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Der letzte Coyote

Der letzte Coyote

Titel: Der letzte Coyote Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Connelly
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Kontakt mit Arno Conklin?«
    »Nein, ich habe mit ihm seit – ich weiß nicht – zwanzig Jahren nicht mehr gesprochen.«
    »Ich will, daß Sie ihn jetzt anrufen und …«
    »Ich weiß nicht einmal, wo er lebt.«
    »Aber ich. Rufen Sie ihn an und sagen Sie ihm, daß Sie ihn heute abend sehen wollen. Es müsse noch heute abend sein. Es gehe um Johnny Fox und Marjorie Lowe. Aber er solle niemandem sagen, daß Sie kämen.«
    »Das kann ich nicht tun.«
    »Und wie Sie das können. Wo ist das Telefon? Ich helfe Ihnen.«
    »Nein, ich meine, ich werde ihn heute abend nicht besuchen. Sie können mich nicht zwingen …«
    »Sie brauchen nicht zu ihm zu gehen, Monte. Ich werde Sie vertreten. Also, wo ist das Telefon?«

39
    B osch parkte seinen Mustang vor dem Pflegeheim auf einem Parkplatz für Besucher und stieg aus. Das Gebäude war dunkel, nur ein paar Fenster in den oberen Stockwerken waren beleuchtet. Er schaute auf die Uhr. Es war zehn vor zehn.
    Er hatte einen Kloß im Hals, als er auf die Glastür der Eingangshalle zuschritt. Tief in seinem Innern hatte er beim Lesen der Mordakte gewußt, daß er Conklin im Visier hatte und daß es zu dieser Begegnung kommen würde. Er würde in ein paar Minuten dem Mann gegenüberstehen, von dem er glaubte, daß er seine Mutter getötet und dann seine Position und seine Helfer dazu benutzt hatte, seiner Strafe zu entgehen. Conklin stand für all das, was er in seinem Leben hatte entbehren müssen. Macht, ein Zuhause, Glück und Zufriedenheit. Es spielte keine Rolle, daß ihm so viele Leute im Laufe der Ermittlungen versichert hatten, was für ein guter Mensch er sei. Bosch kannte das Geheimnis hinter der Fassade. Seine Wut wuchs mit jedem Schritt.
    Drinnen saß ein uniformierter Wachmann hinter einem Schreibtisch und löste ein Kreuzworträtsel, das er aus dem Times Sunday Magazine herausgerissen hatte. Vielleicht arbeitete er schon seit Sonntag daran. Er schaute Bosch an, als hätte er ihn erwartet.
    »Monte Kim«, sagte Bosch. »Einer Ihrer Mieter erwartet mich. Arno Conklin.«
    »Ja, er hat angerufen.« Der Wachmann schaute auf dem Klappbrett nach und schob es dann über den Tisch. Er gab Bosch einen Stift. »Schon lange her, daß er Besuch hatte. Unterschreiben Sie bitte hier. Er wohnt in 907.«
    Bosch unterschrieb und legte den Stift auf das Klappbrett.
    »Es ist schon spät«, sagte der Wachmann. »Normalerweise ist die Besuchszeit um neun vorbei.«
    »Was soll das heißen? Wollen Sie, daß ich gehe? Okay.« Er hielt seine Aktentasche hoch. »Mr. Conklin kann dann mit seinem Rollstuhl morgen zu meinem Büro kommen und dieses Material abholen. Ich bin derjenige, der extra für ihn hergefahren ist. Ob Sie mich rauflassen oder nicht, mir ist das egal. Aber ihm nicht.«
    »He, he, immer mit der Ruhe, Kollege. Ich hab’ nur gesagt, daß es spät ist. Sie haben mich nicht ausreden lassen. Ich lasse Sie rauf. Kein Problem. Mr. Conklin hat darum gebeten, und das ist hier schließlich kein Gefängnis. Ich wollte nur erwähnen, daß alle anderen Besucher schon gegangen sind. Okay? Die meisten Bewohner schlafen. Also seien Sie nicht so laut. Mehr verlange ich nicht. Kein Grund, an die Decke zu gehen.«
    »907, sagten Sie?«
    »Richtig. Ich rufe ihn an und sage, daß Sie kommen.«
    »Danke.«
    Bosch ging an ihm vorbei zu den Fahrstühlen und hatte den Wachmann im nächsten Moment schon wieder vergessen. Nur noch eine Sache, eine Person erfüllte jetzt sein Bewußtsein.
    Der Aufzug bewegte sich so langsam wie die Bewohner des Pflegeheims. Als er im achten Stock ausstieg, kam er an einem Schwesternzimmer vorbei, das jedoch leer war. Wahrscheinlich kümmerte die Schwester sich gerade um einen der Patienten. Bosch ging zuerst in die falsche Richtung, erkannte seinen Fehler und kehrte um. Anstrich und Linoleum des Korridors waren neu, aber selbst in diesem Luxusheim konnte man anscheinend den Geruch von Urin und Desinfizierungsmittel nicht vollständig beseitigen. Man spürte förmlich, wie die Menschen hinter den verschlossenen Türen mit ihrem Leben abgeschlossen hatten. Er erreichte Zimmer 907 und klopfte einmal. Eine schwache Stimme bat ihn einzutreten. Es war mehr ein Wimmern als ein Flüstern.
    Bosch war nicht vorbereitet auf das, was er sah, als er die Tür öffnete. Eine einzige Lampe, eine Leselampe, brannte neben dem Bett. Der übrige Raum lag im Dunkeln. Ein alter Mann saß im Bett. Er hatte drei Kissen im Rücken und hielt in seinen zerbrechlichen Händen ein Buch. Auf seiner

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