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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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sein, daß irgendjemand es vor dem Schuppen entdeckt und auf die andere Seite getragen hat.«
    »So? Meinen Sie? Und wer soll das gewesen sein?«
    Morses ungnädiger Ton ließ es Lewis geraten erscheinen, nicht auf seinem Einwand zu beharren. Sowieso war ihm beklommen zumute. Daß Mrs. Crowthers Behauptung, das Montiereisen auf der linken Seite des Hofes gefunden zu haben, in Widerspruch stand zu den Einlassungen dieses Mr. Westbrook, war ihm überhaupt nicht aufgefallen. Ein schlimmes Versäumnis. Er hatte die Fakten eben einfach nicht gut genug parat. Und insgesamt? Hatte er Margaret Crowther vielleicht doch voreilig für schuldig befunden? Seine unter dem Eindruck ihres ausführlichen schriftlichen Geständnisses verdrängten Zweifel kehrten mit Macht zurück. Ihr Brief hatte ihn angerührt, aber auch sehr überrascht, weil eigentlich für ihn von Anfang an festgestanden hatte, daß dieses Verbrechen nur von einem Mann begangen worden sein konnte. Ein Blick auf die Tote hatte ihm genügt, und er war sicher gewesen, daß sie vergewaltigt worden war. Die zerfetzte Bluse war ein eindeutiger Hinweis. Später hatte der Bericht des Gerichtsmediziners über das Sperma in der Scheide und an ihren Oberschenkeln sowie über die leichten Blutergüsse an beiden Brüsten seine Annahme erhärtet. Das alles hatte ganz und gar nicht zu Margaret Crowthers Geständnis gepaßt. Aber er hatte es beiseite geschoben, denn andererseits waren da die vielen Details gewesen, ihre Schilderung, wie die beiden von vorn auf die Rücksitze umstiegen zum Beispiel. Und der Bericht der Spurensicherung hatte ihre Angaben indirekt bestätigt … Wie man das Ganze auch drehte und wendete – es blieben Fragen offen. So oder so. Er konnte sich keinen Reim darauf machen. Ein wenig zögernd wandte er sich an Morse und begann ihm seine Schwierigkeiten auseinanderzusetzen. Der hörte geduldig zu und nickte verständnisvoll, als er fertig war.
    »Vor genau dem Problem habe ich auch gestanden, Lewis. Ich habe mir anfangs ganz schön die Zähne daran ausgebissen.«
    »Und? Haben Sie es gelöst?«
    »Dieses Problem schon«, Morse seufzte. »Aber es bleiben noch genug andere dicke Brocken.« Er sah abgespannt aus, grau vor Müdigkeit, und seiner Stimme fehlte die Energie. »Ich habe übrigens heute morgen noch eine wichtige Information erhalten. Nachdem ich aus dem Radcliffe-Krankenhaus kam, bin ich bei Newlove vorbeigefahren. Er hat Crowther gestern nachmittag noch gesehen, und die beiden haben ein längeres Gespräch miteinander geführt. Crowther lag offenbar viel daran, sich mit jemandem über den Abend der Tat auszusprechen. Newlove hat mir nicht alles, was gesagt wurde, wortwörtlich wiedergegeben – Crowther hatte ihn gebeten, bestimmte Dinge für sich zu behalten, und daran fühlte er sich gebunden. Doch nach dem, was er glaubte, mir mitteilen zu dürfen, scheint es mir, als sei uns das, was Crowther ihm anvertraut hat, im wesentlichen schon bekannt – mit einer Ausnahme. Crowther hat gegenüber Newlove geäußert, er habe den Eindruck gehabt, als sei außer ihm und dem Mädchen noch jemand auf dem Hof gewesen.«
    »Na klar«, platzte Lewis heraus, »seine Frau. Das wissen wir doch aber längst.«
    »Nicht so hastig, Lewis. Versuchen wir doch erst einmal, uns das Ganze so genau wie möglich zu vergegenwärtigen. Crowther und Sylvia Kaye sitzen also auf dem Hof des Black Prince in seinem Morris. Auf den Vordersitzen. Nach ein paar Minuten verspüren sie den Wunsch, was immer sie auch tun, lieber auf den Rücksitzen fortzusetzen. Zu diesem Zweck müssen beide aus- und wieder einsteigen. Nun war ja links zur Mauer hin nicht allzuviel Platz, wahrscheinlich bot ohnehin die ganze Situation für Crowther nicht unbedingt einen Anlaß, seine guten Manieren unter Beweis zu stellen. Man darf also wohl annehmen, daß er darauf verzichtet hat, Sylvia Kaye aus dem Wagen zu helfen und ihr die hintere Tür zu öffnen. In dem Falle wäre er nach ihr in den Fond gestiegen, hätte also links gesessen. Ich halte es dagegen für viel wahrscheinlicher, daß jeder der beiden ohne große Fisimatenten auf seiner Seite aus- und auch wieder eingestiegen ist, das heißt, Crowther saß wie vorne auch, nämlich rechts. In den folgenden Minuten wird er sich intensiv mit Sylvia Kaye beschäftigt haben. Welche Haltung er dabei auch eingenommen haben mag, ich kann es mir nicht anders vorstellen, als daß er seiner Frau den Rücken zukehrte. Bekanntlich hat man hinten aber keine

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