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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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wieder zu setzen.
    »Ach, Mrs. Jarman«, sagte Morse, »darf ich Sie noch um etwas bitten? Ich weiß, es ist schon spät, aber ich könnte jetzt gut eine Tasse Tee gebrauchen.«
    »Aber selbstverständlich, Inspector. Hätten Sie das doch gleich gesagt.« Sie eilte in die Küche, und die beiden konnten im Wohnzimmer hören, wie sie den Wasserhahn aufdrehte und kurz darauf mit den Tassen klapperte.
    »Das war gute Arbeit, Sergeant.«
    »Danke, Sir.«
    »Hören Sie zu. Dieser Bus. Wir müssen sehen, daß wir so schnell wie möglich den Fahrer auftreiben.«
    »Aber Sie sagten doch, die Busfahrer seien schon alle befragt worden.«
    »Dann befragen Sie sie eben noch einmal.«
    »Werde ich machen.«
    »Und noch was«, sagte Morse. »Kümmern Sie sich um den Sattelschlepper! Mit ein bißchen Glück müßte der zu finden sein.«
    »Glauben Sie wirklich?«
    »Na, Sie haben doch schließlich die genaue Zeit – was wollen Sie denn noch, Mann?«
    »Ist das dann alles, Sir?« fragte Lewis kleinlaut.
    »Nein. Bleiben Sie, und machen Sie noch ein paar Notizen. Es dauert nicht lange.«
    Die Küchentür ging auf, und Mrs. Jarman kam zurück. »Mir ist gerade eingefallen, ob die Herren nicht vielleicht lieber ein bißchen Whisky statt Tee hätten? Ich habe schon seit Weihnachten eine Flasche hier stehen – ich selbst trinke ja so etwas nicht.«
    »Also, Mrs. Jarman«, sagte Morse, »das finde ich aber wirklich eine gute Idee.« Lewis lächelte entsagungsvoll. Er wußte schon, was jetzt kam.
    »So ein kleiner Scotch ist jetzt genau das Richtige. Trinken Sie doch auch ein Gläschen mit.«
    »O nein, Sir. Für mich lieber Tee.« Sie öffnete einen Schrank und nahm zwei Gläser heraus.
    »Nur ein Glas dann, Mrs. Jarman«, sagte Morse. »Ich weiß, es ist ein Jammer, aber Sergeant Lewis hier ist im Dienst, und Sie werden sicher verstehen, daß Polizeibeamte, während sie im Dienst sind, nicht trinken dürfen. Und wir wollen ihn doch nicht dazu verleiten, gegen das Gesetz zu verstoßen.«
    Der Sergeant murmelte etwas Unverständliches vor sich hin.
    Morse betrachtete behaglich das reichlich gefüllte Glas in seiner Hand, während Lewis ohne große Begeisterung in einer winzigen Tasse mit einer nicht eben einladend aussehenden tiefbraunen Flüssigkeit herumrührte.
    »Mrs. Jarman, ich möchte Ihnen noch ein oder zwei Fragen stellen zu dem, was Sie Sergeant Lewis eben berichtet haben. Ich hoffe, Sie sind noch nicht zu müde?«
    »Aber nein. Gar nicht.«
    »Könnten Sie mir beschreiben, in welcher Stimmung dieses andere Mädchen war? War sie ärgerlich? War sie ein bißchen nervös?«
    »Nein, nervös eigentlich nicht, das heißt, so genau kann ich das natürlich nicht sagen. Etwas nervös war sie vielleicht schon.«
    »Hatte sie möglicherweise Angst?«
    »Nein, Angst nicht. Sie war eher … wie soll ich sagen … aufgeregt. Ja genau. Ich hatte den Eindruck, sie war aufgeregt.«
    »Auch ungeduldig?«
    »Ja, aufgeregt und ungeduldig.«
    »Mrs. Jarman, ich möchte Sie jetzt bitten, sich die Minuten an der Bushaltestelle möglichst genau wieder ins Gedächtnis zu rufen. Schließen Sie, wenn Sie wollen, einfach die Augen, und versuchen Sie, alles noch einmal lebendig werden zu lassen. Sie haben Sergeant Lewis eben erzählt, daß dies andere Mädchen Sie gefragt hat, wann der nächste Bus käme. Aus dem, was sie danach gesagt hat, haben Sie entnommen, daß sie nach Woodstock wollte. War das alles, oder hat sie sonst noch irgendeine Bemerkung gemacht?«
    »Ich weiß es nicht. Wirklich. Ich kann mich einfach nicht mehr daran erinnern.«
    »Ganz ruhig, Mrs. Jarman. Sie sollen sich nicht zwingen. Entspannen Sie sich erst einmal, und dann versuchen Sie, sich die Begegnung mit den beiden Mädchen noch einmal in allen Einzelheiten vorzustellen. Und lassen Sie sich Zeit!«
    Mrs. Jarman schloß wieder die Augen. Morse beobachtete sie mit gespannter Aufmerksamkeit, doch sie blieb stumm. Er machte schließlich dem Schweigen ein Ende und fragte: »Was war mit dem Mädchen, das ermordet worden ist? Was hat sie gesagt? Wir wissen von Ihnen, daß sie vorschlug zu trampen.«
    »Ja. Sie sagte: ›Laß uns doch trampen, die Warterei hier können wir uns sparen.‹«
    »Das war alles?«
    »Ja, das heißt, dann hat sie zu der anderen noch gesagt, daß sie morgen früh mit ihr zusammen darüber lachen würde.«
    Morse lief eine Gänsehaut über den Rücken. Er saß absolut still. Mrs. Jarmans Erinnerungsvermögen war jedoch erschöpft.
    Morse begann wieder zu atmen.

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