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Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation

Titel: Der letzte Code - ein Roman über die Geschichte der Zivilisation Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerd Schneider
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zu Gast.“
    „Bist du Schauspieler?“
    „Nein, aber ich schlüpfe auch in andere Rollen.“
    „Bist du Dichter, Schriftsteller?“
    „Nein, eher ein Spieler.“
    „Nun, auf jeden Fall scheinst du ein Mann der Fantasie zu sein. Du bist jung, wir brauchen solche wie dich, die mit uns arbeiten wollen.“
    „Ich sagte schon, ich bin keiner vom Theater.“
    „Das ist nur gut. Du hast einen frischen Blick. Komme morgen zur Mittagsstunde, wenn unsere Truppe aus vielen Bewerbern brauchbare Darsteller aussuchen wird. Willst du?“
    „Ja, habt vielen Dank, Master Shakespeare.“
    Casting
    „Ich heiße euch willkommen, ihr mutigen jungen Männer“, begrüßte sie Master Will am Mittag des nächsten Tages. „Ihr gedenkt also, das harte Brot der Schauspielerei dem Handwerk, der Zuhälterei, dem Leben als Fuhrmann, Zimmermann, Fassmacher oder was auch immer sonst vorzuziehen. Ihr wisst, dass wir nicht auf talentierte Schauspielerinnen zurückgreifen können. Die Gesetze dieses Landes erlauben keine Frauen auf der Bühne. Man setzt sie gleich mit den Prostituierten. Die Kulturwächter des Bürgermeisters achten in jeder Vorstellung streng auf die Moral unserer Arbeit.
    Nun denn, genug der Vorrede, wir müssen prüfen, wer von euch geeignet ist für den Schauspielerberuf und wer von euch sich auch eignen könnte für die Darstellung von Frauen.“
    „Von Frauen?“, riefen einige in der Schar der Anwärter und lachten.
    „Ihr seid freiwillig da“, sagte Kempe, der Star-Komödiant der Lord Chamberlain‘s Men. „Wer gehen will, kann es tun.“
    Niemand ging.
    „Du“, rief Shakespeare und zeigte auf einen jungen Mann ganz vorne an der Rampe, „komm herauf.“
    Der ließ sich nicht zweimal bitten und sprang die Treppe hinauf.
    „Sprich mir die folgenden Verse nach:
    Gib Gott, dass Eure Stimme nicht wie ein gebrochenes Goldstück ihren Wohlklang verloren hat!“
    Ratlos blickte der Schüler Master Will an.
    „Sprich diesen Satz nach, den ich dir vorgegeben habe. Gib Gott ... und so weiter.“
    „Was soll das für ein Blödsinn sein?“, flüsterte einer neben Tamas. Weiß der Himmel, was der erwartet hatte.
    „Kenn ich. Das ist aus dem Stück Hamlet, das sie in dieser Woche am Nachmittag geben.“
    „Gib Gott, dass Eure Stimme nicht wie ein Goldstück ihren Wohlklang verloren hat!“ , deklamierte der Schüler laut brüllend und mit übertriebenen dramatischen Gesten.
    „Nimm den Mund nicht so voll, mein Freund. Schrei nicht so, denn sonst könnte ich meine Zeilen auch vom Stadtausrufer verkünden lassen! Aber deine Stimme ist ohnehin viel zu tief. Du kannst keine Frauenrolle spielen.“
    Die anderen lachten.
    „Ihr seid nicht ganz normal im Kopf!“, schimpfte der Abgelehnte, als er die Bühne verließ. „Ich will mich auch gar nicht zum Affen machen!“
    Das Casting setzte sich fort. Einige konnten gleich wieder gehen, andere durften bleiben, um die Prüfung fortzusetzen. Dann war Tamas dran.
    „Ach, unser Besucher aus einer anderen Welt“, sagte Shakespeare lächelnd. „Sprich mir nach:
    Nein, meiner Treu, lasst mich kein Weib spielen! Ich krieg doch schon einen Bart! “
    Was soll das?, fragte sich Tamas. Ich dachte, ich soll eine Frau spielen. Die machen sich einen Spaß mit mir. Sein Blick glitt kurz hinunter in den Zuschauerraum, wo sich eine Menge Leute versammelt hatte.
    „Nein, meiner Treu, lasst mich kein Weib spielen! Ich krieg doch schon einen Bart!“, sprach er dann doch. Dabei gab er seiner Stimme eine höhere Tonlage, konnte aber ein Lachen kaum unterdrücken.
    „Kempe, was sagst du?“, fragte Master Will seinen Schauspieler-Kollegen.
    „Bravo!“, rief Kempe. „Der Junge hat Talent. Ruhig und voller Ausdruck in der rechten Stimmlage gesprochen. Und nicht ohne Komik. Das brauchen wir. Was kannst du noch?“
    „Ich weiß nicht.“
    „Bei uns wird viel musiziert, gesungen und getanzt. Am königlichen Hof ebenso wie in den Bauernkaten, den Hurenhäusern und in den Theatern. Die Leute erwarten Musik, um für das, was sie sehen, in die rechte Stimmung zu kommen. Atmosphäre brauchen wir, die Lautenserenade für die Liebe, Schalmei für die Magie, Trompeten und Trommeln für die Schlacht. So und so!“
    Kempe hatte sich ein Tamburin gegriffen, das mit anderen Instrumenten auf einem Tisch lag. Er hob die Arme, tanzte, improvisierte eine einfache Melodie und einen Text dazu.
    „Das Globe ist DAS Theater der Welt,
    das wahre Leben, Folk.
    Das richtige Leben,
    ihr Gauner und ihr

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