreibtisch und Kurs auf die Tür.
»Siggi!«, sagte Eberwein. »Willst du deinen Minister nicht mitnehmen?«
Jungclausen fasste sich theatralisch an die Stirn, ging zum Sofa und weckte seinen Boss.
Der sah ihn müde an. »Ich bin doch nicht etwa eingeschlafen?«
»Nein, Sie haben nur intensiv nachgedacht!«
»Alles geklärt?«
Jungclausen nickte und half dem Mann auf die Beine.
Zum Abschied hob der Innenminister die Hand. »Wiedersehen, Bruno. War wie immer nett, mit dir zu plaudern.«
Jungclausen führte seinen Chef aus dem Raum.
Eberwein drückte einen Knopf. »Frau Semper. Verbinden Sie mich mit Frau Kutah.«
26.
Als Eberweins Anruf sie erreichte, hatten Sarah und Bastian in einem Café gesessen und sich gegenseitig auf den neuesten Stand gebracht. Bastian hatte von den Schüssen auf Willi erzählt, allerdings verschwiegen, dass der nun in seiner Wohnung auf bessere Zeiten hoffte. Sarah musste nicht wissen, wie dick er mit einem Dealer befreundet war.
Sarah bekam feuchte Augen, als sie von Froese berichtete, der im Leichenschauhaus auf Eis lag. Und damit auch ihre Hoffnung, in Kürze ihre Unschuld beweisen zu können.
Man hatte Froese die Kehle durchgeschnitten. Parallelen zum Fall Grieser waren unübersehbar.
Nun lungerten sie in einem Park in Charlottenburg herum, den Eberwein als Treffpunkt ausgewählt hatte. Ein Treffen unter konspirativen Umständen.
Ein paar Enten schwammen im Teich. Zwei Streifenpolizisten patrouillierten und warfen Sarah und Bastian misstrauische Blicke zu. Zu oft waren in der jüngsten Vergangenheit Enten von scheinbar harmlosen Spaziergängern gekidnappt worden.
Bastian und Sarah saßen auf einer Parkbank und hielten Ausschau nach Eberwein. Er war bereits fünf Minuten über die Zeit.
Ein Mann im Jogginganzug stoppte in der Nähe des Teichs und machte ein paar gymnastische Übungen. Bastian zollte dem Sportler Respekt. Er konnte sich körperliche Anstrengungen bei diesem Wetter nur in einer klimatisierten Muckibude vorstellen.
Der Jogger kam auf sie zu. Erst als er die Bank fast erreicht hatte, erkannten sie in ihm Eberwein. Er trug ein Schweißband auf der Stirn und machte selbst im Sportdress eine gute Figur.
»Herr Bennecke, checken Sie die Umgebung. Sarah wird Sie später informieren.«
Widerspruchslos tauschte Bastian den Platz mit Eberwein und spazierte davon.
Sarah schaute den Staatssekretär bewundernd an. »Ist das nur Maskerade oder joggen Sie tatsächlich?«
»Jede Mittagspause. Sonst setze ich Fett an. Haben Sie gut geschlafen?«
Sarah schüttelte den Kopf und berichtete knapp, was in der Zwischenzeit passiert war. Eberwein hörte aufmerksam zu.
»Ich werde meine Fühler ausstrecken«, sagte er schließlich. »Offenbar liege ich mit meiner Vermutung richtig, dass es in Liebischs Abteilung einen Maulwurf gibt. Was ich Ihnen jetzt sage, darf außer Ihrem Kollegen Bennecke niemand erfahren.«
Sarah nickte.
»Wir brauchen jemanden in Wollwebers Nähe. Und zwar sofort.« Er schaute sie an und schmunzelte.
Sarah ahnte den Grund. »Dieser Jemand soll ich sein?«
»Ja.«
»An dieser Aufgabe sind schon andere gescheitert.«
»Wir haben gute Ausgangsbedingungen. Heute Morgen hat der Zoll drei Lkw mit Rindfleisch beschlagnahmt. Ware für Wollweber. Der Mann steht auf dem Trockenen. Seine Kunden machen ihm Dampf, aber er kann nicht liefern. Er hat nur eine Chance, den Schaden zu begrenzen. Wollweber muss bei anderen kaufen.«
»Ich soll ihm Fleisch verkaufen?«
»Es gibt immer wieder neue Händler auf dem Markt. Kleine Fische im Vergleich zu Wollweber und dem Bergmann, aber immerhin. Mit einer Lkw-Ladung Rinderfilets könnten Sie gegenwärtig Wollwebers beste Freundin werden.«
»Meine Legende?«
»Lassen Sie sich was einfallen!«
»Muss ich tatsächlich liefern?«
»Wenn es notwendig ist, auch das. Das werden wir entscheiden, wenn es so weit ist.« Eberwein nahm das Schweißband ab und legte es neben sich auf die Bank. »Bevor wir die Details durchgehen, möchte ich wissen, ob Sie sich das Zutrauen. Wir
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