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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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nicht umhin konnten …« und »Sie dürfen mir glauben, daß ich es bedaure, wenn ich Ihnen zu nahetreten muß«, brach dann aber jedesmal wieder ab, bis es ihm beim dritten oder vierten Anlauf schließlich gelang, seinem Hauptverdächtigen und dem jungen Mädchen, von dem er annahm, daß es ihn deckte, in vorsichtigem, fast entschuldigendem Ton die Frage zu stellen, ob sie vielleicht ein Verhältnis miteinander hätten.
    Jennifer verbiß sich nur mühsam das Lachen. Bernard lächelte etwas verlegen, fing sich aber rasch und sagte: »Diese Frage ist in gewisser Weise ja durchaus schmeichelhaft für mich, Inspector, und der Mann, dem Miss Coleby ihre Gunst schenkt, darf sich glücklich schätzen, nur – ich bin es nicht. Leider. Mehr kann ich dazu nicht sagen.«
    »Miss Coleby?«
    »Ich habe mit Mr. Crowther bisher nur ein einziges Mal gesprochen, und das war damals wegen der Spende für den Tierschutzverein. Wir treffen uns – wie ich schon sagte – manchmal im Bus, aber Mr. Crowther fährt lieber im Oberdeck, während ich meist unten sitze. Ich kann den Tabakqualm oben nicht ausstehen.«
    Morse, der gerade dabei war, sich seine dritte Zigarette anzuzünden, legte sie fast reflexartig wieder aus der Hand. Im nächsten Moment ärgerte er sich. Irgendwie schaffte sie es immer wieder, daß er sich in ihrer Gesellschaft wie ein rücksichtsloser Tölpel vorkam! Er wandte sich Crowther zu. »Sie wissen, daß es hier um den Mord an Sylvia Kaye geht, die Sie an dem fraglichen Abend zusammen mit einer Begleiterin in Ihrem Auto mitgenommen haben.« Morse bemerkte, daß Jennifer Crowther einen überraschten Blick zuwarf. »Ich frage Sie deshalb jetzt – und bitte Sie, sich die Antwort genau zu überlegen: War Miss Coleby diese Begleiterin?«
    »Nein, Inspector, ich kann Ihnen versichern, daß es sich bei dem zweiten Mädchen nicht um Miss Coleby gehandelt hat.« Die Antwort kam so prompt und bestimmt, daß Morse in neue Zweifel gestürzt wurde. Wenn nun seine ganze Theorie falsch war? – »Und Sie, Miss Coleby? Bestreiten Sie, daß Sie am Abend des 29. zusammen mit Ihrer Kollegin Sylvia Kaye hinter dem Kreisverkehr an der Woodstock Road in Mr. Crowthers Wagen gestiegen sind?«
    »Allerdings, und zwar ganz energisch.«
    Morse trank seinen letzten Schluck Kaffee aus.
    »Sollen wir Ihnen wieder etwas unterschreiben, Inspector?« Ihre Stimme troff nur so von Ironie.
    Morse schüttelte den Kopf. »Nein, nicht nötig. Ich möchte Sie allerdings doch noch darum bitten, Miss Coleby, mir die Adresse Ihrer Londoner Bekannten zu geben, bei denen Sie das letzte Wochenende verbracht haben.«
    Jennifer holte einen kleinen Notizblock aus ihrer Tasche, schrieb etwas auf, riß das Blatt ab und legte es auf den Schreibtisch. Nach einem Moment des Überlegens zog sie es noch einmal zu sich herüber und fügte eine Telefonnummer hinzu.
     
    »Sie lügen – alle beide«, sagte Morse, nachdem sie gegangen waren.
    Crowther hatte etwas in Oxford zu erledigen und Jennifer angeboten – ganz der Kavalier, dachte Morse –, daß sie mit ihm fahren könne. Der Inspector hätte viel darum gegeben zu erfahren, was sie jetzt sprachen. Lewis hatte sich bisher noch mit keinem Wort geäußert.
    »Sind Sie plötzlich stumm geworden, oder was?« fuhr Morse ihn unfreundlich an.
    »Nein, Sir.«
    »Ich sagte eben, die beiden sind Lügner. Und zwar von der ganz unverschämten Sorte. Ich habe selten ein so dreistes Gespann erlebt wie die zwei.« Lewis sagte noch immer nichts. Er glaubte, daß der Inspector in einem schrecklichen Irrtum befangen war. Im Laufe seiner langen Dienstzeit hatte er eine Menge Verdächtiger erlebt und zum Teil selbst vernommen. Nach allem, was er eben gesehen und gehört hatte, war er der festen Überzeugung, daß Crowther und Jennifer die Wahrheit gesagt hatten.
    Morse sah ihn scharf an. »Los, Sergeant. Spucken Sie es schon aus!«
    »Was meinen Sie, Sir?«
    »Was ich meine? Fragen Sie bloß nicht so. Sie wissen sehr gut, was ich meine, Sie denken, ich sei übergeschnappt, Sie denken, jetzt hätte ich völlig den Verstand verloren. Das stimmt doch, oder? Sie sind mit der größten Vertrauensseligkeit bereit, allen möglichen Leuten Glauben zu schenken – nur mir nicht! Kommen Sie schon. Ich will es aus Ihrem eigenen Mund hören!«
    Lewis war bestürzt. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte. Morse steigerte sich immer mehr in Wut. Mit verzerrtem Gesicht zischte er den Sergeant an: »Na los. Halten Sie sich nur nicht zurück!

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