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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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zusätzliches Argument lieferte. »Und gerade eben dachte ich, Sie hielten sie für unschuldig, Sir.«
    »Ich weiß sogar, daß sie unschuldig ist«, sagte Morse sehr bestimmt. »Wenn Mrs. Crowther an dem Abend jemanden hätte umbringen wollen, dann Bernard und nicht Sylvia.«
    »Wieso sind Sie da so sicher, Sir? Meiner Erfahrung nach sind Frauen unberechenbar; und sie ist doch bestimmt wahnsinnig eifersüchtig gewesen, als sie mit ansehen mußte, wie das Mädchen ihren Mann …«
    »Davon, daß sie eifersüchtig gewesen wäre, ist in ihrem Brief an uns aber nicht die Rede. Sie beschreibt ihr Gefühl als brennenden Zorn . Können Sie sich erinnern?«
    Das konnte Lewis nun zwar nicht, hielt es aber im übrigen auch nur für eine Nuance. Dagegen schien ihm die Position des Inspectors nun wirklich sehr angreifbar. »Wenn Sie ihr Geständnis insgesamt für falsch halten, Sir, wieso nehmen Sie ihr dann die Einzelheiten ab?«
    Morse lächelte ihm anerkennend zu. »Mrs. Crowthers Geständnis ist ein gutes Beispiel für meine Behauptung von vorhin, daß uns die Beteiligten eine Mischung aus Lüge und Wahrheit erzählt haben. Unsere Aufgabe ist es jetzt, das eine vom anderen zu trennen.«
    »Und wie wollen wir das machen, Sir?«
    »Nun, indem wir versuchen, mit psychologischem Verständnis an die Sache heranzugehen. Und dann finde ich ihre Aussage, daß sie Zorn gefühlt habe, durchaus glaubhaft. Wenn sie etwas hätte erfinden müssen, hätte sie bestimmt auf das landläufige Klischee zurückgegriffen, dem zufolge man bei derartigen Gelegenheiten mit Eifersucht reagiert. Sie ist ja diesem Klischee selbst noch so verhaftet gewesen, daß sie es für nötig hielt, das Fehlen von Eifersucht ausdrücklich zu betonen. Wenn sie aber nicht eifersüchtig, sondern zornig war, dann hätte nicht Sylvia, sondern Bernard etwas von ihr zu befürchten gehabt.«
    Lewis machte ein skeptisches Gesicht. »Mit Psychologie läßt sich alles und jedes erklären, Sir.«
    »Es ist mir also nicht gelungen, Sie zu überzeugen?«
    »Nein, Sir.«
    »Ich kann es Ihnen nicht einmal übelnehmen, Lewis. So ganz überzeugt es mich ja selbst nicht. Aber zum Glück sind wir nicht allein auf meine psychologischen Fähigkeiten angewiesen. Halten wir uns doch noch einmal Mrs. Crowthers Aussage vor Augen. Sie schreibt, sie habe sich nach dem Betreten des Hofes links gehalten und sei entlang der Mauer im Schutz der abgestellten Wagen bis etwa zur Mitte gegangen. Von dort aus hat sie dann Bernards Morris gesehen, der auf derselben Seite in der äußersten Ecke geparkt war. Richtig so?« Lewis nickte.
    »Nun zum Tatwerkzeug. Fest steht, daß der Mörder ein Montiereisen benutzt hat. Mr. Westbrook, der Geschäftsführer des Black Prince, hat ausgesagt, er habe am Nachmittag des 29. vor dem Schuppen im Hof an seinem Sunbeam herumgebastelt und hinterher vergessen, das Montiereisen wieder einzupacken. Ich habe keinen Grund, die Richtigkeit seiner Aussage anzuzweifeln. Der Schuppen befindet sich aber, wie wir wissen, von der Einfahrt aus gesehen, in der rechten hinteren Ecke. Das heißt, das später als Mordwaffe dienende Montiereisen lag sechzehn, siebzehn Meter von der Stelle entfernt, wo Mrs. Crowther nach eigenem Bekunden gestanden hat. Es kann also keine Rede davon sein, daß sie sich quasi nur zu bücken brauchte, um es aufzuheben. Andererseits erwähnt sie mit keinem Wort, daß sie weiter nach vorn und zudem noch auf die rechte Seite des Hofes gegangen sei. Und es ist auch äußerst unwahrscheinlich, daß sie das getan hat; denn es heißt in ihrem Brief, daß sie nicht nur zornig und wütend war, sondern gleichzeitig auch Angst hatte, und das finde ich nun wieder absolut glaubhaft. Wer hätte an ihrer Stelle nicht Angst gehabt? Die Situation an sich, dazu noch die Dunkelheit, vor allem aber hatte sie Angst, gesehen zu werden. Und da soll sie ihren relativ sicheren Platz im Schatten der Mauer hinter den Autos aufgegeben und sich quer über den Hof in Richtung Schuppen bewegt haben? Wozu? Selbst, wenn sie sich mit Mordgedanken getragen hätte – daß dort am Nachmittag jemand ein Montiereisen vergessen hatte, konnte sie nicht wissen. Außerdem wäre sie dann nur noch höchstens sechs Meter von dem Wagen ihres Mannes entfernt gewesen und hätte womöglich doch genauer gesehen, was er und Sylvia Kaye auf dem Rücksitz trieben, was sie – wie sie schreibt – gerade nicht wollte. Nein, nein, das mit dem Montiereisen hat sie aus der Zeitung.«
    »Es könnte doch aber

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