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Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Titel: Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schneider
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dürft den Baum nicht entwurzeln,
    der eure Welt trägt,
    der Himmel, Erde und Unterwelt zugleich ist.
    Doch wenn ihr gegen die Regeln verstoßet,
    welche euch seit Urzeiten gegeben,
    kommt das Chaos über euch
    und ihr seid dem Untergang geweiht.“
    Es schwirrt einem ja der Kopf bei so vielen Göttern, dachte Tamas, als er weiter durch die Stadt ging. Egal ob nur ein Gott oder viele: Alle wollten, dass die Menschen irgendwelche Gebote befolgen. Es ging immer um Belohnung und Bestrafung, um Rettung und Erlösung oder um das Ende der Welt, um Hölle und Verdammnis.
    Egal! Er war hier, um ein Mädchen zu finden. Überall hatte er nach ihr gesucht. Einer Frau war er sogar eine ganze Weile gefolgt, weil er gehofft hatte, sie wäre es. Von ihrer Größe und dem Gang her hätte es gepasst. Doch sie wies ihn, als hätte sie den Verfolger in ihrem Rücken geahnt, mit barscher Geste und Schimpfworten zurecht. Tamas hatte sich schleunigst in eine Gasse verdrückt.
    Spion
    Es war über seinem langen Gang durch Uruk inzwischen dunkel geworden. Ein von Wolken verhangener verschatteter Vollmond tauchte die totenstill daliegende Stadt spärlich in blasses Licht. Vereinzelte Öllampen brannten in den Eingängen mancher Häuser. Tamas suchte das Stadttor, um zur Schenke zurückzugelangen. Er hoffte auf Unterschlupf für diese Nacht.
    Vor ihm tauchte die schwarze Wand der Stadtmauer auf. Als er in die Richtung ging, wo er das Tor vermutete, wurde er plötzlich von mehreren Wachsoldaten gepackt und in eine Öffnung der Mauer gezerrt, die er zuvor nicht bemerkt hatte. Offensichtlich ein Eingang zum unterirdischen Verteidigungsgewölbe unter der Mauer. In dem Geschrei der Wachmänner verstand Tamas nur die Worte: „Fremder – Verräter – Spion!“
    „Das ist nicht wahr!“
    Man schleppte ihn einen Gang entlang und warf ihn in ein Verlies. Tamas schrie, so laut er konnte. „He, lasst mich raus! Hilfe!“
    Aus dem Dunkel des Verlieses hörte er eine Stimme: „Streng dich nicht an, mein Freund. Niemand kann dich hören.“
    „Wer ist da?“
    „Wer hier reinkommt, für den gibt es keinen Weg mehr nach draußen.“
    Jemand kam über den Felsboden herangeschlurft. Im spärlichen Fackellicht, das aus dem Kerkergang in die Zelle drang, erkannte Tamas den Mann aus der Schenke, der sich zu ihm an den Tisch gesetzt hatte.
    „Ich erkenne dich wieder.“
    „Ich kenne dich auch, Fremder, auch wenn du dein Aussehen verändert hast. Du bist nicht aus dieser Stadt.“
    „Nein.“
    „Du bist nicht aus dieser Zeit?“
    Tamas wollte widersprechen, doch am Blick des Mannes erkannte er, dass es nichts gebracht hätte.
    „Woher weißt du das?“
    „Ich erkenne die Dinge jenseits der Grenzen des menschlichen Verstandes. Ich weiß, dass es unendlich viele Welten gibt außer der, welche die Menschen als ihre und einzige ansehen.“
    „Bist du ein Seher? Bist du ein Spieler?“
    „Ein Spieler? Nein.“
    „Ein Schamane? Ein Zauberer? Kannst du uns hier rausholen?“
    Tamas musste an Sano denken, dessen Lehrling er vor so langer Zeit als Avatar Lakti war. Dort in der fernen Höhle des Nordens versteckte sich das Porträt einer Frau vor neugierigen Blicken.
    „Ich sehe mehr als andere Menschen, das ist wahr. Doch ein Zauberer bin ich nicht. Ich fürchte, man wird uns im Morgengrauen in den Fluss werfen und ertränken, wie man es mit Spionen zu tun pflegt.“
    „Lächerlich! Ich bin kein Spion.“
    „Du hast ein Gesetz verletzt. Das reicht in diesen Zeiten, um die härteste Strafe zu verhängen.“
    „Ich bin mir keiner Schuld bewusst.“
    „Nach Sonnenuntergang darf sich niemand ohne eine besondere Erlaubnis der Mauer nähern. Wenn du es dennoch tust, sieht man dich als feindlichen Spion an. Darauf steht der Tod. Habe ich dir nicht in der Schenke gesagt, dass man in diesen Zeiten sehr nervös ist in der Stadt und jeden Tag einen Angriff aus dem Norden erwartet?“
    „Von diesem Gesetz wusste ich nichts.“
    „Wir brauchen Gesetze, die unser Zusammenleben regeln. Du wirst es schon bemerkt haben. Manche sind streng und auch ungerecht, so wird es immer sein.“
    „Warum bist du hier?“
    „Ich habe gegen die Staatsmacht geschrieben. Das ist in den Augen der herrschenden Priesterverwaltung eines der schwersten Verbrechen.“
    „Geschrieben? Was denn? Ich dachte, die schreiben hier nur irgendwelche Zahlen, Rechnungen oder Verträge auf Ton oder Wachs.“
    „Du erinnerst dich an die Verse, welche die Sänger in der Schenke sangen?“
    „Sie

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