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Der Letzte Bus Nach Woodstock

Der Letzte Bus Nach Woodstock

Titel: Der Letzte Bus Nach Woodstock Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Colin Dexter
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wichtig.«
    Was nun folgte, war ein minutenlanges, sehr engagiertes Privatissimum, in dem ihm genau auseinandergesetzt wurde, warum sie es ihrem Pflegepersonal nicht gestatten könne, im Krankenhaus persönliche Post beziehungsweise Anrufe entgegenzunehmen, und welche Voraussetzungen gegeben sein müßten, um eventuell, ausnahmsweise … Morse rutschte auf seinem Stuhl hin und her und trommelte mit den Fingern der linken Hand ungeduldig auf seinen Schreibtisch.
    »Sie machen sich ja keine Vorstellung, welche Unmenge von Briefen und Anrufen hier täglich eintrifft, und wenn ich da auch noch die persönliche Korrespondenz und Privatgespräche zulassen würde – also das wäre ein Ding der Unmöglichkeit. Ich habe diese Maßnahme höchst ungern getroffen, wie Sie sich vorstellen können, aber ich denke, daß mir angesichts dessen, was wir täglich zu bewältigen haben …«
    Morse ließ sie reden. Ihm war plötzlich ein Gedanke gekommen. Ein schlimmer Gedanke, der sich nicht wegschieben ließ. Fast wünschte er jetzt, sie würde mit der Aufzählung der vielen großen und kleinen Schwierigkeiten noch einmal von vorn anfangen. Doch sie war fertig. »Ich bin Ihnen sehr dankbar, Oberschwester, daß Sie sich die Zeit genommen haben … Das hatte ich mir nicht so klargemacht. Ich muß mich bei Ihnen entschuldigen.«
    »Oh, das ist nicht nötig. Es macht mir Freude, Außenstehende über unsere Arbeit ins Bild zu setzen. Aber nun zu Ihnen. Sie hatten doch da ein konkretes Anliegen …« Er wußte, daß sie ihm jetzt erlauben würde, Sue zu sprechen, wenn er das wünschte, aber die wenigen Minuten des Gesprächs jetzt hatten alles verändert. Auf einmal sah er mögliche Beziehungen zwischen Fakten, die vorher zusammenhanglos nebeneinandergestanden hatten. Er hängte abrupt ein – sehr zur Enttäuschung der Oberschwester, die sich ihm jetzt gern von ihrer milden Seite gezeigt hätte. Doch für Morse hatte ihr Entgegenkommen keine Bedeutung mehr. Ihn beschäftigten schon die nächsten Schritte, die zu tun er gezwungen war.
     
    Während Morse sein Gespräch mit ihrer Vorgesetzten beendete, nahm Sue in der Kantine ihr Mittagessen ein. Ihre Gedanken waren bei Morse. Warum nur war er ihr erst jetzt begegnet! Sie glaubte, daß er der Mann war, der ihrem Leben eine andere Richtung hätte geben können. Oder war es vielleicht noch gar nicht zu spät? Neben ihr am Tisch saß Dr. Eyres und versuchte immer wieder, unauffällig an sie heranzurutschen. Seine Nähe und die augenzwinkernden Anspielungen waren ihr unerträglich, und sie stand auf und ging, ohne den Nachtisch abzuwarten. Morse! Hätte sie ihn doch nur früher getroffen! Der Warteraum der Unfallambulanz war um diese Zeit leer, und sie setzte sich auf eine der harten Bänke, griff nach einer alten Nummer von Punch und begann geistesabwesend darin herumzublättern. Was sollte sie tun? Sie hatte ihn seit dem vergangenen Sonntagabend, als Jennifer sie vor der Haustür zusammen überrascht hatte, nicht mehr gesehen. Wie hatte sie jemals den Fehler begehen können, sich ihr anzuvertrauen. Ausgerechnet Jennifer! David fiel ihr ein. Er durfte nicht länger im unklaren bleiben. Sie mußte ihm schreiben. Es würde ihn sehr verletzen. Aber sie konnte doch nicht mit jemandem leben, mit ihm schlafen – vierzig, vielleicht fünfzig Jahre lang, ohne ihn zu lieben.
    Sie schaute auf, und da stand er an der Tür und sah sie unverwandt an, mit einem Blick, der traurig und verzweifelt war. Die Tränen schössen ihr in die Augen, und sie spürte eine unglaubliche Freude. Er kam auf sie zu und setzte sich neben sie. Er ließ seine Hand neben ihrer liegen – für sie bedurfte es keiner Berührung. Sie sprachen miteinander. Sie hätte nicht sagen können, worüber.
    »Ich muß jetzt gehen.« Sie lächelte ihn an. »Versuch, bald wiederzukommen, ja?« Es war halb zwei.
    Morse fühlte einen großen Schmerz. Er sah sie lange an, wie, um sich ihr Gesicht genau einzuprägen. Er liebte sie.
    »Sue?«
    »Ja?«
    »Hast du ein Foto von dir dabei?«
    Sie nickte und beugte sich über ihre Handtasche. »Hier. Ich finde es nicht besonders gut, aber ich habe kein anderes.«
    Morse betrachtete die Aufnahme. Sie hatte recht. In Wirklichkeit war sie viel hübscher, aber es war Sue, unzweifelhaft Sue, und das war das, was zählte. Er legte das Bild sorgsam in seine Brieftasche. Die ersten Patienten begannen sich einzufinden, Menschen mit geschienten Gliedmaßen, mit Kopfverbänden und bandagierten Gelenken; mit

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