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Der letzte Bissen

Der letzte Bissen

Titel: Der letzte Bissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leo P. Ard
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gewachsener, athletischer Mann mit einem Dreitagebart, nickte dem Anwalt zu.
    Krischka war bei einer Spezialeinheit der Bundeswehr gewesen, die bei jedem Auslandseinsatz mitgemischt hatte. Mit vierzig hatte er aus Altersgründen in den Innendienst versetzt werden sollen, was er aber ablehnte. Stattdessen wurde er Bodyguard. Jetzt hatte der Mann die fünfzig überschritten und immer noch einen Körper, um den ihn Dreißigjährige beneideten.
    Seine Leute zollten ihm Respekt und Harder wusste, dass sie sich für ihren Boss eine Hand abhacken lassen würden.
    Der Anwalt legte seinen Helm auf den Sitz des Motorrads. »Sie haben meine Botschaft bekommen?«
    »Natürlich. Auf Rosa ist Verlass.«
    Rosa hieß die Brieftaube, die Harder mit der Botschaft losgeschickt hatte. Im Brustgefieder hatte sie ein paar rosa Federn, eine Laune der Natur.
    Die Idee, Brieftauben als Kommunikationsmittel einzusetzen, war einer Kindheitsprägung zu verdanken. Denn im Ruhrgebiet hatten Taubenzüchtervereine sogar heute noch mehr Mitglieder als die politischen Parteien zusammen. Schon im Jahre 1572 hatten die Holländer die spanischen Invasoren, die Haarlem belagerten, mit Brieftauben ausgetrickst. Und nun, fast vierhundertfünfzig Jahre später, freute sich Harder, dass es mit tierischem Einsatz gelang, die Polizei mit ihrer ausgetüftelten Überwachungs- und Abhörtechnik zu überlisten.
    Der Anwalt betrat die Küche des Bauernhauses. Ein Dutzend Männer, mit Kaffeetassen und belegten Broten bewaffnet, begrüßte ihn mit Kopfnicken.
    »Herr Krischka hat Ihnen ja schon mitgeteilt, um was es heute Nacht geht. Er wird Ihnen auch nicht verheimlicht haben, dass Sie mit Widerstand rechnen müssen. Ich würde mich freuen, wenn Sie alle wohlbehalten zurückkehren würden. Wenn die Aktion erfolgreich ist, werde ich Ihnen eine Prämie von fünftausend Euro pro Person zahlen.«
    Wie erwartet, gab es Beifall.
    Harder schaute sich die Anwesenden der Reihe nach an: junge, kräftige Männer mit sympathischen Gesichtern. Wenn alles glatt ging, würden sie morgen Händchen haltend mit ihren Frauen oder Freundinnen an den Wannsee fahren, Eis essen, schwimmen und Spaß haben. Wie so viele andere junge Männer. Heute Abend aber gab es eine Kleinigkeit, die sie von den meisten ihrer Altersgenossen unterschied: Sie trugen die Uniform der Berliner Polizei.
     

43.
     
    Am Abend trafen sich Sarah und Bastian mit Eberwein auf dem Hof der Asservatenkammer. Er machte sie mit den vier Männern bekannt, die den Transport bewachen sollten. Die beiden Insassen des begleitenden Streifenwagens sollten sich als Freunde von Sarah und Bastian ausgeben, der Fahrer des Lkw sowie der Beamte, der hinten im Laderaum saß, dagegen als ganz normale Polizisten, die treu und redlich ihren Job verrichteten. Und es war verabredet, dass niemand Widerstand leistete.
    Sie beugten sich über den Stadtplan und besprachen die Details.
    Bastian sah auf die Uhr. »Kurz vor acht. In zehn Minuten müssen wir los.«
    Eberwein nickte. »Bei der ganzen Aktion ist nur eins wichtig. Sie müssen Wollweber beeindrucken. Sie müssen sich unverzichtbar machen. Er muss glauben, dass er mit Ihnen das ganz große Los gezogen hat.« Er wandte sich direkt an Bastian. »Ich bin untröstlich, was mit Willi Köstler passiert ist. Wir schnappen die Kerle, die ihn umgebracht haben. Das verspreche ich Ihnen.«
    Bastian hatte den Eindruck, dass Eberwein es ehrlich meinte. Vielleicht war der Kerl ja doch ganz nett.
     
    Zwanzig Minuten später saß Bastian auf dem Beifahrersitz des Transporters und schaute aus dem Fenster. Die Berliner saßen auf den Außenplätzen der Restaurants, Cafés und Bars und genossen die angenehmen Temperaturen. Es war immer noch über zwanzig Grad warm, obwohl die Sonne schon hinter den Hochhäusern verschwunden war.
    Bastian fragte sich, warum er nicht mitten unter diesen Menschen hockte. Warum hatte er sich von Eberwein und Sarah zum zweiten Himmelfahrtskommando an einem Tag überreden lassen? Weil er ein guter Polizist war? Auch. Weil er der Fleischmafia gewaltig auf die Füße treten wollte? Auch. Weil er sich in Sarah verguckt hatte und sie beeindrucken wollte?
    Er stöhnte leise. War nicht sein ganzes Leben von Frauen bestimmt worden? Es war seine Mutter gewesen, die ihm die Bewerbungsunterlagen für den Polizeidienst mitgebracht hatte. Es war seine Jugendliebe Claire gewesen, die ihn dazu gebracht hatte, sich seine erste eigene Wohnung zu suchen, Michaela, die ihn zu seinem ersten

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