Der letzte Coyote
war. Das sei dann das Ende meiner Karriere.«
»Also beschützten Sie ihn.«
»Ich hab’ die Sache Gordon übergeben. Er überprüfte Fox’ Alibi. Ich weiß nicht mehr die Einzelheiten, aber es wurde bestätigt. Er hatte Karten gespielt oder etwas Ähnliches. Es gab viele Zeugen dafür. Da ich sicher war, daß Fox nichts damit zu tun hatte, rief ich die zuständigen Detectives an und arrangierte eine Vernehmung. Um Fox – und mich – zu schützen, erfanden Gordon und ich eine Geschichte. Wir erzählten, Fox sei Zeuge in einem wichtigen Fall. Unser Plan funktionierte. Die Detectives konzentrierten sich auf andere Spuren. Danach sprach ich mit einem der Ermittler, und er sagte mir, daß Marjorie wahrscheinlich einem Sexualverbrechen zum Opfer gefallen sei. So etwas passierte damals noch nicht so häufig. Ich fürchte, ich habe nie … Gordon verdächtigt. So etwas Fürchterliches einem unschuldigen Menschen anzutun! Die Fakten starrten mir ins Gesicht, aber ich kam nicht drauf. Ich war ein Narr, eine Marionette.«
»Sie behaupten, weder Sie noch Fox hätten es getan, sondern Mittel hätte meine Mutter als Bedrohung für Ihre politische Karriere aus dem Weg geräumt? Und er hätte es Ihnen nicht gesagt? Es war allein seine Idee, und er hat sie ausgeführt?«
»Ja, das meine ich. An dem Abend, als ich ihn anrief, sagte ich ihm, daß sie mir mehr bedeute als all die Pläne, die er und ich hätten. Er erklärte, das würde das Ende meiner Karriere bedeuten, und ich akzeptierte es. Ich akzeptierte es, solange ich mit ihr ein neues Leben beginnen konnte. Ich verspürte nie in meinem Leben ein solches Gefühl des inneren Friedens wie in jenen Minuten. Ich war verliebt und ich stand zu ihr.«
Er schlug mit der Faust schwach auf die Decke – ein Zeichen seiner Ohnmacht.
»Ich sagte Mittel, es sei mir egal, ob meine Karriere Schaden erleiden würde. Wir würden wegziehen. La Jolla, San Diego, ich nannte ein paar Städte. Ich wußte nicht, wohin wir gehen würden, aber ich provozierte ihn. Ich war wütend, weil er sich nicht mit uns freute. Jetzt weiß ich, daß ich damit den Mord an Ihrer Mutter herausforderte.«
Bosch betrachtete ihn lange. Seine Qual schien echt zu sein. Conklins Augenhöhlen waren Ruinen, die von Alpträumen und Gespenstern heimgesucht wurden. Schwarz und leer.
»Hat Mittel es je zugegeben?«
»Nein, aber ich wußte es. Vielleicht nur im Unterbewußtsein. Aber Jahre später sagte er etwas, wodurch es mir vollends bewußt wurde. Es bestätigte meinen Verdacht, und das war das Ende unserer Beziehung.«
»Was sagte er, und wann?«
»Einige Jahre später. Zu der Zeit bereitete ich mich auf den Wahlkampf für das Amt des Generalstaatsanwalts vor. Halten Sie so eine Heuchelei für möglich? Ich, der Lügner, Feigling, Mitverschwörer sollte für das Amt des obersten Anklägers in Kalifornien aufgebaut werden. Eines Tages kam Mittel zu mir und sagte mir ganz unverblümt, daß ich mir vor dem Wahljahr eine Ehefrau nehmen sollte. Es gebe Gerüchte, die mich Stimmen kosten könnten. Ich sagte ihm, das sei absurd, ich würde nicht heiraten, um irgendwelche Spießer in Palmdale zu beschwichtigen. Als er mein Büro verließ, machte er dann eine schnodderige Bemerkung.«
Er brach ab, um nach dem Glas zu greifen. Bosch half ihm, und Conklin trank langsam. Sein Körper strömte Arzneigeruch aus. Es roch fürchterlich. Es erinnerte Bosch an die Toten in der Leichenhalle. Als Conklin getrunken hatte, nahm Bosch das Glas und stellte es weg.
» Was sagte er?«
»Beim Rausgehen sagte er – und ich erinnere mich wörtlich daran –: ›Manchmal wünsche ich, ich hätte dich nicht vor dem Skandal wegen dieser Hure bewahrt. Vielleicht hätten wir dann jetzt nicht das Problem. Die Leute wüßten, daß du keine Tunte bist.‹«
Bosch starrte ihn einen Moment an.
»Vielleicht war es nur so dahergesagt. Vielleicht meinte er, er hätte Sie vor dem Skandal bewahrt, indem er die Angelegenheit vertuschte. Das beweist nicht, daß er sie umbrachte oder umbringen ließ. Sie waren Staatsanwalt, Sie wissen, daß das nicht ausreicht. Es ist kein direkter Beweis. Haben Sie ihn je direkt mit Ihrem Verdacht konfrontiert?«
»Nein. Nie. Ich hatte zuviel Angst vor ihm. Gordon war ein mächtiger Mann geworden – mächtiger als ich. Also sagte ich nichts. Ich blies den Wahlkampf einfach ab und nahm meinen Hut. Ich schied aus dem öffentlichen Leben und habe seitdem nicht mehr mit Gordon Mittel gesprochen. Seit über
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