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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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gar nicht zugetraut. »Man sollte nicht aus jeder Vergewaltigung gleich ein Drama machen. Dazu kann ich eine gute Geschichte erzählen. Vor ein paar Jahren hatten wir ein junges Mädchen bei uns am College … schnelle Auffassungsgabe, scharfer Verstand, fleißig, mit einem Wort – exzellente Studentin. Sie werden sich doch bestimmt noch an sie erinnern können, Peter? Sie war gerade dabei, ihr Abschlußexamen abzulegen und hatte acht Klausuren zu schreiben. Jede Klausur drei Stunden. Am Donnerstagmorgen – nein, es muß schon der Freitag gewesen sein, oder? Na, egal. Sie hatte jedenfalls ihre siebte Klausur hinter sich, und die achte und letzte sollte am Nachmittag über die Bühne gehen. Nun, sie geht also zwischendurch nach Hause – sie hatte in Headington ein möbliertes Zimmer –, um zu Mittag zu essen und sich auszuruhen, und wird auf dem Rückweg – wie es der dumme Zufall so will – vergewaltigt. Sie war natürlich zuerst ganz geschockt und ziemlich durcheinander. Trotzdem bestand sie darauf, ihre letzte Klausur, wie vorgesehen, zu schreiben, und ob Sie’s glauben oder nicht, Melhuish – die letzte Klausur war die beste von allen.«
    Melhuish brach in lautes Gelächter aus und schnappte sich die leeren Gläser.
    »Das hast du dir doch gerade eben erst aus den Fingern gesogen«, sagte Peter leise.
    »Ist aber eine gute Geschichte, oder?«
    Gaye mußte sich einige Minuten entfernen, um andere Gäste zu bedienen, und als sie wieder in Hörweite war, stellte sie fest, daß die Unterhaltung sich erneut um das ermordete Mädchen auf dem Hof drehte.
    »… erst hinterher vergewaltigt worden ist.«
    »Ich finde, wir sollten das Thema wechseln, Felix.«
    »Ekelhafter Gedanke, ich weiß. Aber über Christie haben wir uns damals schließlich auch alle lang und breit unterhalten. Das war ja vielleicht ein perverser Bursche.«
    »Denkt die Polizei denn wirklich, daß sie schon tot war, als sie …«
    »Tja. Eigentlich hätte ich das heute abend genauer erfahren sollen«, sagte Tompsett. »Sozusagen aus erster Hand. Ich kenne nämlich den Beamten, der den Fall untersucht. Chief Inspector Morse – kluger Kopf. Das College lädt ihn immer zu den Gästeabenden ein. Er wollte heute abend eigentlich kommen, aber er hat vorhin gerade angerufen und abgesagt. Hatte gestern einen kleinen Unfall zu Hause.« Tompsett lachte. »Er sagt, er sei von der Leiter gefallen. Das ist doch wirklich ungeheuer komisch. Da soll einer auf Mörderjagd gehen, und dann kann er nur noch humpeln.« Tompsett konnte sich gar nicht wieder beruhigen.
    Die Amerikaner hatten wohl irgendwann die Hoffnung aufgegeben und waren gegangen. Tompsett und seine beiden Begleiter waren jetzt die einzigen Gäste. Sie verließen ihre Plätze an der Theke und gingen zu einem der Tische an der Fensterseite neben dem Eingang.
    »Ich werde mal versuchen, in Erfahrung zu bringen, was sie uns hier zum Mittagessen anbieten können«, sagte Peter.
    Gaye hielt ihm die luxuriös in Leder eingebundene Speisekarte aufgeklappt entgegen, als zelebriere sie ein Ritual.
    Er überflog die Gerichte und schien von dem, was er da las, amüsiert. Er blickte Gaye an und stellte fest, daß sie ihn beobachtet hatte. »Soll ich mich für Fellow ’ s Freude entscheiden? Was meinen Sie?« fragte er sie mit Verschwörermiene.
    »Da kann ich Ihnen schlecht raten«, gab sie leise zurück.
    »Haben Sie heute nachmittag Zeit?«
    Sie überlegte einige Sekunden und nickte dann fast unmerklich.
    »Wann soll ich Sie abholen?«
    »Um drei?«
    »Wo?«
    »Ich werde draußen stehen.«
     
    Um vier Uhr waren sie beide in Peters Räumen im College und lagen nebeneinander in seinem breiten Bett. Er hatte einen Arm unter ihrem Nacken, seine rechte Hand spielte zärtlich mit ihren Brüsten.
    »Glaubst du, daß eine Frau vergewaltigt werden kann?« fragte er.
    Sie antwortete nicht gleich. Eins mit sich und der Welt und ganz gelöst, hätte sie immer so liegen mögen, zufrieden damit, die Augen absichtslos über die geschwungenen Linien der reichverzierten Stuckdecke wandern zu lassen. »Es ist jedenfalls bestimmt nicht einfach.«
    »Hm.«
    »Hast du schon mal eine Frau vergewaltigt?«
    »Bisher noch nicht, aber wer weiß, wozu ich mich noch hinreißen lasse, wenn du weiter so hier neben mir liegst.«
    »Ach, ich glaube, das schafftest du bei mir nicht, ich wäre viel zu entgegenkommend.«
    Er beugte sich über sie, um sie zu küssen, und sie drehte sich ihm zu.
    »Peter«, flüsterte sie, »versuch doch

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