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Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Titel: Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schneider
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was ihnen verdächtig vorkommen könnte. Sie können nicht wissen, dass ich mich im Bruchteil einer Sekunde aus ihrer Welt katapultieren kann. Ihre Wirklichkeit war die Realität von Sumer, die Gegenwart von Uruk, die Welt der Riesenmauer und der gewaltigen Tempel und Paläste.
    Rushhour
    So viel Geschäftigkeit auf den mit Ziegeln gepflasterten Straßen! Tamas beobachtete gepflegte, gut gekleidete schöne Frauen in Röcken aus edlen Stoffen und mit sorgfältig gelegtem Haarkranz. Er sah hochgewachsene Männer, die in Gruppen zusammenstanden und diskutierten. Sie alle wirkten selbstbewusst und stolz und schienen großen Wert auf ihr Aussehen zu legen.
    Zum ersten Mal in der Geschichte begegneten Tamas Menschen, die sich mit anderen Sachen beschäftigten als mit Jagen, Sammeln von essbaren Pflanzen, Feuer machen, Werkzeuge erfinden, Tiere hüten, Getreide von den Feldern schneiden und es ins Vorratshaus zu schaffen.
    Aber er war ja auch zum ersten Mal in einer Stadt. Die Passanten flanierten vor Läden, Geschäften und Werkstätten. In einem Viertel der Stadt fand er auf seinem Gang die Straße der Korbmacher, der Ziegelbrenner, der Steinschneider und Bildhauer. Das war alles leicht zu beobachten, denn die Leute übten ihr Handwerk auf der Straße aus. Dann kam er durch das Viertel der Metzger, der Bäcker, der Garküchen. Speisegaststätten der feineren Art priesen ihr Angebot auf bemalten Schildern an.
    Räder rasselten auf dem Pflaster, Träger schleppten Riesenkörbe mit Waren auf dem Rücken, Töpferscheiben drehten sich, Menschen riefen, lachten laut und oft, trotz der angeblichen Bedrohung, die auf die Stadt zukam. Allerdings gab es immer wieder Soldatentrupps, vor denen alle zur Seite sprangen, denn sie räumten Hindernisse mit ihren Lanzen rücksichtslos aus dem Weg. Das schien man hier gewöhnt zu sein, denn kaum waren die Soldaten in ihren Lederwesten fort, ging das muntere Treiben weiter.
    Je weiter er ins Innere der Stadt kam, desto prächtiger wurden die Gebäude. Und umso eleganter waren die Menschen gekleidet.
    Im Zentrum der erhöhten Innenstadt thronte der mächtige Tempel in einem abgesperrten Bezirk, der streng von Soldaten bewacht wurde. Den Reisenden aus der Zukunft trieb es durch das Straßengetümmel am Fuße des Tempelberges.

    Handel
    „Bei den Göttern, du wirst mich ruinieren!“, kreischte eine laute Stimme in der Markthalle, die Tamas durchwanderte. „Göttin Anu wird dich strafen, Harpa, du Halsabschneider!“
    Der Schreier war ein Kaufmann, ein reich aussehender dicker Mann mit einem hoch aufragenden, helmartigen Hut. Er stritt mit einem Händler um eine Ladung Datteln, Nüsse und Gerste, die in großen Tonkrügen auf einem vierrädrigen Karren vor ihnen stand. Auf einem zweiten Gefährt befanden sich verschiedenfarbige Stoffe sowie kupferne Kannen und Töpfe. Ein Schreiber saß neben den Kaufleuten an seinem Tisch. Vor sich hatte er Tontafeln und angespitzte Schilfrohrhalme.
    „Ihr Herren, soll ich den Vertrag aufsetzen?“, fragte er. Er begann damit, senkrechte und waagrechte Linien auf der noch nicht ganz hart gebrannten Tontafel zu ziehen. Währenddessen ging das Gezerre um den Preis der Waren weiter. Der eine Händler sprang auf und breitete ein buntes Tuch aus.
    „Jannu, du hast keine Ahnung, wie wertvoll dieser Stoff ist. Das Tuch wurde von weit jenseits des Meeres auf langen Wegen zu uns gebracht. Ich überlasse dir diese edlen Waren für deine mickrigen Datteln und die paar trockenen Nüsse. Du machst ein gutes Geschäft. Ich rate dir, dem Tausch zuzustimmen.“
    „Schreiber“, sagte der dicke Kaufmann mit dem Helm auf den Kopf, „so setze den Vertrag auf!“
    Der Schreiber drückte mit dem dreikantigen Ende der Schilfrohrfeder die Symbole für die Tonkrüge mit Früchten und Getreide in die Felder auf der linken Seite der Tafel. Auf der rechten Seite wurde die Zahl der eingetauschten Stoffe und kupfernen Gegenstände eingetragen. Unter die Liste der verhandelten Güter schrieb er die Namen der Kaufleute: Harpa und Jannu. Dann gab er ihnen die Feder und sie machten ihr Zeichen darunter.
    Die Kaufleute standen auf, schüttelten sich die Hände. Der Vertrag war gültig. Sie befahlen ihren Bediensteten, die Waren umzuladen.
    Bei dem Schreiber waren bereits wieder andere Kunden, die Verträge über Tauschhandel aufsetzen ließen. Einer wollte vier trächtige Mutterschafe verkaufen, ein anderer bot drei Handvoll Schmucksteine zum Tausch gegen eine Anzahl Fische und Hühner.

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