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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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macht mir angst. Der Abstand zwischen uns wurde immer größer, und ich dachte schon, daß ich ihn verloren hätte, aber dann kam ein Abschnitt, der wegen Straßenbauarbeiten auf etwa zwei Kilometer Länge nur einspurig zu benutzen war. Ganz vorne war ein Traktor und zwang alle Autos hinter ihm, langsam zu fahren. Ich holte wieder auf und entdeckte sechs oder sieben Wagen vor mir Bernards Morris. Bei Bladon verließ der Traktor die Straße, und der Verkehr floß wieder zügiger. Es gelang mir jedoch, Bernard im Auge zu behalten. In Woodstock bog er nach links ab, und ich geriet auf einmal in Panik. Ich hatte mir vorher nicht überlegt, welche Absicht ich eigentlich verfolgte. Ich fuhr ebenfalls in eine Nebenstraße, hielt dort an und lief zu Fuß zurück, aber es war zwecklos. Er war verschwunden. Ich kehrte um. Mein Kursus hatte schon seit zwanzig Minuten begonnen, und ich entschuldigte mich, ich sei aufgehalten worden.
    In der Woche darauf, am 29., ging ich absichtlich eine Viertelstunde früher aus dem Haus. Diesmal fuhr ich gleich nach Woodstock. Ich parkte in der Straße, in die ich Bernard beim letztenmal hatte einbiegen sehen, löschte die Scheinwerfer und wartete. Als ich schon aufgeben wollte, weil ich dachte, er würde nicht mehr kommen, erkannte ich seinen Wagen. Bernard war nicht allein. Neben ihm auf dem Beifahrersitz saß eine Blondine. Sie fuhren nur wenige Meter vor mir auf den Hof des Black Prince . Ich blieb noch einen Augenblick sitzen, um mich etwas zu beruhigen, dann stieg ich aus. Mir zitterten die Knie, und ich fühlte mein Blut in den Schläfen pochen. Ich folgte ihnen – wie unter einem Zwang. Von der Einfahrt aus warf ich vorsichtig einen Blick in den Hof. Es standen ungefähr zehn Autos dort, doch ich konnte wegen der Dunkelheit nicht ausmachen, welches davon Bernards war, und mußte deshalb näher herangehen. Ich hielt mich links an der Mauer und bewegte mich im Schutz der abgestellten Wagen, bis ich etwa die Mitte des Hofes erreicht hatte. Dann plötzlich sah ich sie – auf meiner Seite, drei, vier Autos weiter, ganz hinten. Bernard hatte rückwärts eingeparkt. Sie saßen und unterhielten sich. Nach ein paar Minuten begannen sie sich zu umarmen und zu küssen. Dann stiegen sie beide aus und hinten wieder ein. Sie war noch ein ganz junges Ding … Ich konnte von dort, wo ich stand, nicht sehen, was vor sich ging. Ich war froh darüber.
    Ich kann nur schwer beschreiben, was ich in diesen Minuten fühlte. Jetzt im Rückblick erscheint mir, was ich dort sah, beinahe nicht mehr wichtig, fast läppisch. An dem Abend jedoch war ich außer mir. Es war weniger Eifersucht als Zorn – brennender Zorn, daß Bernard mir so etwas antun konnte. Nach ungefähr fünf Minuten stiegen beide auf derselben Seite aus und wechselten ein paar Worte miteinander. Ich war jedoch zu weit entfernt, um sie zu verstehen.
    Vor mir auf dem Boden lag ein schweres Montiereisen – fast wäre ich darüber gestolpert. Ich bückte mich danach und hob es auf. Ich bebte immer noch vor Wut, hatte aber gleichzeitig auch Angst. Bernard hatte sich wieder in den Wagen gesetzt. Er ließ den Motor an und schaltete die Scheinwerfer ein. Der Hof war für kurze Zeit ganz hell erleuchtet. Nachdem er weg war, schien es noch dunkler zu sein als vorher. Das Mädchen hatte sich nicht von der Stelle gerührt. Ich schlich mich an sie heran, ohne daß sie etwas bemerkte. Als ich unmittelbar hinter ihr war, hob ich, ohne nachzudenken, den Arm und versetzte ihr mit dem Montiereisen einen Schlag auf den Kopf. Es kostete mich keine Überwindung, es war auch keine große Anstrengung – alles geschah wie in einem Traum. Ich ließ sie liegen, so wie sie gefallen war. Ich spürte weder Reue, noch hatte ich Furcht, entdeckt zu werden – in mir war nur eine große Leere. Es war mir gleichgültig, wann oder von wem sie gefunden wurde.
    Bernard hat, seit der Mord bekannt wurde, gewußt, daß ich es war. Er fuhr auf dem Rückweg eine Zeitlang direkt hinter mir. Ich erkannte den Morris, als er mich überholte, und Bernard muß mich auch gesehen haben.
    Ich weiß, daß Sie mehrere Male mit ihm gesprochen haben. Vermutlich, weil Sie ihn verdächtigen, den Mord begangen zu haben. Aber Sie irren sich! Und wenn er Ihnen nicht die Wahrheit gesagt hat, dann nur, um mich zu schützen. Doch das ist nun nicht mehr nötig. Gehen Sie mit ihm dafür nicht zu scharf ins Gericht. Viele Männer würden handeln wie er. Alle Schuld liegt bei mir. Jetzt bin ich nur noch

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