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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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müde – schrecklich müde. Was ich getan habe, tut mir leid – aber das ändert nun nichts mehr. Ich mache hier Schluß. Es gibt nichts mehr zu sagen.
    Margaret Crowther
     
    Morse ließ das Blatt sinken. Es war sehr still im Zimmer. Lewis war von dem, was er gehört hatte, bewegt. Er dachte an seinen Besuch bei ihr und konnte sich vorstellen, wie sehr sie in den letzten Monaten gelitten haben mußte.
    »Sie haben so etwas Ähnliches schon erwartet, nicht wahr, Sir?«
    »Nein«, sagte Morse.
    »Dann war die Nachricht sicher ein Schock für Sie? So ganz aus heiterem Himmel!«
    »Ihr Stil ist miserabel«, bemerkte Morse und reichte Lewis den Brief. »Sie wirft mit Gedankenstrichen nur so um sich.«
    Als ob das nun wichtig wäre, dachte Lewis. »Immerhin schreibt sie sauber und fehlerlos.«
    »Finden Sie es nicht merkwürdig, daß sie am Ende des Briefes ihren Namen tippt, statt handschriftlich zu unterzeichnen?« Man brauchte Morse bloß etwas Geschriebenes in die Hand zu geben, und die Spekulationen begannen zu wuchern, und seine Phantasie ging mit ihm durch.
    Lewis fragte zur Sicherheit noch einmal nach: »Es besteht doch aber kein Anlaß, daran zu zweifeln, daß sie ihn selbst geschrieben hat, oder?«
    Morse legte sich rechtzeitig Zügel an. »Nein«, sagte er mürrisch, »dazu besteht kein Anlaß. An und für sich.«
    Lewis meinte, den Inspector verstehen zu können. Wenn ein Fall aufgeklärt war, folgte zuerst immer ein Gefühl von Ernüchterung. Dem einen oder anderen Punkt würden sie zwar noch nachgehen müssen, aber die Lösung lag da vor ihnen auf dem Tisch. Er hatte gern mit Morse zusammengearbeitet, trotz – oder vielleicht auch gerade wegen – dessen Temperamentsausbrüchen und Sprunghaftigkeit. Nun würden sich ihre Wege wohl bald wieder trennen … Das Telefon klingelte. Morse hob ab. Er sagte ein paarmal »Ja, ich verstehe«, dann legte er den Hörer auf.
    »Crowther ist ins Radcliffe-Krankenhaus eingeliefert worden. Ein leichter Herzinfarkt. Er darf die nächsten beiden Tage keinen Besuch empfangen.«
    »Vielleicht hätte er uns doch einiges zu sagen«, mutmaßte Lewis.
    »O ja, das hätte er, davon bin ich überzeugt«, sagte Morse. Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, faltete die Hände im Nacken und starrte abwesend auf die gegenüberliegende Wand. Lewis beschloß, ihn nicht zu stören, und verhielt sich ganz still. Nach einigen Minuten, als der Inspector sich überhaupt nicht rührte, fand er es an der Zeit, sich in Erinnerung zu bringen.
    »Möchten Sie einen Kaffee, Sir?« Morse hörte ihn nicht. »Ein Kaffee! Möchten Sie einen Kaffee, Sir?«
    Ganz langsam wandte Morse sich ihm zu und sah ihn mit einem Blick an, der von weither zu kommen schien. »Eins ist jetzt immerhin klar: Mrs. Crowther können wir von der Liste der Verdächtigen streichen.«

Kapitel 25 – Dienstag, 19. Oktober, nachmittags
     
    Es war gegen Mittag. Peter Newlove saß etwas verloren in seinem Zimmer. Sonst hatte um diese Zeit Bernard manchmal auf einen Gin hereingeschaut … Die Nachricht, daß Margaret Selbstmord begangen hatte und Bernard mit einem Herzinfarkt im Krankenhaus lag, hatte sich in Windeseile im College herumgesprochen. Peter war von dieser doppelten Hiobsbotschaft sicherlich am tiefsten betroffen. Er hatte Margaret gut gekannt und ihre ruhige Art gemocht, und mit Bernard war er von allen Kollegen am engsten befreundet gewesen, wenn auch diese Freundschaft, wie es so oft an Colleges vorkam, nur selten über die konventionell-herzliche Ebene hinausgelangt war. Bei seinem Anruf im Krankenhaus hatte man ihm erklärt, daß Bernard nicht vor Donnerstag Besuch empfangen dürfe, so hatte er Blumen geschickt. Bernard liebte Blumen, und jetzt, wo er keine Frau mehr hatte, die an so etwas dachte … Die Kinder waren zu einer Verwandten nach Hendon gebracht worden. Ob das in dieser Situation wirklich das beste für sie war? Peter hatte da seine Zweifel.
    Es klopfte. »Die Tür ist offen.«
    Daß Morse den ihm angebotenen Drink bereitwillig akzeptierte, machte ihn Newlove auf Anhieb sympathisch. Der Inspector kam ohne Umschweife zur Sache.
    »Auf der Maschine da?« Newlove sah verblüfft zu seiner kleinen Reiseschreibmaschine, die offen auf einem Tischchen vor dem Fenster stand.
    »Das ist eindeutig festgestellt worden.«
    Newlove zuckte die Achseln. Wenn der Inspector das sagte, mußte es wohl stimmen.
    »Ist Ihnen eine Miss Jennifer Coleby bekannt?«
    »Nein, tut mir leid.«
    »Sie arbeitet in der High Street

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