Der letzte Bissen
Harder war beeindruckt.«
Boris brach in Gelächter aus. »Gut. Sehr gut. Und ich habe gedacht...«
»Wir werden den Kapitalisten den Strick verkaufen, an dem wir sie aufhängen werden.« Günther Wollweber legte seinem Sohn die Hand auf den Arm. »Das hat, glaube ich, Lenin gesagt. Kein Dummer.«
Am Eingang der U-Bahn-Station stand nun ein Mann, der trotz der Hitze Jeans und ein modisches Sakko trug. Er blickte sich suchend um.
Boris drückte auf die Hupe. Der Sakkoträger nahm Kurs auf die Limousine. »Das ist unser Mann.«
»Zuverlässig?«
»Er steht zwar erst seit ein paar Monaten auf unserer Gehaltsliste, aber bisher war jeder Tipp richtig.«
»Du glaubst, dass er diese Eva Wölke kennt?«
»Ich hoffe nicht. Denn wenn er sie kennt, ist sie Polizistin.«
Die hintere Wagentür öffnete sich und der Mann setzte sich auf die Rückbank.
»Schön, dass Sie Zeit haben.« Boris begrüßte den Mann per Handschlag und wandte sich an seinen Vater. »Vater, darf ich dir Herrn Petersen vorstellen.«
33.
Der Dicke aus der Asservatenkammer kam ins Schwitzen. Gemeinsam mit Bastian schleppte er zehn Kisten mit insgesamt dreihundert Kilogramm Rindfleisch in den Lieferwagen. Sarah stand etwas abseits und unterhielt sich mit Eberwein. Hin und wieder schaute Bastian zu ihnen, aber eine intime Szene schien sich nicht zu wiederholen.
»Was hättet ihr sonst mit dem Zeug gemacht?«, wollte Bastian wissen.
»Morgen Abend geht ein Transport zu einer Müllverbrennungsanlage. Dann raucht der Schornstein.«
»Welcher?«
»Jedes Mal ein anderer. Vor einem halben Jahr ist ein Transporter überfallen und 1,4 Tonnen Schweinefleisch sind geklaut worden. Seitdem wird die Route erst eine halbe Stunde vor Abfahrt bekannt gegeben. Auch das Wachpersonal wechselt ständig.«
»Der Überfall damals - waren da Kollegen beteiligt?«
Der Dicke nickte und wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß von der Stirn. »Bei Fleisch kannst du keinem trauen.«
»Und? Selbst mal in Versuchung gekommen?«
Der Koloss schüttelte den Kopf. »Da könnte ich mir gleich eine Kugel in den Kopf jagen.«
»Man muss sich ja nicht erwischen lassen.«
Der Dicke schloss die Tür des Lieferwagens. »Darum geht’s nicht. Ich habe eine Stoffwechselkrankheit. Ein Gramm tierisches Eiweiß oder tierisches Fett und sie können mich einsargen. Und find mal einen Sarg, in den ich passe.« Er trollte sich.
So kann man sich täuschen, dachte Bastian.
Sarah kam heran. Von Eberwein war nichts mehr zu sehen. Es war kurz vor zehn.
»Wie sieht unser Plan aus?«, wollte Bastian wissen.
»Wir werden die Ware liefern. Wenn Boris oder Günther Wollweber am Treffpunkt auf tauchen, wird der Zugriff erfolgen.«
»Gibt es irgendwas Schriftliches von dir, wie die Trauerfeier ablaufen soll? Willst du verbrannt werden? Wer sind die Erben?«
Sarah antwortete mit einem fragenden Blick.
»Das ist ein Himmelfahrtskommando! Wollweber ist doch nicht blöd. Er wird uns als Geiseln nehmen oder auf der Stelle erschießen.« Bastian redete sich in Rage. »Springst du auch vom Fernsehturm, wenn es dir dieser Eberwein befiehlt?«
Er wollte seine Kollegin nicht in den sicheren Tod rennen lassen. Auch die besessenste Vegetarierin beißt sicherlich nicht gern ins Gras. Abgesehen davon, dass er in diesem tödlichen Spiel die zweite Leiche abgeben würde. Bastian hatte nicht vor, die Pensionskasse der Polizei zu entlasten. Und schon gar nicht wollte er sterben, bevor das Zeug verspeist war, das er in seiner Abstellkammer versteckt hatte.
»Du bist doch nicht etwa eifersüchtig?«, fragte Sarah spitz.
Bastian blähte die Wangen auf und pustete die Luft wieder aus.
»Was soll denn passieren?«, sagte Sarah. »Ich bin verkabelt, im Wagen ist ein Sender, ein SEK lässt uns nicht aus den Augen!«
»Zu lang für einen Grabstein. Wie wäre es mit: >Sie war nett, aber naiv.<«
Sarahs Gesichtszüge verhärteten sich. »Danke, Partner, dass du mich so aufbaust. Das kann ich gut gebrauchen.«
In diesem Moment klingelte Eva Wölkes Handy.
Bastian guckte auf die Uhr. Genau zehn.
Sie fuhren schweigend in Richtung Wandlitz, an den nördlichen Rand Berlins. Alle fünf Minuten erkundigte sich Boris Wollweber telefonisch, wo sie sich befanden, und gab weitere Anweisungen.
Bastian steuerte den Lieferwagen und schaute hin und wieder in den Rückspiegel. Aber er konnte kein Fahrzeug ausmachen, das ihnen folgte. Es war ihm ein Rätsel, wie es das SEK schaffen wollte, sie nicht aus den Augen
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