Der letzte Bissen
»Mein Kollege Bennecke ist Polizist, aber man hat ihn degradiert, weil er sich ab und zu mal ein Steak in die Pfanne haut. Können Sie sich nicht vorstellen, dass man irgendwann die Schnauze voll hat und an seine Altersversicherung denkt?«
»Wo haben Sie das Fleisch her?«
»Wir sind eine kleine, aber feine Truppe von Polizisten und Expolizisten«, sagte Bastian. »Wir haben unsere Ohren überall. Gestern wurde von einem unserer Männer ein Fleischtransport beobachtet. Ein paar Anrufe genügten und unsere Leute haben ihn gestoppt. Leider taucht die Aktion in keinem Einsatzbericht auf und trägt deshalb auch nicht dazu bei, die Polizeistatistik zu verschönern. Sony, wenn es einer Ihrer Transporte war, aber man denkt zuerst an sich.«
»Das ist doch eine Räuberpistole!« Boris kaute auf seiner Lippe herum. »Legt sie um!«, befahl er schließlich und die beiden Männer entsicherten ihre Pistolen.
Sarah sah im Schnelldurchgang Episoden aus ihrem viel zu kurzen Leben vor ihrem geistigen Auge. Dass ausgerechnet der nackte, behaarte, zuckende Hintern von Imogen das Letzte war, was ihr in den Kopf kam, verblüffte sie.
»Schade«, sagte Bastian. »Wir hätten weitere 1,4 Tonnen im Angebot.«
Sein Blick fiel auf sein Spiegelbild im getönten Fenster der Beifahrertür der Limousine und er befand, dass er erstaunlich cool wirkte. Vielleicht war es besser, so zu sterben als dreißig Jahre später sabbernd und keuchend in einem Hospiz. Andererseits - wenn er jetzt das Zeitliche segnete, hieß das noch lange nicht, dass er auch gelebt hatte. Bastian schloss die Augen.
»Moment!«, hörte er da eine Stimme, die er vorher noch nicht vernommen hatte.
Bastian öffnete die Augen wieder und schaute nicht mehr auf sein Spiegelbild, sondern in das Gesicht von Günther Wollweber, der die Scheibe heruntergelassen hatte.
»Was ist mit den 1,4 Tonnen?«
Das interessierte auch Sarah, die Bastian mit großen Augen anstarrte.
»Morgen Abend geht ein Transport mit 1,4 Tonnen Fleisch von der Asservatenkammer zur Müllverbrennungsanlage. Ich bin zufällig Beifahrer auf dem Lkw. Und zwei unserer Freunde begleiten uns im Streifenwagen. Wir hatten uns einen schönen Plan ausgedacht.«
Günther Wollweber musterte Bastian und Sarah. Dann winkte er seinen Sohn zu sich.
Boris kletterte in die Limousine und schloss die Tür.
»Du glaubst denen die Geschichte?«
»Die Frau ist eine suspendierte Polizistin, das hat uns Petersen bestätigt. Sie hat nicht Unrecht mit dem, was sie gesagt hat. Sie hätte bei uns keine Chance gehabt, wenn sie mit der Wahrheit rausgerückt wäre.«
»Sie hat um ihr Leben geredet.«
»Siehst du irgendwo Polizisten?«
Boris legte seine Stirn in Falten. »Ich weiß nicht.«
»1,4 Tonnen, die könnten wir jetzt gut gebrauchen.«
»Es könnte eine Falle sein.«
»Es könnte aber auch unsere Rettung sein. Umlegen können wir die beiden immer noch.«
Sarah und Bastian traten von einem Fuß auf den anderen. Minuten schlichen vorbei wie Stürmer des MSV Duisburg. Ihr Leben hing davon ab, ob ihre Geschichte glaubhaft war und Wollwebers Gier groß genug. Die beiden Maskierten zeigten keine Regung. Sie würden sie emotionslos umlegen wenn der Daumen nach unten gezeigt würde. Sie würden aber auch keine Freudensprünge machen, wenn sie den Job nicht zu machen brauchten.
Endlich stieg Boris Wollweber wieder aus dem Wagen Bastian und Sarah hielten den Atem an. Boris bedeutete den beiden Maskierten, zu ihm zu kommen, und gab Anweisungen. Sie liefen an Sarah und Bastian vorbei, steckten ihre Waffen weg und begannen, die Kisten vom Lieferwagen in den Helikopter umzuladen.
Die Kuh war vom Eis. Bastian spürte, dass sein rechter Fuß eingeschlafen war und er dringend aufs Klo musste. Sarah hatte plötzlich Hunger und ärgerte sich, dass sie das Marmeladenbrot heute früh nicht aufgegessen hatte. Jeder Körper reagiert anders, wenn ihm das Gehirn mitteilt, dass wider Erwarten das bereits abgepfiffene Leben in eine Verlängerung geht.
»Wir sind interessiert«, sagte Boris Wollweber, als sei nichts weiter passiert.
»Wir auch!« Sarah merkte, dass ihre Stimme wieder kraftvoll klang. »An einhunderttausend Euro.«
»Die gibt es, wenn das andere Geschäft geklappt hat.«
»So kann die Sache nicht laufen.« Bastian schüttelte den Kopf. »Wir müssen ein paar Leute schmieren. Dafür brauchen wir das Geld. Ohne Startkapital kriegen wir die Sache nicht gebacken.«
Boris schien nachzudenken. Schließlich öffnete er den
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