Der letzte Bissen
Geburtstagsfete zu fortgeschrittener Zeit im heimischen Garten praktiziert worden war.
Ihr zweiter Freund hieß Rolf, Deutschlands Antwort auf Leonardo DiCaprio. Er hatte auch mit sechsundzwanzig noch ein Milchbubengesicht und wirkte im Umgang mit dem anderen Geschlecht extrem unbeholfen. Das weckte die fraulichen Beschützerinstinkte. Nach zwei Jahren musste Sarah allerdings feststellen, dass andere Frauen ebenso empfanden und Rolf mit dieser Masche die Hälfte seiner weiblichen Kommilitonen flachgelegt hatte. Dann folgten in schneller Folge Tim, Christian und Markus, Kollegen aus der Polizeiführungsakademie, die sich aber nicht wie sie nach einer langfristigen Beziehung sehnten, sondern ihren Trieb ausleben wollten, bevor die Karriere ihnen keine Zeit mehr dafür ließ. Mit ihrem Lehrgangsleiter verband Sarah anschließend vier Monate eine platonische Liebe. Nach einer Nacht auf den Matten der Polizeisporthalle endete diese Liebe mit Kreuzschmerzen und einem schlechten Gewissen. Der fünfzehn Jahre ältere Mann war verheiratet und hatte sieben Kinder.
Bevor sie Imogen kennen lernte, hatte Sarah es sogar mit einer Kontaktanzeige versucht. Vier Schnuppertreffen brachten weitere Klarheit über die schlichte Struktur der Spezies Mann und Stoff für amüsante Frauenabende in der Kneipe. Die Nummer fünf hieß Kai-Uwe Stoltinger und stammte aus dem katholischen Altötting, was sie hätte misstrauisch machen sollen. Beim ersten Treffen in einem indischen Restaurant entpuppte er sich jedoch als humorvoller Erzähler, charmanter und aufmerksamer Begleiter und spendabler Einlader. Er war von Beruf Softwareentwickler und besaß ein eindrucksvolles Loft über den Dächern von Reinickendorf. Für ihr zweites Treffen, sein Heimspiel, hatte er vegetarische Spezialitäten aus einem japanischen Edelrestaurant und Rotwein von der Tankstelle besorgt. Seine Küche war so sauber wie ein frisch geputzter Kinderpopo, sie war offenbar noch nie benutzt worden. Bis zur Verabschiedung um Mitternacht hätte Sarah den Abend mit der Note drei auf der nach oben offenen Flirtskala bewertet und mit einem Abschiedskuss vor seiner Haustür weitere Optionen andeuten wollen. Kaum hatten sich jedoch ihre Lippen berührt, da schloss Kai-Uwe die Augen und fiel einfach um. Mithilfe von Passanten hatte Sarah den armen Kerl wieder zum Leben erweckt. Er war grußlos ins Haus geeilt und hatte nie wieder etwas von sich hören lassen.
Mit Imogen schien es gut zu laufen, und wenn es diesen ultimativen Vertrauensbruch mit Petra nicht gegeben hätte, wären sie sicherlich noch eine Weile zusammengeblieben. Vermutlich steckte sie die Enttäuschung über das verfrühte Ende der Beziehung so gut weg, weil mit Bruno Eberwein ein Traummann in ihr Leben getreten war.
Immer wieder hatte sie während dieser Nacht auf Bastians Sofa an die bisherigen Begegnungen mit Eberwein gedacht. Seine zärtlichen Berührungen auf der Parkbank. Wie er ihr eine Strähne aus der Stirn gestrichen, ihr Gesicht gestreichelt und ihr einen Kuss auf die Wange gehaucht hatte.
»Wenn das hier vorbei ist, dann möchte ich Sie gern zum Essen einladen«, hatte er ihr ins Ohr geflüstert und dabei seine Hand auf ihr Knie gelegt. Das Beben, das ihren Körper erschüttert hatte, hatten wahrscheinlich noch die Seismografen auf den Malediven registriert.
»Ich weiß, woran du denkst«, sagte Bastian und riss Sarah aus ihren Tagträumen.
»Ach?!«
»Ob wir es nicht besser sein lassen sollen.«
Sarah goss sich Kaffee ein und widersprach: »Es gibt Dinge im Leben, die man einfach riskieren muss. Sonst ärgert man sich das ganze restliche Leben, dass man es nicht versucht hat.«
42.
Harder lenkte das Motorrad auf das Gelände eines Bauernhofs in Wustermark, am Rande Berlins. Es hatte ihn eine Stunde gekostet, die zwei Polizisten abzuschütteln. Er war mit seinem Wagen zu einer Sauna gefahren, die er durch einen Hinterausgang bereits wieder verlassen hatte, als die beiden Verfolger noch überlegten, ob sie saubere Unterwäsche trugen. Er hatte den Bus und die S-Bahn benutzt und zuletzt hatte ihn ein Taxi zu seinem Motorrad gebracht, das in einer Garage bereitstand.
Er hielt an und parkte seine Honda auf dem Hof. Es war niemand zu sehen, aber Harder war sich sicher, dass mehr als eine Pistole auf ihn zielte. Er nahm den Helm ab, damit die Leute ihn erkannten.
Die Haustür öffnete sich knarrend und Krischka, sein bester Mann, kam ihm entgegen.
»Alles klar?«
Krischka, ein hoch
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